Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
würde.
„Klasse. Und jetzt musst du Sinh wecken. Ich brauche ihn.“
„Aufpassen“, rief Daxx und bog mit überhöhter Geschwindigkeit südlich in den Saul Kleinfeld Drive ein. „Es geht los.“
Ich beugte mich über Sinh, hielt mich mit einer Hand an Alains Kopfstütze fest und schüttelte Sinh sacht, obwohl das bei Daxx’ Zickzack-Fahrt kaum nötig war.
„Sinh. Sinh! Komm schon, Junge, wach auf.“
Ich schlug ihm ein paarmal vorsichtig auf die Wange.
„Hey! Sinh! Aufwachen!“
Seine Lider flatterten.
„Jetzt nicht schlappmachen“, redete ich weiterhin auf ihn ein. „Auf die Füße, Soldat. Die Pflicht ruft.“
„Julian?“, sagte Sinh benommen, nachdem er die Augen vollends aufgeschlagen hatte. Ich lächelte erleichtert.
„Ja, ich bin’s. Wir sind alle hier.“
„Sind wir in Sicherheit?“
„Noch nicht, aber gleich. Daxx versucht gerade, die bösen Jungs abzuhängen.“
„Dann wird das nichts mit der Sicherheit“, antwortete er und brachte ebenfalls ein Lächeln zustande.
„Das habe ich gehört“, rief Daxx in einer Art Sing-Sang und schnitt die nächste Kurve.
Ein paar Minuten später erreichten wir ein Wohngebiet, dessen Straßen offensichtlich aus einem Mangel an Ideen alle samt mit Tierra begannen: Tierra Cortez Avenue, Tierra Arroyo Drive, Tierra Humeda Drive und so weiter. Wir hatten mindestens zwei Straßen Vorsprung vor unseren Verfolgern. Alain sah sich mit hektischen Kopfbewegungen um. Dabei wirkte er wie ein Adler auf Beutesuche.
„Komm schon“, murmelte er. „Komm schon! Irgendwo muss es doch ... Da! Julian, bist du bereit?“, rief er plötzlich.
„Bereit!“
„Daxx, halt an. Julian, ich stoppe jetzt die Zeit. Achtung!“
Das Einzige, was ich mit in die Finsternis nahm, war das Geräusch quietschender Reifen und ein Ruck nach vorn. Dann war alles dunkel.
Die Villa
Ich hörte Musik. Einen Walzer, oder etwas Ähnliches. Und Stimmen, gepflegte Konversation, Geschwafel, Gelächter. Ich weiß nicht einmal, ob ich die Augen öffnete oder einfach nur so meine Umgebung wahrnahm. Ich stand inmitten des großen Saals der Villa, dort, wo Alain und ich unsere Ringkämpfe ausgetragen und ich den Zwillingen ihr Bodypainting verpasst hatte. Der Saal war festlich geschmückt, in goldenes Licht unzähliger Kerzen getaucht, mit an Unverschämtheit grenzenden pompösen Möbeln versehen und voller junger Männer in eleganten Anzügen. Das kam mir bekannt vor, aber ich konnte es nicht einordnen. Hatte ich davon geträumt? Befand ich mich jetzt in einem Traum?
Vollkommen desorientiert sah ich mich um, und das erste mir bekannte Gesicht, das ich erblickte, war das des brünetten Jungen mit den langen Locken. Der junge Michelangelo Buonarotti, dem ich bei einem der unfreiwilligen Zeitsprünge im Weinkeller begegnet war 1 Ich überlegte noch, ob ich ihn ansprechen sollte, als er freundlich einem anderen jungen Mann zuwinkte und zu ihm herüberschlenderte. Ich erkannte ihn nicht sofort; seine Frisur war jetzt anders.
„Alain?“, rief ich. Er stand zu weit weg und hörte mich nicht. Dafür drehten sich ein paar der in meiner Nähe stehenden Jungs zu mir um und musterten mich. Ich kam mir nicht nur fehl am Platz, sondern regelrecht nackt unter ihren prüfenden Blicken vor. Verunsichert schaute ich an mir hinab: Sneakers, Shorts, Shirt mit Knopfleiste auf der Schulter, alles vorhanden. Nein, ich war nicht nackt, aber extrem underdressed. Egal, was spielte das für eine Rolle in einem Traum? Wenn es denn einer war.
„Entschuldigung, dürfte ich bitte einmal durch?“, fragte ich höflich mit gedämpfter Stimme und schob mich langsam durch die Menge auf Alain zu. „Verzeihung.“
Als ich die Hälfte der Streck zurückgelegt hatte, sah ich, dass sich Alain bereits angeregt mit dem gelockten Jungen unterhielt, und schräg hinter ihnen, eine weitere, mir bekannte Person: Daxx.
Obgleich es schwer, wenn nicht sogar unmöglich war, die Zwillinge zu unterscheiden, wenn sie einzeln auftraten, wusste ich doch sicher, dass es sich nicht um Sinh handelte. Unschlüssig blieb ich stehen, sah von Daxx zu Alain und wieder zurück. Es wurde still im Saal, nicht schlagartig, nicht einmal so, als würden sämtliche Unterhaltungen eingestellt; es geschah langsam, so als würde man einen Lautstärkeregler herunterdrehen. Und in der Stille, die so erbarmungslos wie die Nacht über den Tag kam, sah Daxx mich und ich sah, welche Worte seine Lippen formten, trotz der
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