Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
rückte ihren Hut zurecht. Geknickte Federn baumelten vor ihrem Gesicht. Ohne ihr Eingreifen wäre es nicht so glimpflich abgelaufen. Sie wischte die Federn beiseite und ignorierte sein dankbares Nicken.
„Eine Strega kann wirklich viel vertragen“, sagte Berenike zu Aurora und lächelte anerkennend.
„Mein Bruder Gilian würde es tough nennen“, sagte Ruben.
„Ach, du hast noch einen Bruder außer dem Kerl in Paris?“ Berenike grinste.
Ruben erwiderte ihr Lächeln. „Wir sind drei. Gilian, Cassian und ich. Gilians Revier ist London. Er nennt sich Lord Garron. Hat den Namen etwas umgewandelt, um …“
Er klappte den Mund zu. Sie plapperten über Nichtigkeiten, um den ausgestandenen Schreck zu verarbeiten, lächelten sich an, weil sie erleichtert waren, dass Aurora den Sturz unverletzt überstanden hatte. Sie richtete sich auf und er hinderte die Lamia nicht darin, den Arm stützend in ihren Rücken zu legen. Aurora verarbeitete ihren Schreck auf eigene Weise.
„Krötenspucke! So viele Purzelbäume habe ich mein Lebtag nicht geschlagen. Ich dachte, es würde niemals aufhören.“
„Schnappt ihn euch“, bellte Tizzio dazwischen.
Nachdem kein Schaden entstanden war, erinnerte er sich wieder an seine Absicht. Ohne Zögern folgten die Männer seinem Befehl und nahmen die Treppe. Ihr Gehorsam hätte Tizzio überzeugen müssen, dass sein Rudel nicht übergewechselt war und ihm die Treue hielt.
„Es geht dir ans Leder“, spottete Berenike.
„Sieht so aus“, gab Ruben wenig beunruhigt zurück. Er war auf alles gefasst und würde sich nicht wehren. Tizzios angekratzte Ehre musste wiederhergestellt werden.
„Moment!“
Aurora schob Berenike beiseite und kämpfte sich auf die Füße. Die Männer wurden langsamer, warteten auf einen weiteren Befehl von Tizzio. Dieser kam mit wehendem Mantel zu ihnen herab. Das Kinn vorgereckt, wurde er von Aurora erwartet. Ehe er etwas sagen konnte, ergriff sie das Wort.
„Tizzio di Mannero, ich fälle kein Urteil über dich oder gar darüber, ob deine Sippe an meiner Familie gefehlt hat. Doch solltest du Hand an meine Ergänzung legen, dann werde ich nichts mehr wissen über unseren vor langer Zeit entstandenen Bund. Mein Zorn wird dich treffen, und da du meinen Vater kanntest, weißt du, welche Folgen der Zorn einer Strega haben kann.“
„Provozier ihn nicht“, ermahnte Ruben sie leise. „Du verstehst es nicht. Seine Ehre verlangt von ihm …“
Aurora schlug zu und legte einen gewaltigen Schub Magie in ihren Arm. Ihr Handrücken traf Tizzio im Gesicht und schleuderte seinen Kopf zur Seite. Der rote Wolf schwankte kurz. Seine Männer rissen die Augen auf, Ruben versteinerte. Er würde mit Tizzio kämpfen müssen, behindert von einem kaum verheilten Knochenbruch. Angst um das Leben seiner Gefährtin führte ihn dicht an die Verwandlung. Er musste schneller sein als alle anderen. Er fixierte Tizzios Kehle, sein erstes Ziel. Dabei hoffte er, Berenike würde in die Bresche springen und Aurora in Sicherheit bringen, falls er gegen die Übermacht unterlag. Keine seiner Befürchtungen trat ein. Tizzio stand einfach nur da, ein dunkles Feuer in den Augen.
„Wie kannst du …?“, hob er an.
„Du hast eine Strega aus einer der ältesten Hexengilden eine Treppe hinabgestoßen. Ob beabsichtigt oder nicht, du kannst froh sein, dass ich mich mit einer Ohrfeige begnüge. Andere hätten dafür deinen Palazzo in Schutt und Asche gelegt.“
Das war das Ende. Ruben wappnete sich. Sein Instinkt verriet ihm, dass auch Berenike ihre Kräfte bündelte, um einzugreifen. Gleichzeitig wurde ihm bewusst, wer neben ihm stand. Eine Hexe, die zum Oberhaupt bestimmt gewesen wäre, eine Strega, deren Wurzeln ebenso weit in die Vergangenheit reichten wie die der Wolfssippen. Sie war in ihrem Stolz verletzt worden. Aus ihrer Hand auf seinem Arm wanderten Eiskristalle über seine Haut.
„Ich bin kein Feigling“, presste Tizzio hervor.
„Das habe ich nicht behauptet. Du handelst nach deinen Möglichkeiten. Ich habe die Bestie gesehen und trage dir und deiner Sippe nichts nach.“
Tizzio musterte Aurora. Seine Nasenflügel blähten sich. „Du bist über und über mit seiner Marke überzogen.“
„Lag das etwa nicht in deiner Absicht? Ich bin deinem Willen gefolgt, du warst es, der mir einen Alphawolf zugeführt hat, du hast uns zusammengegeben.“
Ein Kampf auf Leben und Tod war abgewendet. Ruben blieb wachsam. Das Glitzern in Tizzios Augen erregte seinen Argwohn. Das Oberhaupt
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