Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
verhindern. Sie wird sich auf meine Seite schlagen müssen. Sonst kommen Probleme auf sie zu, die selbst eine Lamia allein schwer bewältigen kann.“
„Probleme welcher Art?“, wollte Aurora erfahren.
„Selene kann auf Dauer nicht geheim halten, dass sie eine Lamia geboren hat. Und diese Lamia ist nicht nur sehr jung, sondern ohne ihr Gift auch relativ hilflos.“
Sie alle drehten sich dem Bett zu. Seit über einer Stunde summte Selene eine leise Melodie, um Berenike aus ihrer Lethargie zu holen.
„Irgendwann werden die ersten Vampire in Rom aufkreuzen und Anspruch auf Berenike erheben.“
„Kein Vampir wagt sich an die Älteste deines Volkes heran.“
„Steht das in deinem schlauen Buch?“, spöttelte Mica. „Ein Einzelner wird das Wagnis nicht eingehen, wenn sich aber ein halbes Dutzend zusammenschließt, können sie sich gegen Selene durchsetzen. Lamia sind rar, und Berenike ist von reinstem Blut. Alle werden sich auf sie stürzen, um mit ihr Nachkommen zu zeugen. Sie ist eine zu große Versuchung, über die selbst Selene nicht unentwegt wachen kann. Irgendwann, wenn sie es am wenigsten erwartet, schlagen sie zu. Daher wird meine Mutter jeden Verbündeten brauchen und sei es ein Werwolf.“
„Das alles wird Tizzio nicht erweichen“, warf Ruben ein. „Für ihn war der heutige Abend ein herber Schlag. Er wird jemandem die Schuld an seinem Verlust geben, und derzeit ist er in einem Zustand, in dem er jeden von uns schuldig sprechen wird. Unsere Zusammenarbeit hat ihm kein Glück gebracht.“
„Meiner Erfahrung nach ist dies exakt die Verfassung, um Kompromisse einzugehen“, erwiderte Mica lakonisch. „Es braucht nur jemanden, der ihm die richtigen Argumente liefert.“
„Ich hätte da ein gutes Argument“, hauchte Aurora.
„Und welches?“
„Ich muss es überdenken.“
Von wegen. Ruben konnte es regelrecht hinter ihrer Stirn rattern hören. Sie wollte wie üblich ein Geheimnis daraus machen. Es war schon schwierig, eine einfache Sterbliche durch einen Biss zur Wölfin zu machen. Eine Hexe auf Linie zu bringen, war dagegen ein unmögliches Unterfangen. Ihre Absichten richteten sich nicht auf Fügsamkeit, sondern darauf, ihn beschützen zu wollen. Ein Hoffnungsschimmer blieb. War sie erst einmal seine Gefährtin, könnte er ihr vielleicht ihre Geheimniskrämerei austreiben.
„Bevor du eine Dummheit begehst, solltest du nicht vergessen, dass dieser Friede nicht deine Angelegenheit ist. Du gehörst weder zum alten Volk noch zu den Wolfssippen.“
Für diesen Dämpfer erntete er einen verletzten Blick. Ihre Mundwinkel bogen sich leicht nach unten. Geschickt wechselte Mica das Thema.
„Die Nacht ist hereingebrochen. Garantiert haben die Larvae das Fehlen ihrer Opfer bemerkt und verstärken ihre Suche nach dir, kleine Strega. Es wäre nachlässig, sich bei Dunkelheit vor die Tür zu wagen.“
Auch das noch. Ruben stöhnte innerlich auf. Sie hatten zu lange verweilt und konnten nicht mehr in den Palazzo zurückkehren. Mica erahnte seinen Unmut.
„Wozu wollt ihr ein unnötiges Risiko eingehen? Dieser Ort beherbergte einst einen Tempel. Heidnische Riten besitzen große Kräfte. Selene war die Göttin auf diesem Stück Land und ist es geblieben. Die Larvae werden nicht hierherkommen. Es gibt viele freie Zimmer in der Villa, und die Stille auf dem Aventin, fernab der Stadt, wird dir guttun nach der Aufregung, Aurora.“
In Auroras Miene konnten sowohl Mica als auch Ruben lesen wie in einem offenen Buch. Ein Zimmer in der Villa bot einen ganz eigenen Anreiz. Eine Nacht ohne einen gramgebeugten Werwolf, der zu wittern suchte, was hinter verschlossenen Türen vor sich ging. Niemand, auf den sie Rücksicht nehmen mussten. Es war zu verlockend, um es abzulehnen, zumal sie es ohnehin nicht konnten. Ruben stimmte zu.
„Wir nehmen das Zimmer.“
Daraufhin gönnte Mica ihm ein Grinsen, das vor Anzüglichkeit schier triefte. Am liebsten hätte Ruben es ihm aus dem Gesicht geschlagen. Stumm erinnerte der Vampir ihn an eine andere Nacht unter diesem Dach. Dunkle Stunden, erfüllt mit verwerflicher Lust und krankhaft überreizter Sinne. Aurora schien keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass Ruben bei Selene gelegen hatte. Sie war ganz und gar davon eingenommen, mit ihm allein zu sein und strahlte wie eine kleine Sonne.
Er musste schlucken. Eine ganz andere Unruhe kam über ihn. In der Villa einer Lamia wollte er seinem Trieb, Aurora zu markieren, nicht unterliegen. Tage und Nächte wäre er
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