Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
den schockierten Blicken von Ksilian und Qwotilia einige überhastete Schritte vorwärts und versucht die Eismurrgs mit einigen kräftigen Hieben seines Schwertes auf Abstand zu halten. Qwotilia sieht die todbringenden Pranken der Eismurrgs ihren Freund bereits in Stücke reißen, als der Eishexer zwischen den nackten, gefrorenen Felsen auftaucht. Er bleibt stehen, ohne Regung. Das Eismurrg-Weibchen dreht sich zu ihm um, während sich die beiden anderen Tiere hinter ihr verstecken und der Rest der Gruppe, der noch vor wenigen Minuten seine Anführerin mit tiefen, brüllenden Schreien anfeuerte, sich in die Hügel flüchten.
Sie reißt ihr gewaltiges Gebiss auf, um dem Eishexer zu demonstrieren, dass sie ihm gegenüber keine Furcht empfindet und zu Recht die Anführerin des Rudels ist. Ksilian, Qwotilia und Tralian spüren eine leichte, aber ansteigende Vibration des Bodens. Der Eishexer schließt die Augen. Keiner der drei Freunde kann verstehen, welch mysteriöser Zauber gerade über seine Lippen kommt. Plötzlich schießen zwei kräftige, spitze Eissäulen aus dem gefrorenen Boden hinauf, die die Körper der beiden Eismurrgs hinter ihrer Anführerin aufspießen.
Qwotilia blickt schockiert auf die heulenden Gestalten, die von Eis durchbohrt an den frostigen Zapfen hängen. Doch ihre schmerzerfüllten Schreie dauern nur wenige Augenblicke, bevor ihre zerstörten Körper leblos erschlaffen. Ksilian und Tralian beobachten die Reaktion des Eismurrg-Weibchen, das vorsichtig versucht, etwas Abstand zwischen sich und den Eishexer zu bringen. Des Eishexers Augen öffnen sich wieder. Das vor Kraft und Stolz protzende Eismurrg-Weibchen verliert völlig die Kontrolle über seinen Körper und erhebt sich, begleitet von einem mitleiderregenden, um ihr Leben fürchtenden Jaulen, einige Meter in die Lüfte. Den drei Freunden bietet sich ein verstörendes Bild, als der Eismurrg, in der Luft schwebend, wie von einer unsichtbaren, sich zu einer Faust zusammenschließenden Hand zerdrückt wird. Bei lebendigem Leibe brechen die Knochen in ihrem Körper und bohren sich durch ihr schneeweißes Fell. Qwotilia hält sich schockiert die Ohren zu und schließt ihre Augen. Das Blut tropft auf den durch die Eissäulen aufgerissenen Boden. Eingeweide quellen heraus. Ohne scheinbar nur einen Muskel seines Körpers zu bewegen, hat der Eishexer die Kontrolle über das Eismurrg-Weibchen.
Während dieses kaum noch als solches zu erkennen ist und in den Augen der drei Jugendlichen nur noch wie ein blutiger Klumpen aus leblosem Fleisch, weißem Fell und zerbrochenen Knochen in der Luft schwebt, atmet der Eishexer kräftig aus und schleudert die zu Tode gepeinigte Kreatur gegen die steinerne Felswand. Tralian und Qwotilia sind bestürzt. Sie fürchten die Eismurrgs. Seit ihrer frühesten Kindheit wurde ihnen, wie jedem Kind der Nordberg-Eiserlinger, die tödliche Gefahr, die von diesen machtvollen Tieren ausgeht, immer wieder eingebläut. Gleichzeit wird den Eiserlinger Kindern aber auch Respekt und Ehrfurcht vor den sechsbeinigen Giganten gelehrt. Sie sind die wahren Königinnen und Könige der Eiswüste. Und eine solche Königin liegt nun, ohne, dass sie die Gelegenheit hatte, um ihr Leben zu kämpfen, buchstäblich gebrochen am Hange eines namenlosen, unscheinbaren Hügels irgendwo im Niemandsland.
„Das war höchst beeindruckend“, sagt Ksilian erleichtert und zieht die verständnislosen Blicke seiner Schwester und von Tralian auf sich, „Ich danke dir für deine Hilfe.“
„Das kann unmöglich dein ernst sein“, ruft ihm seine Schwester mit Tränen in den Augen zu, während der Eishexer ihm gönnerhaft zunickt, „Du bedankst dich für seinen feigen Mord an dieser Kreatur? Und ich dachte, Großvater hätte dir den nötigen Respekt vor den Geschöpfen der Natur beigebracht.“
„Was willst du eigentlich von mir?“, faucht Ksilian seine Schwester an, „Du hast mehr Angst vor den Eismurrgs als jeder andere von uns. Hätte einer von uns diesem Ungeheuer den Kopf abgeschlagen, würdest du keine Tränen vergießen.“
Doch Qwotilia bringt nicht die Kraft auf, um mit ihrem Bruder zu diskutieren. Sprachlos nimmt sie die Worte Ksilians zur Kenntnis, als wenn ein Fremder sie ausgesprochen hätte.
„Der Eismurrg ist tot. Wir sind in Sicherheit“, bringt sich Tralian in das Gespräch ein, „Das zählt.“
„Das will ich meinen“, erwidert der Eishexer mit einem selbst-zufriedenen Lächeln, das Tralian in den letzten Stunden schon
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