Soehne des Lichts
weiß das.“
Inani verdrehte innerlich die Augen. Sie hatte kein Verständnis für solch ein unseliges Vergnügen, mit dem Esta ihr Leid pflegte und zur Schau stellte. Fast hätte sie gefragt, warum sich Esta nicht einen neuen Mann suchte, wenn das doch ihr Lebenszweck war; mühsam riss sie sich zusammen. Möglich, dass sie nur hier waren, um einer verbitterten Tochter des Lichts zu helfen, aber etwas sagte ihr, dass weitaus mehr dahinter steckte.
„Vor was fürchtest du dich, Esta? Warum warst du am Hafen?“
„Ihr habt sie gesehen, die Kriegsschiffe, oder? Fürst Cero will die Hauptstadt angreifen.“
„Roen Orm?“, fragte Inani ungläubig.
Esta betrachtete sie spöttisch. „Was sonst? Roen Orm ist schließlich auch bloß eine Sammlung von Häusern und Mauern, wenn man ihren symbolischen Wert beiseitelässt. Die ewige Stadt ist der Mittelpunkt der Welt, gut und schön, niemand sagt, dass es immer das gleiche Volk sein muss, das darin haust.“
„Nun, mit den Soldaten würde Cero vielleicht noch fertig werden, bloß was gedenkt er gegen die Priester zu unternehmen? Das ist Wahnsinn, er schickt seine Krieger in den Tod! Die Elfen sind mit Magie und Schwert an Roen Orms Mauern zerschellt!“
„Das musst du mir nicht sagen, Mädchen.“ Esta verzog missbilligend das Gesicht. „Er hat einige Priester von seinem Plan überzeugen können, es gibt genug, die vom Haupttempel abgefallen sind und ihre eigene Auslegung der heiligen Schriften durchsetzen wollen. Strengere Auslegungen, weißt du.“ Sie senkte ihre Stimme unwillkürlich zu einem Wispern. „Man sagt, der Erzpriester wäre zu weich, dekadent wie alles Volk in Roen Orm, und verschwende zu viel Zeit mit Hexenjagd und Politik. Es gibt genügend Priester die glauben, dass man die einfachen Leute mit viel mehr Nachdruck an Gott binden müsse, mit härteren Strafen und strikteren Gesetzen. Cero verspricht ihnen alles, damit sie für ihn kämpfen. Es sind nicht genug, aber die Wahnsinnigen glauben, Ti würde ihnen im Kampf beistehen, weil sie seine wahrhaftigen Diener sind.“
Inani dachte kurz nach. So etwas gab es immer wieder. Es schien, als würde die Vorstellung von einem großzügigen, gütigen Gott die Menschen zu mehr Rebellion zwingen als ein übermäßig strafender, strenger Herr. Hoffnung, dass alle Menschen freiwillig nach Weisheit und Wissen, nach Liebe und Gleichgewicht strebten, war verfehlt. Rynwolf und seine Vorgänger hatten das durchaus erkannt und predigten dem Volk, was Gut und was Schlecht war, sprachen von Missbilligung und Strafen des Allerhöchsten, wenn man sich vom rechten Pfad abwandte. Sie umgaben sich dabei mit Gold und Prunk, um ihre Macht zu demonstrieren. Das war richtig für Roen Orm, stieß andere jedoch ab, die sich mehr Bescheidenheit und Demut von Gottesdienern wünschten.
Entschlossen riss sie sich von diesen Gedanken los und fragte:
„Was wolltest du also tun, Esta?“
„Cero töten, was sonst? Er treibt sich oft am Hafen herum, um den Bau seiner Kriegsschiffe zu beobachten. Manchmal baut er sogar mit! Natürlich ist er immer von seinen Leibwächtern
umgeben, das wird ihn bloß nicht retten. Ich besitze ein klein wenig Magie, natürlich nicht ausgebildet. Seit Tagen warte ich auf den richtigen Moment, in dem ich ihm eine Kiste oder irgendeine Holzplanke auf den Kopf fallen lassen kann, wenn er gerade unter einer Last einhergeht. Ein tragischer Unfall, weiter nichts, und alles wird gut.“
Corin und Inani tauschten besorgte Blicke. Es klang einfach, verführerisch einfach. Viel zu gut, um wahr zu sein. Selten ließen sich Probleme dieser Art lösen, indem man jemandem etwas Schweres auf den Kopf fallen ließ.
„Esta, du kennst dich besser mit der gesamten Situation aus, wir wollen dir auch ungern dazwischen reden. Falls du nichts dagegen hast, würden wir uns trotzdem gerne selbst einen Überblick verschaffen. Pya hat uns hierher geführt, was nur bedeuten kann, dass ein Attentat auf den Fürsten vielleicht mehr Probleme verursacht als zu lösen“, sagte Inani zögerlich.
„Wenn es nicht zu lange dauert, habe ich soweit nichts dagegen, bloß, wie wollt ihr das schaffen? Ich kann euch zwar Kleidung besorgen, trotzdem seid ihr sehr auffällig.“
„Kannst du mich in den Haushalt des Fürsten einschmuggeln? Braucht er eine Küchenmagd, oder Mätressen? Zur Not kann ich in seinen Palast einbrechen, es wäre allerdings leichter und zeitsparender, wenn ich mich offen bewegen darf.“ Inani griff vorsichtig
Weitere Kostenlose Bücher