Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
ungeschützter Imker, der halbnackt durch verschiedene, agressive Bienenkolonien marschierte. In diesen stark frequentierten Gängen konnten wir niemanden einfach so verschwinden lassen, wie den stutzig gewordenen Wissenschaftler im Fahrstuhl. Alain redete indes mit unauffällig gedämpfter Stimme auf mich ein, wie wichtig es für das Institut sei, dass der Schaden an der Telefonanlage schnellstmöglich behoben werden müsse. Andernfalls wäre sein Job drastisch in Gefahr, was einer mittelschweren Katastrophe gleichkäme, denn schließlich sei er dringend darauf angewiesen, jetzt, wo er frisch verheiratet und seine Frau zudem schwanger war. Zwischenzeitlich hob er bei jedem uns entgegenkommenden Kittelträger lässig die Hand zu einem oberflächlichen Gruß. Manche grüßten beiläufig zurück, in Gedanken versunken oder leicht unschlüssig aussehend. Niemand blieb stehen oder sprach uns an.
Sollten Lügen tatsächlich kurze Beine haben, hätte es nicht mehr lange gedauert, bis Alain die Füße direkt aus dem Hintern gewachsen wären.
Nach einigen Minuten ließ die Menschendichte um uns herum etwas nach. Wenige Schritte von der nächsten Kreuzung entfernt blieb Daxx vor einer breiten Wandnische, in der sich Toilettentüren befanden, stehen.
„Stopp“, flüsterte er. „Seht ihr das da vorn, schräg gegenüber an der Ecke im Quergang? Da liegt einer der roten Bereiche. Das sieht tatsächlich wie ein Fahrstuhl aus.“
„Ja, aber nicht wie einer der regulären. Was ist das da neben dem Rahmen?“
„Das könnte ein Handabdruckscanner sein. Und darüber ein Retinaabtaster.“ Daxx schien sich bestens auszukennen.
„Was ist denn ein Retinaabtaster?“, fragte ich leise, obwohl sich im Moment niemand in unserer unmittelbaren Nähe befand.
„Der scannt dein Auge. Oh Mann, dafür, dass ihr übriges Sicherheitssystem so lahm ist, haben die hier aber eine Menge Kohle reingesteckt.“
„Dann muss das, was dahinter ist, von entsprechendem Wert sein.“
„Wovon redet ihr?“, flüsterte Alain. Ich wiederholte Daxx‘ Erklärungen und sagte dann: „Das war’s. Ende. Da kommen wir nicht durch. Wir wissen nicht, wer von den Leuten hier eine Zugangsberechtigung hat. Und selbst wenn wir es wüssten, könnten wir den nicht einfach niederschlagen und dorthin schleifen. Nicht bei den ganzen Leuten hier.“
„Kann Daxx nicht irgendwas mit einem Computer zaubern?“
„Keine Chance“, antwortete er. „Erstens habe ich hier keinen Computer. Dazu müssten wir zurück zum Nebeneingang. Zweitens ist das Sicherheitssystem unabhängig vom restlichen des Gebäudes. Und drittens bin ich kein Hacker. Ich verstehe ein bisschen mehr von Hard- und Software als der Durchschnittsbürger, aber das war es dann auch.“
Nachdem ich Alain sämtliche Einwände von Daxx erklärt hatte – unter anderem, was ein Hacker ist –, verfinsterte sich seine Miene. Er dachte angestrengt nach. Drei Laboranten kamen uns entgegen. Wir wichen unauffällig in die Nische zu den Toiletten aus. Sie gingen ruhig diskutierend an uns vorbei.
Irgendwann brach Alain sein Schweigen.
„Folgendes: Ihr bleibt hier bei den Toiletten. Julian, tu so, als würdest du auf jemanden warten, der gerade pinkeln gegangen ist. Ich kümmere mich um den Fahrstuhl. In fünfundvierzig Sekunden kommt ihr nach, es sei denn, ihr hört einen Alarm.“
„Was soll das heißen: Du kümmerst dich um den Fahrstuhl?“, sagte ich in meiner Überraschung lauter als gewollt.
„Unterbrich mich nicht und hör mir zu. Und sei um Gottes Willen leise. Also, wenn ich einen Alarm auslöse, müsst ihr schnellstmöglich aber unauffällig verschwinden. Am besten den Weg, den wir gekommen sind. Aber bleibt in der Nähe des Instituts. Beobachtet aus dem Wald den Haupteingang und lasst euch nicht erwischen, falls das Gelände abgesucht wird. Vielleicht habt ihr Glück und Dr. Robert verlässt noch mal das Zentrum, bevor der endgültige Versuch startet. Dann müsst ihr euch um ihn kümmern. Ich verlasse mich auf euch. Julian, du bist stark, und Daxx, du ein guter Taktiker und treuer Freund.“
Mein Magen krampfte sich zusammen. Das klang zu sehr nach einer Abschiedsrede.
„Das ist doch verrückt. Wie willst du denn das Sicherheitssystem überlisten, wenn nicht mal Daxx das schafft? Du weißt, was Robert mit dir macht, wenn er dich in die Finger kriegt. Das ist Selbstmord.“
„Vertraust du mir?“, fragte Alain ruhig.
„Nein.“
Wir sahen uns stumm an. Dann fuhr er, genau so ruhig,
Weitere Kostenlose Bücher