Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
Krankenhaus gelegen hatte. Daxx‘ Hand und Gesicht waren von verkrustetem Blut überzogen, auf Alains Hemd und seiner Hose zeichneten sich unter dem offenen Kittel zahlreiche Salzränder ab – außerdem roch er nach getrocknetem Schweiß – und was mich betraf, so wollte ich lieber nicht über mein Aussehen nachdenken.
„Das sind wir“, sagte Daxx ein wenig vorlaut. „Und durstig. Aber nicht auf Blut, obwohl wir jetzt echte Supervampire sind.“
„Klappe zu“, murmelte Sinh und stieß ihn an. „Wir sind keine Vampire.“
„Ach nö?“, fragte Daxx scheinheilig zurück. „Du und ich sind jedenfalls gestorben und wieder zurückgekehrt. Das hat mir die Lady erzählt.“
„Aber wir zerfallen im Licht nicht zu Staub, Strohkopf.“
„Okay. Dann sind wir eben Untote. Wie Evil Ernie. Fab!“
Madame Rosalyn konnte sich ein bezauberndes Lächeln nicht verkneifen. „Dann kommt, Kinder.“
„Kann ich noch eben mit Alain sprechen?“, fragte ich sie. „Unter vier Augen?“
„Sicher doch. Aber seid pünktlich, ihr beiden. Ich koche persönlich für euch und wehe, ihr seid nicht da, wenn das Essen auf dem Tisch steht.“
Sie lächelte und kniff ein Auge zu. Ich nickte und lächelte zurück.
Als sie gegangen waren, setzten Alain und ich uns in die Sessel an dem Schachtisch. Die Figuren schienen dort noch immer so zu stehen, wie vor drei Tagen – einer Ewigkeit – mit einem einzigen Unterschied: Der weiße Läufer hatte seine Position mit dem Springer getauscht und der König bedrohte die weiße Dame nicht mehr. Ich versuchte, nicht darüber nachzudenken.
„Hast du eine Zigarette, Alain?“
Er zog sein Zippo und die zerknitterte Schachtel Benson & Hedges mit dem Papierherz aus seiner Hemdtasche, öffnete sie und hielt sie mir hin. Zwei Zigaretten waren noch übrig, eine davon umgedreht.
„Nimm die Glückszigarette“, sagte er.
„Nein, die ist für dich. Das war sie immer.“
Ich nahm die andere. Alain zündete zuerst seine an und gab mir Feuer. Als sie brannte, bließ ich die Flamme aus. Gar nicht so einfach bei einem Sturmfeuerzeug, aber ich schaffte es. Alain lächelte.
Stumm rauchten wir unsere ersten Züge. Dann brach ich unser Schweigen.
„Ich habe mich dir gegenüber ziemlich daneben benommen. Dafür will ich mich entschuldigen.“
„Keine große Sache“, antwortete er gelassen, und ich wusste, dass er es tatsächlich so meinte. Alain ist kein Mensch, der lange nachtragend ist oder Vorfälle unnötig kompliziert. Wieder etwas, das ich an ihm bewundere. Ich bin in der Hinsicht anders.
„Doch. Es war eine große Sache. Ich war unfreundlich, ungerecht, eifersüchtig und habe dich sogar geschlagen.“
Einen Moment lang antwortete Alain nicht. Dann sagte er: „Was wäre der Grand Canyon heute ohne das Wasser, das sich zielstrebig in seine Tiefen gefressen hat?“
Ich lächelte.
„Zielstrebig und dickköpfig“, ergänzte er und grinste ebenfalls.
„Jedenfalls keine Touristenattraktion, so wie ich“, sagte ich und wir beide lachten.
Die Situation war nun entspannter.
„Ich wollte nur sagen, dass ich dir keine Vorwürfe wegen Julio mache. Ich weiß nicht, was zwischen euch geschehen ist und es geht mich absolut nichts an. Es ist okay. Es war nur fair.“
Was ich sagte, entsprach nicht vollends der Wahrheit. Es ging mich nichts an und es war fair, aber es war nicht okay für mich. Ich liebte Alain zu dem Zeitpunkt genau so, wie fünfzehn Jahre zuvor und wie heute. Aber genau deshalb musste ich es akzeptieren.
„Du hast es noch immer nicht verstanden“, sagte Alain und zog an seiner Zigarette. „Ich nehme es dir nicht krumm, denn du hattest genug Stress.“
„Wie meinst du das? Was habe ich nicht verstanden?“
Statt zu antworten, sah mich Alain prüfend an. Er schien in meinem Gesicht irgendetwas zu suchen, vielleicht einen Ausdruck der Erkenntnis. Wenn dem so war, wurde er enttäuscht. Ich begriff nicht, warum ich verstehen sollte, dass er im weitesten Sinne fremdgegangen war. Dafür begriff ich, dass unsere Unterhaltung diesbezüglich beendet war. Alain war kein Freund vieler Worte, was sich manchmal negativ für ihn auswirkte, nämlich genau dann, wenn er komplizierte Vorgänge zu erklären versuchte. Reden war nicht seine Stärke, ein faux pas, der ihn einerseits interessanter machte, andererseits seine Mitmenschen in den Wahnsinn treiben konnte.
„Egal“, sagte ich. „Vielleicht bin ich nur zu dumm.“
„Du bist nicht dumm. Nur naiv. Das habe ich dir
Weitere Kostenlose Bücher