Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
nichts laufen konnte, also ließ ich es nicht darauf ankommen. Ich genoss die platonische Liebe, wenn es für die drei Jungs auch nichts anderes als eine normale Freundschaft war. Schließlich wussten sie nicht, was ich für sie empfand, und das war gut so. Nein, nicht gut, sondern sicher. Aber nach spätestens einem Jahr fand jeder von ihnen eine neue Freundin, was mich jeweils in eine mir nicht zustehende Eifersucht trieb. Dann musste ich mich jedes Mal von ihnen lösen, mein Schicksal als einziger Schwuler auf diesem Planeten neu akzeptieren – denn so kam ich mir vor – und eine schlimme Phase der Depressionen durchmachen, bis ich mich in das nächste sinnlose Unternehmen stürzte. Bei Alain hatte ich jetzt ein besseres Gefühl. Wir teilten gemeinsame Interessen und ich war dabei, mich in ihn zu verlieben. Außerdem war er anders als meine Freunde in Nampa, schon allein, weil mich von denen nie einer geküsst hatte. Trotzdem war ich mir unsicher, ob Alain wirklich dieselben Gefühle hatte, wie ich sie ihm entgegenbrachte, oder ob ich aus falscher Hoffnung heraus zu viel hinein interpretierte, Kuss hin oder her.
Jedenfalls hatte meine Mum die Hochs und besonders die Tiefs meiner Vergangenheit miterlebt und sorgte sich um mich, weil sie mich nicht verstand, obwohl sie es gern wollte. Aber ich ließ es nicht zu; ich verschloss meine Gefühle, aus Angst, nach einem Coming-out nicht nur der einzige Schwule auf diesem Planeten zu sein, sondern der einzige Mensch, der Aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung von allen anderen gemieden wurde und zu einem Leben in Isolation verdammt war. Das war es, wovor ich am meisten Angst hatte.
Ich wechselte das Thema.
„Mum, warum darf der General nichts von euren Treffen wissen? Gehört Mrs. Gardener zu einer terroristischen Verschwörung oder so?“
Ich vertrieb die düsteren Gedanken und die Vorfreude auf Alain ließ mich witzeln. Ich glaube, meiner Mum waren zu der Zeit schon die Veränderungen bei mir aufgefallen, aber wie es eben nur eine Mum handhabt, ließ sie mir meine Privatsphäre. Es schien, als hätten wir beide unser kleines Geheimnis vor dem General.
„Nein, sie ist in Wirklichkeit Arafat, der sich unter einer dicken Schicht Make-up und Wimperntusche hier in den USA versteckt, aber dass muss unter uns bleiben.“
„Oh, Mum!“
Wir lachten. Ich war erleichtert, dass sie nicht weiter auf dem unangenehmen Thema herumritt, das ich normalerweise mit dem Satz beendete: Ich bin einfach nur müde.
Dann wurde sie ernst und nahm meine Hand.
„Julian, du musst mir fest versprechen, dass du nichts hiervon deinem Vater erzählst.“
„Okay.“
„Ich hatte dir doch von dem Komitee zur Rettung des historischen Leuchtturms berichtet. So wie es aussieht, ist ausgerechnet das Militär an seinem Abriss interessiert. Die Army will hier an der Küste einen Stützpunkt errichten und das Gebiet um den Leuchtturm herum ist perfekt für deren Zwecke. Kannst du dir ausmalen, was passiert, wenn der General erfährt, dass ich dem Komitee beigetreten bin?“
„Klar, es gäbe hier im Haus ein zweites Vietnam.“
„Irgendwann werde ich es ihm sagen müssen. Aber der Zeitpunkt ist noch nicht da. Ach Julian, du musst dir den Leuchtturm unbedingt einmal ansehen. Er ist so alt und wunderschön. In jeder wettergegerbten Kerbe des Gemäuers hörst du die Historie flüstern. Er hat schon mehr gesehen als wir alle zusammen. Er darf nicht sterben, nur weil ein paar kriegswütige Irre wie dein Vater es wollen.“
Plötzlich füllten sich meine Augen mit Tränen. Ich ergriff ihre Hände und drückte sie fest. Ich kann nicht mehr genau sagen, warum ich weinte. Vielleicht waren es die auf merkwürdige Weise vielen Parallelen zwischen ihrem und meinem Geheimnis, die mich so reagieren ließen. Oder ihre Stärke und ihr unerschütterlicher Wille, das Richtige zu tun. Oder das Wissen um meine Unfähigkeit, so zu sein, wie sie.
„Julian, Schatz, was ist denn los?“ Sie rückte heran und nahm mich in den Arm. „Shhht, ist schon gut. Gibt es etwas, was du mir erzählen möchtest? Bedrückt dich etwas?“
Ich schluckte zweimal. „Nein Mum, es ist alles in Ordnung. Ich ... ich freue mich so für dich.“
Sie wog mich ein wenig hin und her. Dann nahm sie mein Gesicht in ihre Hände und sah mir tief in die Augen.
„Julian, eines sollst du wissen und darfst es niemals vergessen: Was immer du tust, was es auch ist, du bleibst mein Sohn. Das Kind, dass ich unter Schmerzen zur Welt gebracht
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