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Söhne und siechende Seelen

Söhne und siechende Seelen

Titel: Söhne und siechende Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alper Canıgüz
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Körper elektrochemisch in eine organische Substanz und nisten sich im Corpus callosum ein.«
    »Also in dem winzigen Nerv, der die beiden Hirnhemisphären miteinander verbindet«, erklärte ich mit blitzenden Augen meinem an Anatomiekenntnissen armen Publikum.
    »Genau an diesem kritischen Punkt erwartet dich ein Monster.«
    Steckte in diesem Satz nicht etwas Merkwürdiges, in Öztürk nicht etwas Heuchlerisches? »Wieso erwartet es nur mich, mein Freund? Haben Sie etwa Wichtigeres zu tun, dass Sie mich bei diesem Rendezvous allein lassen? Eigentlich sollte das zwischen Helden kein Thema sein, schreiben Sie es einfach meiner Neugier zu.«
    »Bei diesem Abenteuer sind Sie leider allein, mein Freund«, brachte Öztürk sein Bedauern über sich oder sein Schicksal zum Ausdruck. »Denn es gibt nur einen Weg, diesen Vergangenheitsfresser zu erreichen und …«
    »Ah, in der Tat. Den gibt’s ja auch noch«, unterbrach ich ihn. »Wie finden wir diese gottverdammte Kreatur?«
    »Mit Hilfe des Superverkleinerers unseres Erzfeinds Fanzager
(Aus dem Abenteuer: »Tollpatschiges Bewusstsein«)
. Sie werden sich erinnern, wie sehr Sie sich über mich lustig machten, als ich emsig die Betriebsanleitung des Superverkleinerers durcharbeitete. Aber heute, während ich das Gerät meisterhaft zu bedienen imstande bin, können Sie nur die Position des Probanden einnehmen.«
    »Sie meinen also, ich werde es nicht verstehen, wenn Sie es mir erklären?«, insistierte ich.
    »Garantiert nicht«, erwiderte Öztürk, seltsamerweise ohne einen Anflug von Wut. »Jeder kleinste Fehler könnte in einer Katastrophe enden. Außerdem – glauben Sie etwa, dass es leicht für mich ist?«
    ›Meinen größten Rivalen in das Gehirn der Frau zu schicken, die ich liebe‹, wollte er sagen, konnte es aber nicht. Ich respektierte seinen Schmerz. »Wenn das so ist, gibt es nur noch einen Punkt, der angesprochen werden muss«, sagte ich abschließend. »Duygu Hanıms entsetzlichste Erinnerung. Ich bin sicher, dass Sie sie kennen.«
    Öztürk schüttelte den Kopf. Ich akzeptierte diese Antwort. Auf einmal befanden wir uns in Öztürks Labor. Der Erzähler erwartete, dass die Betrachter die dazwischen liegenden Sequenzen aus ihrer eigenen Fantasie füllten. Dabei handelte es sich um unwichtige Sequenzen. Öztürk war gekleidet wie ein Laborant, ich selbst in einer Weise, die ich im Moment nicht schildern kann. Duygu Hanım krümmte sich auf einer einfachen, an die Wand genagelten Liege auf eine Art, die ich – hätte ich nicht gewusst, dass sie von den Vergangenheitsfressern besessen war – als erregend bezeichnet hätte. Öztürks Stimme riss mich aus meinen wollüstigen Träumen. In dem Augenblick war sie erklärend. Der Wille zu überzeugen schwang nicht mit. »Mit dieser Spritze werde ich Sie in Duygu Hanıms Körper befördern.« Diesmal wirkte Öztürks Stimme aufzeigend. Die Spritze war allerdings nicht beängstigend. »Ich werde sie unter die Zunge setzen, damit Sie das Gehirn erreichen, ohne von der Blut-Hirn-Schranke aufgehalten zu werden.«
    »Was bedeutet Blut-Hirn-Schranke?«, fragte ich, obwohl ich wusste, dass ich mit dieser unprätentiösen Frage mein Schicksal nicht bestimmen konnte.
    »Der Körper ist hochintelligent, mein Freund. Er mag es nicht, dass allzu viel ins Gehirn strömt. Deshalb hat man es in einen stabilen Schädel eingepackt. Und hinter eine Art Chinesische Mauer, um die Gefahren abzuhalten, die vom Körper ausgehen. Ich gebe Ihnen ein Bypass-Ticket.«
    »Achillesunterzunge!«, rief ich aus.
    »Wenn sich meine Annahmen als richtig erweisen, werden Sie fünfzehn Sekunden, nachdem Sie den Hypothalamus passiert haben, im Broca-Areal ankommen. Dort wird Ihnen jeder, den Sie fragen, das Corpus callosum zeigen; ich kann Ihnen sogar eine detaillierte Wegbeschreibung versprechen. Es handelt sich nämlich um das Sprachzentrum.«
    »Okay, nehmen wir an, ich finde diesen verdammten König. Was soll ich dann anstellen? Wie kann ich ihn bekämpfen und danach sein Foto in unsere Galerie der besiegten Feinde aufnehmen?«
    »Genau das wissen wir nicht«, sagte Öztürk nonchalant. »Wir denken aber auch, dass Ihre Unwissenheit von Vorteil für Sie ist.«
    Wer zum Teufel seid ihr? »Wieso?«
    »Unschuld ist immer von Vorteil«, gab Öztürk in für seine Verhältnisse genialer Weise zur Antwort. »Alles Gute! Töte den König und komm zurück.«
    Da musste auch ich einen Satz von mir geben, der in die Geschichte eingehen sollte: »Man weiß

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