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Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)

Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)

Titel: Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Bergemann
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Augen nicht. Aus den dichten und eng zusammenstehenden Bäumen und Büschen stürmt eine Gruppe Einhörner an ihm vorbei. Durch die kräftigen Schläge der prächtigen Tiere auf dem feuchten, blutroten Waldboden spritzen warme Tropfen des widerlichen Morasts in Lithans Gesicht.
    „Der Weg führt nach Norden“, meint Bithan mit einem unheilvollen Grinsen. Als sich Lithan zu seinen beiden Freunden umdreht, kann er nur noch tatenlos mit ansehen, wie beide durch die Spitzen der Einhörner durchbohrt und an die toten Bäume geschleudert werden. Das Licht des Mondes färbt sich dunkelrot. Lithan ist wie gelähmt. Er schafft es nicht, auch nur einen Schritt auf seine Freunde zuzugehen. Watin und Bithan, beide mit den abgebrochenen Einhornspitzen in ihrer Brust, hängen an dem toten Holz. Das Blut läuft aus ihren tiefen Wunden und ihren grinsenden Mündern.
    Das Flüstern kehrt zurück. „Der Morgen wird kommen. Führe uns zum Dämon im Norden.“
    „Welcher Dämon?“, fragt Lithan panisch, „Was ist hier los?“
    „Der Dämon in seinem Land aus Eis, schürt das Feuer, wie jeder weiß“, erwidern die wieder lauter werdenden Stimmen.
    „Das Land aus Eis? Ihr meint, ich soll euch in den Norden führen?“, vergewissert sich Lithan. Ihm wird klar, dass er sich in einem Albtraum, vielleicht sogar in einer Vision der Einhörner befinden muss.
    „Der Weg aus Feuer, Angst und Blut, verleiht dem Hüter Kraft und Mut“, antwortet das Flüstern.
    „Ich gehe diesen Weg, wenn es das ist, was ihr von mir verlangt“, verkündet Lithan aus voller Kraft.
    „Aber verlaufe dich nicht“, erwidert Bithan mit einem gehässigen Kichern. Als sich Lithan zu seinen beiden Freunden umdreht, hat sich die Haut der beiden blau gefärbt. Ihre Gesichter sind überzogen mit tiefen, blutigen Narben. Pechschwarzes Haar hängt ihnen tief ins Gesicht.
    „Was ist passiert?“, fragt Lithan schockiert.
    „Der Dämon“, antwortet das Flüstern eindringlich.
    „Du weißt doch, was passiert, wenn du den Befehlen der Stimmen nicht folgst, Lithan“, meint Watin mit einem durchtriebenen Grinsen in seiner dämonischen Fratze.
    Bithan nickt zustimmend, während tropfendes Blut aus seinem endlos grinsenden Mund läuft. „Genau. Du wirst eingesperrt in einem viel zu engen Verlies, dunkel, ohne frische Luft zum Atmen. Wir hatten dort jedenfalls unseren Spaß dabei, für die Schuld eines anderes zu sühnen, oder Watin?“
    „Oh ja“, antwortet dieser hämisch.
    „Höre nicht auf das Echo der Finsternis“, warnt Lithan eine männliche Stimme. Lithan dreht sich um und sieht Farran in greifbarer Nähe.
    „Was machst du denn hier?“, fragt er überwältigt vor Freude. Doch Farran hat keine Gelegenheit zur Antwort. Lithan möchte auf ihn zustürmen, schaut sich aufgeregt um und entdeckt lediglich das Fenster seines Zimmers, durch welches das Mondlicht hindurchschimmert. Der feucht-warme Schlamm unter seinen Füßen ist verschwunden. Lithan spürt die kratzige Matratze seines Bettes unter sich und die dünne, luftdurchlässige Decke über sich.
    Ein Traum. Aber was für ein Traum. Die Einhörner müssen irgendwie die Kontrolle übernommen haben . Aus den Gängen vor seiner Zimmertür und dem Innenhof ist noch nichts zu hören. Es muss noch früh sein. Vielleicht sogar noch mitten in der Nacht. Doch Lithan ist wach. Er grübelt über seinen Traum. Ihm ist klar, dass alles erlebte nur ein Theaterstück seines Unterbewusstseins war. Doch er kann sich an jedes Flüstern, an das Gefühl des blutigen Schlammes an seinen Füßen und an die Worte über den Dämon im Norden erinnern. An seinem ganzen Körper bekommt er Gänsehaut. Er zittert, wenn er an Watin und Bithan denkt, die von Einhörnern aufgespießt an den toten Bäumen hängen und ihn vom Wahnsinn besessen angrinsten. Erst, als ihm einfällt, dass Farran ihm ebenfalls in seinem Traum begegnet ist, entspannt sich Lithan etwas.
    Er hat etwas gesagt. Was hat er nur gesagt? So sehr sich Lithan auch an Farrans Worte zu erinnern versucht, fallen sie ihm einfach nicht mehr ein. Nur an Farrans Gesicht kann sich Lithan erinnern. An sein Lächeln. Seine sanfte Haut. Seine leuchtend grünen Augen. So viele schöne Momente mit dem selbstbewussten, ehrlichen und liebevollen jungen Mann kehren in Lithans Gedächtnis zurück. Seine Anspannung löst sich, während die Erinnerungen an Farran ineinander verschwimmen. So sehr er es vor wenigen Minuten noch für unmöglich hielt, nach diesem Traum wieder Ruhe und Schlaf

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