Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
abweisend. Sie war sicher, dass sich hinter seiner Kälte ein ganz anderer Mann verbarg.
Ihr Blick fiel auf seine Beine. Sie waren lang und kräftig. Seine Sippe unterschied sich stark von den roten Wölfen. Diese waren kleiner und robuster gebaut. Die Statur schlug sich in ihrem Temperament nieder. Tizzio war ein Rammbock, stets darauf aus, durch Wände zu brechen, unkontrolliert in seinen Launen, bar der Kontrolle, die Ruben über sich hatte. Er war so, wie ein Alpha zu sein hatte, wollte er über sein Rudel hinaus Respekt verdienen. Es warf die Frage auf, weshalb er kein eigenes Rudel besaß, kein Revier für sich beanspruchte.
Schon wollte sie ihn danach fragen, als das Prasseln lauter wurde. Die Larvae tosten, verstärkten ihre Anstrengungen. Das dünne Holz würde vielleicht nicht standhalten. Aurora hob den Kopf, begegnete einem provokanten Lächeln.
„Besonders intelligent scheinen sie nicht zu sein, sonst würden sie aufgeben.“
„Ruben, wenn die Tür nachgibt …“
„Wird sie nicht.“
„Falls es geschieht und die Reliquien sie nicht aufhalten, ziehst du dich dort in die Ecke zurück. Unter das Holzkreuz in der Nische. Sie haben es auf mich abgesehen, nicht auf dich. Es ist sinnlos, meinetwegen zu sterben. Es würde nichts am Ergebnis ändern.“
„Wir überstehen diese Nacht. Du wirst nicht sterben.“
Es ging nicht mehr nur um diese Nacht. Der nächste Angriff würde kommen. In einigen Tagen oder Wochen, je nachdem, wie lange die Larvae brauchten, um sie aufzuspüren.
„Wenn es so weit ist, darfst du nicht in meiner Nähe sein. Ich will nicht …“
„Du sollst so etwas nicht sagen.“
Seine Stimme klang nachdrücklich und sanft in einem, war unterlegt von der leichten Rauheit seines Timbres. Es ging ihr durch und durch. In seiner Miene stand die Dominanz eines Alphawolfes. Sein Blick nagelte sie fest.
„Ich wollte nur sagen, dass ich nicht zulassen werde …“
Sie stockte. Sein Gesicht näherte sich, umrahmt von dunkelroten, gewellten Strähnen, die aus seinem Zopf gerutscht waren. Der Druck seines Armes um ihre Schultern wurde fester. Sein Gesicht war so nah, dass es vor ihren Augen verschwamm. Kaum merklich streiften seine Lippen ihren Mund. Ein Funke sprühte auf und er zog den Kopf etwas zurück.
„Ist das deine Magie, kleine Hexe?“, raunte er und lächelte verschmitzt.
„Das war ich nicht. Ich habe nichts gemacht. Ohnehin kann ich Magie nicht …“
Er wurde zu einem Raubvogel im Sturzflug auf Beute und begnügte sich nicht mehr mit einem zarten Streifen ihrer Lippen. Sein Kuss war fordernd, besitzergreifend. Überrumpelt krallte sie sich in sein Hemd. Die Geräusche der Larvae verloren an Schrecken. Alles, was sie wahrnahm, war der Druck seines Mundes, die leichte Bewegung seiner Lippen, die die ihren teilten.
Drexenheck und Sprötenkrucke! Nein, das war falsch. Es hieß … Die Buchstaben wurden von seiner Zungenspitze durcheinandergewirbelt. Eine seidig feuchte Aufforderung, der sie entgegenkam. Mit dem Kreisen seiner Zunge kam das Feuer. Es leckte über ihren Nacken, wühlte sich unter ihre Haut, wurde zu winzigen Feuerrädern, die sich mit ihrem Blut vermengten und durch sie hindurchrasten. Mit jeder Umdrehung wurden sie größer. Sie brannte auf einem Scheiterhaufen unbekannter Leidenschaft. Ihre Seele stieg auf, um knapp über ihrem Kopf herumzuwirbeln.
Ruben zog sie über sich. Seine Hände gruben sich in ihre Locken. Ihr Bein glitt zwischen seine Schenkel, und etwas Hartes drückte gegen ihren Schoß. Leise stöhnte er auf. Ein Laut, der in ihr vibrierte. Der erste Kuss ihres Lebens war aufregender und verwirrender als jeder Wunschtraum. Sie wollte mehr. Ihre Finger krochen unter sein Hemd, glitten über seinen Rücken, ertasteten glatte Haut und feste Muskeln. Abrupt drehte er sich mit ihr. Kalter Stein unter ihr, ein erhitzter Körper über ihr, beides gleichermaßen massiv. Er gab ihre Lippen frei, küsste und knabberte an ihrem Hals. Sanft zog sie die Fingernägel über seinen Rücken und entlockte ihm das nächste Stöhnen. Sie war vernarrt in diesen Laut, der tief aus seiner Kehle kam und das Feuer in ihr schürte. Ein Duft breitete sich um sie aus, nach Harz und frisch geschlagenem Holz. Sie spürte seine Hände, die sich an ihrer Taille entlang nach oben schoben, auf ihre Brüste zu, und wölbte den Rücken, fieberte der Berührung entgegen.
Der Zauber ihres ersten Kusses zerbarst in seinem Aufschrei. Plötzlich war Ruben fort, und sie lag allein am
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