Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
in Bewegung und stäubte auf. Durch das Portal entfloh der Rest der Larvae. Ein Strom aus aneinanderreibenden Flügeln.
„Ja“, rief Aurora hinab. „Gut gemacht!“
Der Kiefer schnappte ein letztes Mal ins Leere. Dann sah das Wolfsungeheuer nach oben und fing ihren Blick ein. Die Schnauze wies direkt auf sie und heraus kam ein Heulen aus Triumph und schmerzhafter Verzweiflung. Aurora schossen Tränen in die Augen. Ruben hatte sie gerettet, wieder einmal. Warum dieses entsetzliche Jaulen, das sie niederdrückte? Mica blieb mit der Wand verschmolzen, die wenigen verbliebenen Wölfe kauerten zu seinen Füßen und schlangen die Arme um die Köpfe. Ruben weinte! Er weinte, und niemand reagierte auf seinen Schmerz. Sie beugte sich vor. Der Kronleuchter schwankte.
„Du hast gesiegt, mein Liebling. Sie vertrieben und gesiegt!“
Das Heulen erstickte. Augen ohne Iris oder Pupille hafteten an ihr. Sie sah tief hinein. Das war Ruben, ihr Ruben. Gleichgültig, in welcher Gestalt, sie wollte zu ihm.
„Holt mich hier runter.“
Mica und die Wölfe rührten sich nicht. Solange die Bestie so dicht vor ihnen war, stellten sie sich lieber tot. Waren sie denn alle blind? Ruben wollte ihnen kein Leid zufügen, sonst hätte er sich längst auf sie gestürzt. Er senkte die Schnauze und schnaubte in die Asche.
„Ich bin gleich bei dir, mein Geliebter!“
Ein heiseres, wildes Bellen brach aus ihm heraus und er sprang mit einem Satz aus dem Portal. Lang und elegant. Ein viel zu groß geratener Werwolf aus alten Legenden.
„Hexendreck!“, schrie sie schrill. „Haltet ihn! Lasst ihn nicht davonlaufen!“
Jetzt kam Bewegung in das kleine Grüppchen an der Wand. Viel zu spät, um Ruben aufzuhalten. Er war fort. Aurora fluchte auf ihre Köpfe hinab, schleuderte ihnen jedes ihr bekannte Schimpfwort zu und saß dabei im Kronleuchter fest. Nach und nach kehrten die Wölfe zurück und betrachteten die Verheerung.
„Wie lange wollt ihr mich noch hier oben sitzen lassen? Krötenspucke und Hexendreck!“
Mica legte den Kopf in den Nacken. Angesichts seiner süffisanten Miene würde er ihr gewiss eine niederschmetternde Antwort an den Kopf werfen. Er war der Großmeister der Vampire, und wenn sie sich in seinen Fähigkeiten verschätzte – oder auch im Grad seiner Bosheit – würde das ganz übel enden.
Sie sprang. Mica reagierte prompt. Kraftvoll stieß er sich nach oben ab, fing sie im freien Fall auf und sackte mit ihr in die Tiefe. So hart, wie seine Landung war, denn sein Knie krachte in eine Bodenplatte, so weich war die ihre. Wohlbehalten war sie am Boden und hob ihre Hexenstimme.
„Wölfe! Teilt euch in Gruppen und sucht ihn. Ihr müsst ihn finden, schnellstmöglich. Er ist ganz allein und verwirrt. Ihr müsst ihn zurückbringen, ehe ihm etwas zustößt!“
„Zustößt?“, donnerte Mica und erhob sich aus der Asche. „War dort oben die Luft für dich zu dünn? Frage dich lieber, was denjenigen zustößt, die ihm über den Weg laufen. Er ist zur Bestie geworden und wird jeden anfallen und fressen, der ihm vor die Schnauze gerät.“
„Es ist Ruben, von dem du sprichst! Also macht euch auf den Weg!“
Die Wölfe murmelten, wenig erpicht darauf, eine Bestie zu suchen. Pico sorgte für Ruhe.
„Aurora, wir können ihn nicht zurückholen. Garou ist nicht unser Leitwolf und wird uns nicht erkennen und uns folgen.“ Fest kratzte er über seine Kopfhaut. „Noch nie hat eine Bestie in Rom gewütet. Die roten Wölfe konnten es immer vermeiden. Und nun das. Was wird Tizzio dazu sagen? Was machen wir bloß?“
„Abwarten, bis es hell wird.“
Alle nickten zu Micas Vorschlag.
„Dann gehe ich ohne euch auf die Suche. Ich überlasse ihn nicht sich selbst.“
Den Wölfen drohten die Augen aus dem Kopf zu quellen. Sie glotzten Aurora an, in heller Panik. Mica packte ihre Schultern und drehte sie zur Treppe um.
„Du bleibst hier“, befahl er. „Draußen sind noch immer Larvae, und du hast keine Ahnung. Ruben ist nicht er selbst. Er tötet jeden, und nichts garantiert dir, dass du die rühmliche Ausnahme bist.“ Mica wandte sich von ihr ab, fasste die Wölfe ins Auge und erteilte in aller Selbstverständlichkeit einen Befehl. „Sperrt sie in das Zimmer, aus dem er entkommen ist, damit sie keinen Unfug treibt.“
Laut begehrte sie auf. „Ich bin eine Strega! Ich lasse mich nicht herumkommandieren!“
„Aurora.“ Pico machte eine Geste der Beschwichtigung, als wollte er ihr Haar berühren. „Püppchen, das ist
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