Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Soehne des Lichts

Soehne des Lichts

Titel: Soehne des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
Vom Netzwerk:
klopfendem Herzen stand er da, bis sie ihn leicht an der Wange berührte und so seine Aufmerksamkeit zurückforderte.
    „Erwarte mich nicht. Ich werde kommen, wenn du niemals mit mir rechnen würdest. Eines noch, vergiss es nicht: Nimm an, was sie dir geben wird .“
    Mit diesen Worten wandte sie sich ab und verschwand mit Inani im Nebel.
    „Großartig“, murmelte er. „Mitten im Nirgendwo, allein gelassen von einer wahnsinnigen Elfe und einer verspielten Hexe. Was kann ein Mann sich Besseres für die Nacht wünschen?“
    Er begann, sich ein Lager zu errichten, da er in der Dunkelheit nicht wandern konnte. Doch immer wieder irrten seine Finger zu den Lippen, seine Gedanken zu der Erinnerung an diesen vollkommenen Moment. Ja, was konnte ein Mann sich Besseres wünschen?
     

6.
     
    Es wäre so leicht, die Welt zu erobern, die Wunder ferner Länder zu erleben, die Schönheit des Unbekannten zu bestaunen. Wenn da nicht der erste Schritt wäre, ein Schritt über die Grenzen, die wir selbst uns ziehen.
    Vorwort aus „Zwischen den Welten“, Reiseerinnerungen, von Erim Hargalt, Adliger aus Roen Orm
     
     
    Pera stand unbeweglich vor der magischen Barriere, die ihr ganzes Leben lang die Grenze ihrer Welt bedeutet hatte. Unzählige Stunden hatte sie damit verbracht, sich auf die andere Seite zu träumen, gemeinsam mit Ivron oder ihren Freundinnen diskutiert, wie das Leben sein könnte, wenn man überall gehen dürfte, wohin man wollte. Jetzt sollte der Traum wahr werden, unwiderruflich, und sie hatte Angst. Solche Angst! Sie hatte sich doch nicht einmal richtig von ihren Freunden verabschieden können, und diese verrückte Hochzeit, wenn man das überhaupt so nennen durfte, wollte etwas in ihr einfach nicht wahrhaben. War es wirklich geschehen oder nur ein dummer Traum gewesen? Statt wie sonst üblich in einem festgelegten Ritus über dreizehn Monate hinweg umworben zu werben, bis schließlich ein dreitägiges Fest mit Segnungen, traditionellen Versprechen, Spielen und Tänzen den Bund zwischen Mann und Frau festigte, hatte ihr Vater lediglich eine Ansprache gehalten. Mehr eine Erklärung an die Dorfgemeinschaft als alles andere, ein kurzer Segensspruch, fertig.
    Nicht einmal Zeit für das Tuchschlingen ist geblieben. Keine Amulette, kein Flehen an die Götter, uns mit Fruchtbarkeit zu segnen, gar nichts! Pera verzog das Gesicht. Nicht, dass sie sich wünschte, mit Jordre zusammen Kinder zu zeugen, oder ihm auch nur so nahe zu kommen, dass sie ein Tuch um sein Handgelenk hätte binden können. Was hier geschah war falsch, entsetzlich falsch, ein einziger Alptraum! Sie wollte nicht fort, sie wollte das, was von ihrer Familie geblieben war, nicht verlieren! Seit sie denken konnte, hatte sie sich aus den engen Grenzen Navills fortgesehnt, doch jetzt nicht mehr.
    „Fasse Mut, Pera. Ich weiß, es ist schwer für dich, aber du bist stark genug dafür.“
    Pera betrachtete die blaue Hand, die sie berührte. Trotz der Schwimmhäute fühlte sie sich menschlich an, warm und stark.
    Chyvile stand neben ihr, Jordre im Schlepptau. Der junge Mann starrte auf den Boden, auf seine Hände, überall hin, nur nicht zu seiner frisch angeheirateten Frau. Pera schob trotzig den Kiefer vor. Vor dem da wollte sie garantiert nicht zeigen, wie viel Angst sie wirklich hatte!
    „Da seid ihr ja endlich!“, murrte sie. „Erst habt ihr es so eilig und dann muss ich ewig warten. Geht’s bald los? Je schneller wir das erledigt haben, desto eher kann ich wieder nach Hause, also, nicht trödeln!“
    Die Famár lachte und packte hastig Peras Arm, bevor sie tatsächlich davon stürmen konnte.
    „Schön langsam, du kennst nichts von der Welt da draußen! Bleib immer dicht bei mir, der Weg ist lang und sehr gefährlich. Osmege weiß, dass eine Famár hier ist und er weiß, dass wir fortgehen wollen. Sei gewiss, seine Augen und Ohren sind hier überall.“
    Mit diesen Worten überschritten sie den Schutzwall von Navill und tauchten ein in die magisch verwüstete Wildnis der Welt dahinter. Pera schaute nicht zurück. Sie wusste, ganz tief in ihrem Herzen, sie würde niemals wieder nach Hause gehen. Hätte sie jetzt einen Blick über die Schulter gewagt, hätte die Famár sie wohl an den Haaren durch die Wälder schleifen müssen, denn freiwillig wäre Pera keinen einzigen Schritt mehr gegangen.
     
    Tief im Dickicht verborgen hockte eine Kreatur, die aus so vielen verschiedenen anderen Lebewesen, Pflanzen und Mineralien zusammengeschmolzen worden war,

Weitere Kostenlose Bücher