Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
habe und das ich mehr liebe als alles andere auf dieser Welt.“
Frische Tränen schossen nach und ich hielt meine Mum fest umklammert. Es tat gut. Aber ich konnte es ihr nicht sagen, so sehr ich es wollte und so sehr ich davon überzeugt war, dass sie es verstehen würde. Ich konnte es einfach nicht.
Sie streichelte eine Zeit meinen Kopf. Dann sagte sie: „Du nimmst doch noch immer Drogen, oder?“
„Zentnerweise.“
„Dann ist doch alles gut.“
12
Nachdem mich der Schulbus zu Hause abgesetzt hatte, waren die Nachwirkungen des bittersüßen Erlebnisses vom Morgen verflogen. Ich ließ, wenngleich es erst das zweite Mal war, wie einem Ritual folgend mein Mittagessen im Abfallzerkleinerer verschwinden, duschte, nahm mein Eau de Toilette und zog mir frische Sachen an. Obwohl wir den Unterricht zu Hause nacharbeiten sollten, brauchte ich mir darüber keine Sorgen zu machen. In den Zeiträumen zwischen den Besuchen bei Alain lernte ich mehr als nötig, allein, weil dadurch die Zeit bis zum nächsten Treffen schneller zu vergehen schien.
Dieses Mal wählte ich ein enges, sehr weit ausgeschnittenes Shirt und Shorts. Einen Moment zögerte ich, als ich mich in dem riesigen Schlafzimmerspiegel meiner Eltern betrachtete. Kam es mir nur so vor, oder hatte ich mehr Muskeln bekommen. Für einen Augenblick schien es so, als blicke ich nicht in den Spiegel, sondern durch den Spiegel hindurch auf Alain. Verwirrt schüttelte ich den Kopf, wie um die Gedanken samt Illusion abzuwerfen, dann steckte ich das kleine Geschenk, das ich für ihn gekauft hatte, ein und machte ich mich barfuß auf den Weg zum Rosengarten.
Alain war nicht im Garten. Ich schaute mich vergebens um. Für einen Augenblick überkam mich die irrationale Angst, er könne fort sein. Weggezogen, ohne Abschied, ohne die Möglichkeit auf ein Wiedersehen.
„Julian, hier oben!“
Er stand in einem der offenen Fenster im dritten Stock und winkte mir zu.
„Komm rauf, die Tür ist offen.“
Ein Strahlen der Erleichterung huschte über mein Gesicht; ich konnte nicht anders. Ich lief durch den Garten die alte Steintreppe nach oben zur Terrassentür, wäre fast über eine plötzlich aufgetauchte streunende Katze gestolpert – „Hoppla.“ – und betrat den kühlen Wohnraum. Dann erst wurde mir be wusst, dass ich mich in der Villa gar nicht auskannte. Als Alain bei unserem ersten Treffen den Eistee geholt hatte, war er durch die zur Terrasse gegenüberliegende Tür verschwunden, also wählte ich die andere Tür, zur linken. Zu meiner rechten tat sich ein langer, dunkler Korridor auf, der am anderen Ende in einer großen Eingangshalle lag, durch die man die Haustür sehen konnte. Einen Moment ließ ich die fast unheimliche Stille auf mich wirken. Auf beiden Seiten befanden sich unzählige Türen, aber auf halber Strecke auf der linken Seite führte eine breite, teppichbeschlagene Treppe nach oben. Der Teppich war an einigen Stellen eingerissen, die Messingstangen, die ihn in Position hielten, waren stellenweise angelaufen und die Tapeten in dem internen Treppenhaus mindestens genau so alt und geschmacklos wie die im Wohnraum. Im dritten Stock angekommen spähte ich nach rechts, weil ich Alain an einem der Fenster zur Hinterseite des Hauses gesehen hatte. Die Tür am Ende des Flurs stand als einzige auf. Sie führte zu einem fast saalgroßen Raum, der ähnlich wie das Wohnzimmer nur ein Minimum an Einrichtungsgegenständen besaß. Staub wurde durch die kontrastreichen Lichtstrahlen sichtbar gemacht, die durch zahlreiche Fenster einfielen. Je mehr ich mich dem Saal näherte, desto größer schien er zu werden. Alain saß auf einer der Fensterbänke, unwesentlich mehr als eine Silhouette in dem hellen Lichtkegel, wie immer barfuß, dieses Mal mit einem roten Netzshirt und einer ähnlich knappen Sporthose, wie ich sie bei unserem letzten Treffen getragen hatte, bekleidet. Und wie immer sah er aus wie ein junger Gott. Besonders in dem sonnenbeschienenen Dunst. Die Szenerie hatte etwas magisches an sich.
Alain kam auf mich zu, als ich den Saal betrat. Er legte eine Hand auf meine Schulter, die andere an meinen Hals.
„Ich bin so froh, dass du mich wieder besuchen kommst.“
So froh. Er hatte so froh gesagt, nicht froh. Dass musste bedeuten, dass auch er mich vermisst hatte, oder?
„Ich freue mich auch. Es ging leider nicht eher.“
„Ich weiß. Aber jetzt bist du hier. Ich habe mir gedacht, wir verbringen den Tag heute im Haus, draußen ist
Weitere Kostenlose Bücher