Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
ist es, was ich nicht verstehe.“
„Weil du es von einer eingeengten Position betrachtest. Du siehst nur den Menschen und sein direktes Umfeld. Aus kosmischer Sicht ist das aber nicht besonders viel. Die Natur hat Gefallen an der Idee der Weiterentwicklung gefunden. Zu welchem Zweck – zu welchem höheren Zweck – kann ich dir nicht sagen, da ich ihn nicht kenne. Aber da die Evolution nun einmal eine so große Rolle für die Natur spielt, ersinnt sie häufig neue Elemente, um sie voran zu treiben.“
„Und Sie, die Villa und wir sind so ein Element?“
„Hältst du das für unmöglich?“
„Nein, nur für ein wenig anmaßend. Verzeihung, ich wollte Sie nicht beleidigen. Ich meine nur, also, ich halte mich für nichts Besonderes.“
„Aber das bist du. Genau das. Wie all die anderen auch. Hast du dir einmal Gedanken darüber gemacht, warum es nicht häufiger geniale Dichter und Naturwissenschaftler, Philosophen, Künstler, Menschen mit revolutionären Ideen im Allgemeinen gibt?“
„Ehrlich gesagt, nein.“
„Nun, zugegeben, diese Menschen bedürfen einer besonders hohen Auffassungsgabe, die allein sie genetisch von den anderen unterscheidet. Aber das ist nicht alles. Viele von ihnen erreichen den in ihrem Leben zugedachten Status nicht, weil ... “
„... weil es ihnen an Zeit mangelt“, rief ich aufgeregt. „Das Leben ist dafür zu kurz.“
„Bravo, mein Junge“, rief sie ebenso laut wie erfreut und wurde mit einem neuerlichen Hustenanfall bestraft.
„Geht es Ihnen gut, Rose?“, sagte ich und nahm ihre Hand. Sie tupfte mit dem Taschentuch ihre Lippen ab.
„Mach dir keine Sorgen, Schatz. Ich bin im Augenblick ein wenig schwach. Wichtig ist, dass du gut auf dich acht gibst, hörst du? Du gehst den richtigen Weg, ich weiß, dass ich mich darauf verlassen kann. Jetzt weiß ich es mehr denn je. Bitte geh jetzt, Julian. Ich muss mich ausruhen.“
Ich wollte nicht gehen. Ich hatte noch so viele Fragen, aber mehr noch, ich sorgte mich um Rose, konnte sie jetzt nicht allein lassen. Mit einem leisen Miauen sprang Dina plötzlich auf und sauste zwischen meinen Beinen hindurch zur Tür. Ich erhob mich ebenfalls und drehte mich, um ihr hinterher zu sehen. Während dieser schnellen Drehung wurde es dunkel um mich, als hätte die aus dem Garten ausgesperrte Schwärze einen Weg ins Innere gefunden, aber bevor Dina den Flur erreichte und mich die Finsternis gänzlich umfing, sah ich den schattenhaften Umriss eines Menschen, halb hinter dem großen Ankleidespiegel verborgen, der in der Nähe des Türrahmens stand.
Freitag, 29. Juni 2012 – 11:17 Uhr
Texas
Allgemeine Raumzeit
Als ich zu mir kam, hockte Sinh in etwa so über mir, wie ich zuvor über ihm gekniet hatte, Gesicht, Hals und Shirt mit Blut und Schweiß verschmiert. Mir war kalt und ich zitterte am ganzen Leib.
„Er ist wach.“
Ich wollte mich aufrichten, aber Sinh hielt mich sanft zurück. Das war gut so, denn nur diese leichte Bewegung erzeugte Kopfschmerzen, die fern ab von Gut und Böse lagen. Ich spürte ein Kissen in meinem Rücken und hinter meinem Kopf. Mein Platz war nach wie vor hinter dem Fahrersitz, aber wir befanden uns in einem anderen Auto und rasten auch nicht mehr, sondern fuhren mit normaler Geschwindigkeit.
„Beweg dich nicht“, sagte Sinh. „Du hast eine Menge Blut verloren, aber keine Sorge. Das kriegen wir schon wieder hin.“
„Wo sind wir?“
„Auf einer Nebenstraße parallel zur US-62.“
„Wer bin ich? Und wer bist du?“
Ich sah deutlich den Schock in Sinhs Gesicht. Er blickte kurz hilfesuchend nach vorn zu Alain.
„Kleiner Scherz“, flüsterte ich.
„Oh du ... “, begann Sinh und hob spaßeshalber die Hand, als wolle er mich schlagen. So offensichtlich, wie vorher der Schock zu sehen war, erkannte man nun seine Erleichterung. Statt mir eine runterzuhauen, beugte er sich noch ein wenig weiter vor und küsste mich. Wie ein reißender Strom breitete sich wohlige Wärme in meinem Körper aus, als meine Zunge seine spürte. Es musste ein Bild für die Götter sein: Zwei junge Männer, noch halbe Kinder, die aussahen, als hätten sie ein Treffen mit einem Dreißigtonner hinter sich, küssten sich liebevoll auf dem Rücksitz eines wahrscheinlich gestohlenen Fahrzeugs.
Dann schob er eine Hand unter mein Shirt und strich über meine Bauchmuskeln. Eigentlich war es mir peinlich, dass er das tat, während Daxx und Alain vorn saßen, aber der Schmerz ließ zusehends nach, und das
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