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Soehne des Lichts

Soehne des Lichts

Titel: Soehne des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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sonst verschenken? Corin ist vielleicht keine Schwester für mich, aber mindestens eine Cousine. Die anderen Hexen hingegen sind eher mein Albtraum ... Also, wer bleibt denn da noch? Du vielleicht?“ Nun musste Thamar sich vor einem spielerischen Hieb in Sicherheit bringen.
    Sie lachten beide, während sie den Übungsplatz verließen. Kýl war für ihn ein Bruder, wie Ilat es nie hatte sein können.
    Kaum waren sie zurück bei der Siedlung, rief man schon nach Thamar. Es gab immer etwas zu tun, zu entscheiden, Streitigkeiten zu schlichten, Proviant einzuteilen, gelangweilte Söldner durch die Welt zu schicken, die beständig wachsende Siedlung zu sichern und zu befestigen. Seit Jahren bereiteten sie sich auf einen Kampf vor, von dem niemand wusste, ob er tatsächlich eines Tages stattfinden würde. Es kostete unvorstellbar viel Kraft, seine Bündnisse im Gleichgewicht zu halten. Kraft, alle zu überzeugen, dass Geduld notwendig und der Kampf gegen Ilat gewiss war. Das Schwierigste war es dabei, sich selbst zu überzeugen.
     
    Als Thamar sich abends auf die Bank vor seiner Hütte setzte und einen Moment der Ruhe genoss, den Blick in der Unendlichkeit des Sternenhimmels verloren, da kam ihm das Gespräch mit Kýl in den Sinn. Viel zu lange war er bereits hier, immer nur unter Kriegern. Er vermisste Roen Orm, das helle Sonnenlicht, das sich im Felsgestein widerspiegelte, die lauten fröhlichen Menschenmassen in den unteren Ebenen, die wild feilschenden Händler, die Künstler, die auf offener Straße arbeiteten. Er vermisste den Palast, die Hofbälle, die Theateraufführungen, die Diskussionen mit Poeten und Philosophen. Ihm fehlte seine Mutter, das kunstvolle, tödliche Intrigenspiel, die vornehmen Hofdamen, die Diener, die jeden denkbaren Wunsch erfüllten, die hübschen Dienstmägde ... Er vermisste die Priester, die Prozessionen, den prachtvollen Glanz des Ti-Tempels. Er vermisste sogar seinen Bruder.
    Besser, von Ilat verspottet zu werden, besser, täglich um sein Leben zu kämpfen, als auf immerdar das hier!, dachte er versonnen.
    „Bist du wirklich so gelangweilt, dass du dich in Ilats Hände zurückwünschst?“ Eine geistesabwesende weiche Stimme sprach neben ihm. Die schönste Stimme der Welt, nach Thamars Ansicht. Absichtlich schloss er die Augen, um sich dadurch noch mehr auf den Anblick dieser Frau freuen zu können, die so plötzlich neben ihm aufgetaucht war.
    „Nein, Maondny, ich will wirklich nie wieder gefoltert werden, und so überdrüssig bin ich meines Lebens nicht, dass ich Todessehnsüchte hätte. Trotzdem, ich habe Heimweh nach Roen Orm.“
    „So geht es jedem, sagt man. Ich kann es nicht beurteilen, ich war zwar schon zweimal dort, einmal sogar körperlich, und unzählige Male in meinen Visionen. Nur auf mich trifft solches Verlangen wohl nicht zu.“
    Thamar lächelte und konnte nun nicht mehr widerstehen, er musste sie einfach ansehen. Sie war noch schöner als in seinen Erinnerungen und Träumen. Beinahe ein ganzes unerträgliches Jahr lang war sie fort gewesen und hatte lediglich geistig zu ihm gesprochen. Ihre Augen leuchteten blau, sie war also voll und ganz in dieser Welt, stellte er erfreut fest. Wie so oft trug sie ein schwarzes Kleid und ließ das dunkle Haar offen über die Schultern fließen. Sie erwiderte das Lächeln, was ein warmes Prickeln in Thamars Innerem verursachte. Ihr nah zu sein, wahrhaftig nah, nicht nur im Geiste verbunden, bedeutete für ihn Glück. Die unstillbare Sehnsucht nach mehr ließ er nicht zu, versuchte aber auch nicht, irgendetwas zu verbergen. Maondny wusste sowieso alles über ihn, vermutlich, nein, ganz sicher mehr als er selbst. Dass sie trotzdem gerne zu ihm kam, war ein Wunder, für das er den Göttern dankbar war.
    „Auf dich trifft so ziemlich gar nichts zu, was für jedes andere Geschöpf unter Tis Sonne selbstverständlich wäre“, sagte er leise.
    „Was denn zum Beispiel?“ Amüsiert verschränkte sie die Arme vor der Brust.
    „Deine Art, sich unbemerkt an jemanden heranschleichen zu können, zum Beispiel. Nicht einmal die Hexen sind da so gut wie du.“
    „Du irrst. Es sind im Gegenteil die Hexen, die mir mein Schleichen erst ermöglichen! Ich kann die Nebelpfade nicht öffnen, ich weiß nur im Voraus, wann eine Hexe den Nebel zu sich ruft, und vermag ihr dorthin folgen. Einmal in der Zwischenwelt angelangt, kann ich gehen, wohin ich will. Es ist allerdings sehr
    nützlich, mit mehreren Hexen befreundet zu sein, die nichts dagegen

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