Soehne & Liebe der Nacht
ist kein Wunsch, sondern ein Befehl. Die Auserwählte bleibt unversehrt. Ich schicke euch Cara, eine neue Verbündete, ich wünsche, dass sie eure Unterstützung findet. Noch heute Nacht werde ich auferstehen.“ „Ich werde dafür sorgen, dass deine Anweisungen befolgt werden und alles getan wird, um Cara zu unterstützen.“
„Ich verlasse mich auf dich, Sohn!“
33
Henrys Blick haftete wie gebannt an Lara. Er war gekommen, sie zu töten. Wieder fühlte sich Henry bei ihrem Anblick innerlich zerrissen. Es überfielen ihn Gefühle der Schwäche, die das Gute in ihm aufflackern ließen. Lara war das Abbild der Frau, die in ihm Wünsche und Hoffnungen geweckt hatte, an die er vorher nie glauben durfte. Sie war das Abbild der Frau, die einen Körperteil in ihm belebt hatte, der sonst nur kalt und emotionslos in ihm schlug. Mit bohrenden Augen beobachtete Henry, wie Lara aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte. Sie wirkte benommen und zog an ihren Stricken, mit denen ihre Hände an einen Stuhl gefesselt waren.
„Aufgewacht, Auserwählte?“, fragte er so kühl wie möglich.
„Lass mich frei, Vampir“, fauchte Lara ihn an.
„Wir sind keine Vampire.“ Henry gab ein knurrendes Geräusch von sich. „Wir sind eine edle Rasse, geschaffen aus dem göttlichen Blut unseres Schöpfers“, zischte er.
„Ich kann nichts Edles an dir entdecken, Mörder.“ Verächtlich sah Lara Henry an, der sich breitbeinig vor ihr aufgebaut hatte. Ihr stockte der Atem als sie den Dolch in seinen Händen sah, der die letzten drei Monate jede Nacht den Weg in ihr Herz gefunden hatte.
„Ich habe sogar ein sehr edles Teil. Wenn du brav bist, zeig ich es dir vielleicht.“ Henry schenkte Lara ein süffisantes Lächeln.
„Wie kommt es, dass du mich mit deiner fragwürdigen Persönlichkeit belästigst, solltest du nicht die Nachtluft einatmen und unschuldigen Frauen in die Hälse beißen?“, fragte Lara betont provozierend.
„Heute Nacht gilt meine ganze Aufmerksamkeit dir.“ Henry schenkte ihr ein umwerfendes Lächeln, das sie wirklich besiegt hätte, wüsste sie es nicht besser.
„Du hast meine Schwester ermordet, du Scheusal. Ich verzichte auf deine Aufmerksamkeit!“
„Du klingst energisch, wie deine Großmutter. Gott habe sie selig. Sie war eine kämpferische Frau, ganz nach meinem Geschmack.“ Grinsend sah Henry in Laras Gesicht. „Ich habe deiner Großmutter vor drei Monaten einen Höflichkeitsbesuch abgestattet, ihr Herz spielte völlig verrückt vor Freude. Ihre letzten Gedanken galten dir, sie sagte, kurz bevor ihr liebendes Herz aufhörte zu schlagen, du würdest mir nie verfallen, doch jetzt sieh uns an Lara. Ich steh vor dir als dein Schicksal und du bist völlig gefesselt von mir.“
In Laras Augen glitzerten Tränen und ihr Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen. „Fahr zur Hölle, Mörder“, erwiderte Lara mit gebrochener Stimme und funkelte Henry mit hasserfüllten Augen an.
„Ich komme wieder.“ Henry ignorierte Laras Blick und wandte sich ab. Er war sich selber fremd. Fest umklammerte er den Dolch in seiner Hand. Seine Bestimmung war es, sie zu töten, und doch verließ er den Raum und die Auserwählte lebte noch. Henry atmete tief durch, das Böse starb in ihm und er war völlig machdos dagegen.
34
Endlich allein, ließ Lara ihren zurückgehaltenen Tränen freien Lauf. Durch einen tränenverschleierten Blick schaute sie sich in ihrem Gefängnis um und atmete die modrige Luft ein, die sie umgab. Spinnweben verzierten die Wände und die Regale, auf denen noch Utensilien einer längst vergangenen Zeit standen. Durch das kaputte Fenster drang die kühle Morgenluft herein und ließ sie frösteln. Die Angst hielt ihr Herz fest umklammert, die Kälte ergriff von ihr Besitz und schrieb darauf die Botschaft ihres nahestehenden Todes. Lara schloss die Augen und sah Gabriels lächelndes Gesicht. Schmerzlich traf sie die Erkenntnis, dass der Mann, den sie liebte, sie nie in ihrem Versteck, von dem sie selbst nicht wusste, wo es sich befand, finden würde. Quälende Gedanken versetzten Lara in Panik und ließen ihr Herz heftig schlagen. Wie viele Stunden, Minuten oder Sekunden würde sie noch leben? Wem würden ihre letzten Gedanken gelten, Gabriel, Diana oder ihrer Großmutter? Wie fühlte es sich an, wenn eine scharfe Klinge sich durch ihre Kehle zog? Lara sah aus dem Fenster ins Blau des Himmels hinein und fand Trost in dem Gedanken, dass sie bald mit Diana vereint sein würde.
35
„Wo bleibt sie?“,
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