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Soehne des Lichts

Soehne des Lichts

Titel: Soehne des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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Feuchtigkeit kriecht nicht so in meine Glieder wie bei dir.“
    Thamar versuchte, es ihr auszureden, aber sie wehrte jede Diskussion barsch ab, bis er sich schließlich vorerst geschlagen gab.
    Tatsächlich erreichten sie etwa eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang eine kleine Stadt. Es schien nur ein Zusammenschluss von einigen Häusern und Gutshöfen zu sein, doch eine starke Mauer schützte die Siedlung, und die Tore waren geschlossen. Thamar hatte auf seiner bisherigen Reise einige Städte und Dörfer besucht, von denen keine einzige davon war so geschützt gewesen war. Die meisten besaßen nicht einmal eine einfache Umfriedung, von Mauern ganz zu schweigen.
    „Es ist dunkel, Avanya. Wenn du meinen Mantel nehmen und ihn etwas raffen würdest, könntest du unter der Kapuze verborgen bleiben“, versuchte Thamar sie zu locken.
    „Nein. Ein einziger neugieriger Blick, und man würde meine Haut sehen, meine Augen. Thamar, ich ...“ Sie wandte beschämt den Kopf zur Seite. „Ich bin einmal von Menschen erwischt worden. Als ich eure Sprache lernen wollte, und so neugierig auf dein Volk war, da bin ich unvorsichtig gewesen. Sie hatten panische Angst vor mir. Hexe! , haben sie geschrien, und Ein Geist, der Finsterling ist unter uns! Alle Legenden und Geschichten meines Volkes erzählen nichts als Schlechtes, wann immer ein Nola und ein Mensch aufeinander stoßen. Ein jeder fürchtet, was er nicht kennt, und Menschen kennen nun einmal keine Wesen mit leuchtenden Augen und glimmender Haut.“
    „Haben sie dir weh getan?“, fragte Thamar entsetzt. Er wusste genau was ein entfesselter Mob von abergläubischen Bürgern alles anrichten konnte, er hatte es gesehen, mehr als einmal. Frauen, die mit bloßen Händen in Stücke gerissen wurden, weil jemand Hexe gerufen hatte, Kinder, die zu Tode geschlagen wurden, weil sie merkwürdige Missbildungen besaßen ...
    „Nein. Sie hätten es vielleicht, wenn ich nicht fortgerannt wäre, sie hatten solche Angst vor mir. Bitte, nimm mich nicht mit dort hinein! Du meinst es gut, aber versteh doch, es würde nicht Gutes daraus entstehen“, flehte Avanya.
    „Dann bleibe ich mit dir hier“, versuchte er es noch einmal.
    „Wie kann ein Mensch, der nichts mit Steinen zu schaffen hat, nur sturer als ein Granitbrocken sein?“, schimpfte die Nalla mit kaum verborgenem Lächeln. „Thamar, zum letzten Mal: Geh da rein, bring dich vor dem Sturm in Sicherheit. Morgen treffen wir uns wieder.“
    Er verzog das Gesicht, was Avanya zu zeigen schien, was er wirklich fürchtete.
    „Du glaubst, ich bin morgen früh nicht mehr hier? Dass ich dich heimlich zurücklasse, um meinen Tod in einer einsamen Höhle zu suchen?“
    Zögerlich nickte er.
    Mit langsamen Bewegungen löste Avanya ihre Kette mit dem Bergkristallanhänger und hielt sie ihm entgegen.
    „Nimm sie. Ich kann mich zwar auch ohne sie verwandeln, trotzdem würde ich es niemals tun. Nur mit diesem Kristall könnte ein Angehöriger meines Volkes feststellen, wer ich bin. Selbst wenn ich mich auf ewig versteinern wollte, ich könnte es nicht ohne die Gewissheit, dass ich eines Tages gefunden würde. Dass meine Familie, oder die Nachfahren zumindest, erfahren können, was aus mir wurde.“
    Entsetzt winkte Thamar ab. „Ich kann das nicht! Avanya, das kannst du mir nicht geben!“ Schockiert starrte er auf das Kleinod aus ungeschliffenem Kristall. Es war wie ein Nola geformt, ein wunderschönes Kunstwerk, kleiner als sein Daumen. Er hatte gesehen, wie wertvoll der Anhänger für sie war, wie oft sie unbewusst danach gegriffen hatte, als wollte sie Kraft schöpfen.
    „Wenn du mir sonst nicht vertrauen willst, und ich dich anderweitig nicht aus dem Sturm halten kann, ja, dann kann ich es dir geben! Nimm es, und bring es mir morgen früh zurück.“
    Thamar wollte etwas erwidern, aber plötzlich erstarrte er. Worte hallten in seinem Kopf wider, Worte, vor noch nicht allzu langer Zeit gesprochen: „ Nimm an, was sie dir geben wird.“
    Maondny hatte das gesagt, als sie sich von ihm verabschiedet hatte, ganz nebensächlich, ohne zu erklären, von wem oder was sie sprach. Konnte es denn sein ...? Oh Ti, allsehender Gott!
    Eine Ahnung von nahendem Unheil überfiel ihn.
    Avanya sah sein Zögern, drückte ihm kurzerhand den Anhänger in die Handfläche und schloss seine Finger darüber.
    „Behüte es gut“, sagte sie und nickte ihm zu.
    „Avanya“, begann er, doch sie hatte sich bereits umgewandt und eilte so schnell davon, dass er sie schon

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