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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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die nächste, hier und da durchbrochen von Erkern. Überall waren die Wölfe zu wittern. Keiner von ihnen begegnete ihr.
    Im hinteren Teil des Hauses entdeckte sie die Küche. Äpfel waren das Einzige, woran sie sich bisher gewagt hatte. Süß und mürbe waren sie. So anders im Vergleich zu Blut hatten die Bissen beim Schlucken im Hals gekratzt. Zu Anfang hatte sie gar gefürchtet, an der fremden Speise zu ersticken. Neugierig, was es im Haushalt eines Werwolfs zu entdecken gab, öffnete sie die Vorratskammern. In der ersten lagerte Fleisch auf Eis. Sie ging nicht weiter hinein. Fleisch löste Abwehr in ihr aus. Niemals wäre sie auf den Gedanken verfallen, etwas Totes zu sich zu nehmen, ob es nun roh war oder gebraten. Von ihren Quellen hatte sie stets abgelassen, ehe der letzte Herzschlag versiegte.
    In der nächsten Kammer waren Schalen mit harten Knollen und runden, glatten Früchten. Kartoffeln das eine, Tomaten das andere. Berenike wog eine Kartoffel in der Hand und bohrte versuchsweise einen Fangzahn hinein. Ungenießbar. Und so hart, dass sie fest ziehen musste, um ihren Zahn wieder aus der Knolle zu befreien. Sie nahm eine Tomate auf. Überall in Rom standen sie im Sommer auf den Dächern, hübsche Zierpflanzen mit ihren roten Früchten. Gegessen wurden sie äußerst selten, da sie lange Zeit für giftig gehalten wurden. Da Berenike kein Gift riechen konnte, biss sie hinein. Säuerlicher Saft und kleine Körnchen füllten ihren Mund. Äpfel waren ihr lieber.
    Sie legte die angebissene Tomate zurück und forschte weiter, öffnete Tiegel mit Salz, Gläser mit Pfeffer und getrockneten Schoten, schnupperte, tauchte den Finger hinein, kostete ein Senfkörnchen, spuckte aus und hustete, verschüttete Zucker und naschte davon. Bis sie ganz hinten etwas fand, das wohl auf sie gewartet hatte. Ein Kuchen lachte sie an. Vorsichtig trug sie die Platte aus der Kammer und setzte sie auf dem großen Arbeitstisch ab. Sollte sie es wagen? Keine Lamia fühlte sich von Kuchen angezogen. Es würde nur bestätigen, dass mit ihr nichts seine Ordnung hatte. Ehe sie sich versah, hatte sie den Finger durch die Creme gezogen und steckte ihn in den Mund.
    Ihre Lider sanken hinab, während die Creme über ihren Gaumen streichelte und wie süßer Balsam ihre Speiseröhre hinabrann. Exquisit! Sie holte ein Messer und teilte den Kuchen in zwölf Stücke. Nachdem sie eine Gabel gefunden hatte, begann sie zu essen. Die ersten Drittel der Kuchenstücke schmeckten am besten. Viel Creme und wenig Teig. Sie vertilgte alle zwölf Kuchenspitzen. Schon beim vierten setzte ein Druck in ihrem Magen ein, aber davon ließ sie sich nicht abhalten.
    Vertieft in ihren Genuss, der sich von dem eines Apfels stark unterschied, bemerkte sie die Gegenwart anderer erst, als ein Licht aufflammte. Eine Frau und drei Männer rückten auf sie zu. Die Frau hob den Leuchter höher. Kerzenschein fiel auf die Überreste des Kuchens, an dessen Enden alle Spitzen fehlten.
    „Eine Lamia in unserer Küche!“, stieß einer der Männer aus und wich zurück.
    Die Frau kicherte und schlug ihm an den Hinterkopf. „Lamia essen keinen Kuchen, du Idiot!“
    Berenike zog ihre Beute näher zu sich und zeigte ihre Fänge. Sie spürte, dass noch immer Creme an ihnen klebte. Die vier lachten auf, die Frau schnalzte abfällig mit der Zunge.
    „Das ist die Kleine aus dem Carcer Tullianum. Ich erkenne sie. Saphira ist dort unten gestorben, und aus der Lamia hat die Gefangenschaft ein Mädchen mit spitzen Zähnchen gemacht, das jetzt unsere Speisekammer plündert. Lasst sie.“
    Unter noch mehr Gelächter und gutmütigem Gemurmel zogen die vier sich wieder zurück. Berenike stand stocksteif. Das Licht erlosch und sie blieb allein in einer dunklen Küche.
    Ein Mädchen mit spitzen Zähnchen.
    Es kreiselte durch ihren Kopf, wurde zu einem Kinderreim und wechselte über in Hohngeschrei. Die Süße in ihrem Mund wurde zu Kleister. Von einem Alphawolf gebissene Menschen, unbedeutende Rudeltiere, lachten über sie. Selene hatte es erkannt. Sie war keine Lamia mehr.
    Gehetzt rannte sie davon, hinauf in die Kälte der Loggia und versuchte, ihr absurdes Mahl zu vergessen. Sie sah über die Gebäude und die Weite des Gartens. Sehnsüchtig wünschte sie sich die Larvae herbei. Mitten hinein in Motten und Asche wollte sie sich werfen und sich das zurückholen, was sie ihr genommen hatten.
    Sie wartete vergeblich auf die verfluchten Seelen.

     
    Zwei Tage im Paradies mit Aurora lagen hinter

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