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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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viele Ave Maria zu ihr geschickt, dass sie ruhig einmal eingreifen konnte.
    Am Schlüsselloch torkelten vereinzelte Motten durch die Luft und fielen zu Boden. Ihre Flügel zuckten, während Ruben sie unter seinen Stiefelabsätzen zertrat. Trotz des Hindernisses gaben die Larvae nicht auf. Ein ganzes Mottenknäuel zwängte sich durch das Schlüsselloch, um kurz darauf am Boden zu verenden und von Ruben zu Asche zermalmt zu werden. Doch schon folgten die Nächsten. Asche verklebte die Ränder des Lochs, rieselte zu Boden.
    „Sie sind hartnäckig“, meinte Ruben gereizt und streifte seine Jacke ab.
    Die Schulternaht des Hemdes gab mit einem Knirschen nach, und er riss einen Streifen aus dem herausgerissenen Ärmel. Flink rollte er das Stoffstück zusammen und drückte es in das Schlüsselloch. Die darauf eintretende Ruhe war ein Labsal. Scheinbar sahen die Larvae ein, dass kein Vordringen in die Krypta möglich war. Aurora atmete durch – und hielt die Luft an. Ein Prasseln attackierte die Tür, ein Geräusch wie von Hagelkörnern, die auf Schnee treffen. Das Holz begann, in seinem Rahmen zu klappern. Es mochte die Larvae nicht weiterbringen, aber sie konnten durchhalten, bis das erste Tageslicht sie zurück in ihre Gräber schickte. Stunde um Stunde würden sie gegen die Barriere anfliegen. Schon jetzt war es zermürbend. Aurora drückte die Stirn an ihre angewinkelten Knie.
    Weshalb hatte sie den Palazzo verlassen? Weshalb einen Friedhof aufgesucht? Sie hatte den Hinweis des Grimoires falsch gedeutet, sich hinreißen lassen. Alle Braglia waren am Fluch der Larvae gescheitert und gestorben. Weshalb sollte es ausgerechnet ihr anders ergehen? Ihre Magie war gering. Sie hatte sich erst vor Kurzem zum ersten Mal gezeigt. Zu schwach, um einen Vampir niederzustrecken, käme sie gegen die Larvae erst recht nicht an. Ihre Gabe war ein Scherz, taugte höchstens dazu, ihr die eigene Machtlosigkeit vor Augen zu führen. Zumal sie jetzt gesehen hatte, wogegen sie antreten sollte.
    Kälte und Furcht krochen in ihre Knochen, brachten ihren zusammengekauerten Körper zum Erbeben. Eis umhüllte sie. Sie hockte bereits in einem Grab, umgeben von den Schädeln lange verstorbener Mönche. Den Rest ihres kurzen Daseins könnte sie in ihrem Schutz verbringen, bis sich am Ende ihr eigener Schädel in einer Kuhle zu den anderen gesellte. Ihr leises Schluchzen wurde von dem Prasseln übertönt.
    Ein Arm legte sich um ihre Schultern, zog sie an einen warmen, großen Körper. Ruben hatte sich neben sie gesetzt.
    „Dir ist kalt. Hier, nimm meine Jacke.“
    Die Jacke war viel dünner als ihr Mantel. Zudem konnte nichts die Kälte vertreiben, denn sie kam nicht aus dem Boden oder den Mauern, sondern aus ihr selbst. Die einzige Wärme spendete seine Nähe. Dankbar drückte sie sich hinein. Er senkte das Kinn auf ihren Scheitel.
    „Hab keine Angst, Selene hatte recht. Hier in der Krypta bist du sicher. Die Reliquien halten sie auf. Atme, Aurora. Einatmen“, leitete er sie an.
    Sie atmete aus.
    „Und langsam ausatmen.“
    Schwer holte sie Luft.
    „Du machst wohl nie das, was dir gesagt wird, hm?“
    Sein Lachen streifte über ihr Haar. Woher nahm er bloß diese Leichtigkeit? Dicht an ihn geschmiegt, fühlte sie sich geborgen. Sie rutschte etwas tiefer, bettete die Wange an seinen Brustkorb. Das Gleichmaß seines Hebens und Senkens beruhigte sie. Seine Gelassenheit ließ ihr Herz zurückfinden zu einem steten Schlag. Das Prasseln und Klappern klang nicht mehr ganz so bedrohlich.
    „Ich wünschte, ich wäre so furchtlos wie du.“
    „Tapferkeit wurde mir anerzogen. Ganz ehrlich, meine Furcht vor meinem Vater war viel zu groß, um ihn durch Feigheit zu enttäuschen. Du siehst also, auch Krieger haben Ängste. Vor allem, wenn sie noch ziemlich klein sind.“
    Ihre Mundwinkel hoben sich. Er war der Erste, der sich die Mühe machte und sie mit Scherzen aufmunterte. Tizzio hatte stets nur Maßregelungen für sie übrig, seit sie in ein Alter gekommen war, das sie neugierig machte auf die Welt außerhalb seines Palazzos. Vor allem hatte sie sich hüten müssen, bei jeder Kleinigkeit war sie verwarnt worden. Sie hatte Umarmungen und Liebkosungen über Jahre entbehrt, und noch nie hatte sich ihr Körper so mühelos an einen anderen gefügt.
    Vom ersten Augenblick an war sie von Ruben fasziniert gewesen. Das Graugrün seiner Augen mochte oft frostig sein und zu Distanz raten, gleichwohl hatte sie den Wolf kennengelernt und an diesem war absolut nichts

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