Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
Hecke zurannte, sah ich die Veränderung. Es gab keinen Durchgang mehr. Die Hecke war dicht gewachsen und so ineinander verästelt, als wäre es von Anbeginn der Zeit niemals anders gewesen. Ungläubig erreichte ich die Stelle, an der ich so oft den Garten betreten hatte und griff in das Laub. Zu. Verschlossen. Keine Verbindung. Irgendwann begriff ich es und ließ davon ab. Alain stand direkt hinter mir.
„Was geschieht hier?“
„Es tut mir leid, Julian. Ich muss dir eine Menge Dinge erklären. Lass uns ins Haus gehen.“
Zögernd folgte ich ihm.
„In meinem Traum ist die Villa abgebrannt.“
„Ich weiß.“
Wir blieben nicht im Wohnraum, sondern gingen auf sein Zimmer im dritten Stock. Die Luft war frisch und angenehm, roch nach Sommermorgen und war keinesfalls vergleichbar mit der stickigen Hitze der letzten Tage. Wir nahmen nebeneinander auf dem Bett Platz, Alain in seiner typischen Schneidersitzpose. Ihm war nicht entgangen, wie ungeduldig und aufgeregt ich war, darum sagte er als erstes: „Deiner Mum geht es gut. Sie ist gesund und in Sicherheit.“
„Wirklich? Woher weißt du das? Hast du sie gesehen?“
„Nein, gesehen habe ich sie nicht, aber ich weiß es. Julian, das hier wird nicht leicht für dich sein. Es ist auch für mich nicht einfach. Wirst du mir vertrauen?“
Ich nahm seine Hand, teilweise, um ihm zu zeigen, dass ich ihm vertraute, teilweise, um meine Ängste vor dem, was kommen möge, zu mindern.
„Ich vertraue dir.“
„Deine Mum ist bei euch zu Hause. Die Cops waren letzte Nacht da und werden später noch einmal wiederkommen, da du und dein Vater verschwunden seid.“
„Mein Vater!“
Alain drückte meine Hand etwas fester.
„Er ist tot.“
„Was? Wo ist er?“
„Er war hier, aber jetzt ist er fort.“
„Ich verstehe nicht. Ich verstehe gar nichts. Ich habe geträumt, ihr hättet gekämpft. Er hat dich angeschossen!“
Dann erst bemerkte ich es.
„Dein Hemd. Es ist zerfetzt, von den Einschusslöchern! Alain, bitte, ich begreife überhaupt nichts mehr. Was ist wirklich geschehen? Und wo ist der General?“
„Er wurde getilgt . Von der Villa. Er kann jetzt weder deiner Mum noch dir oder sonst jemandem etwas antun.“
Ich zögerte, dachte nach.
„Gibt es hier im Haus einen Billardtisch?“
„Ja.“
„Ich will ihn mir ansehen.“
„Später.“
„Nein, jetzt. Bitte.“
„Also gut.“
Wir betraten gemeinsam das Zimmer im zweiten Stock, das ich aus meinem Traum kannte. Es war weder ein Loch in der Decke zu sehen, noch steckte ein verkohlter Dachbalken im Tisch. Ungläubig näherte ich mich ihm. Der Filzbezug war in der Mitte ein wenig schwarz und rot verfärbt, das war auch schon alles. Ein Gedankenstrudel wirbelte durch meinen Kopf, ohne Aussicht darauf, eine klare Ordnung je wieder herzustellen. Bis Alain mich von hinten umarmte, seinen Kopf auf meine Schulter legte und leise sagte: „Wollen wir wieder auf mein Zimmer gehen?“
Einige Minuten später saßen wir erneut auf seinem Bett. Der körperliche Kontakt mit ihm hatte mich beruhigt und so hielten wir uns auch jetzt wieder an den Händen. Zärtlich streichelte er mit seinem Daumen über meinen Handrücken.
„Vieles von dem, was du bislang zu wissen glaubtest, hat nun seine Gültigkeit verloren. Du weißt, es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erden ... Ich kann nichts dafür, denn ich habe nicht dich ausgesucht, sondern du mich. Das ist das, was wir Schicksal nennen. Es hätte niemals anders ablaufen können. Bald wirst du es erkennen.“
„Alain, ich begreife immer noch nichts. Aber ich sollte jetzt erst einmal nach meiner Mum sehen.“
„Das ist leider nicht möglich. Ich weiß, das ist nicht ganz einfach, aber ich habe die Regeln nicht gemacht. Ich muss mich ihnen genau so beugen, wie du jetzt. Mit der Zeit –“
Ein kurzes, heiteres Lachen unterbrach ihn.
„ Mit der Zeit wird alles leichter. Besonders wenn du erkennst, dass Zeit hier keine lineare Geltung hat.“
„Wovon um alles in der Welt sprichst du?“
„Ich denke, am einfachsten ist es, wenn ich es dir zeige. Schließ deine Augen, es wird dir nichts geschehen.“
Ich tat, worum er mich gebeten hatte. Und dann:
Mein erster Gedanke war Flucht. Schließlich befand ich mich illegal auf fremden Grund und Boden und ich wusste nicht, wie es die Einheimischen mit Hausfriedensbruch hielten. Stattdessen blieb ich, genau wie er, wie angewurzelt stehen. Mir kam es wie eine Ewigkeit vor, bis er aus den
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