Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
wirst du hoffentlich auch in den Krieg schicken“, sagte Faana enttäuscht und angewidert, während sie den Raum langsam wieder verließ. Botin trafen diese Worte so hart wie der schmerzhafteste Schlag eines feindlichen Schwertes. Enttäuscht von der Äußerung seiner Frau dreht er sich um und folgt ihr.
„Du willst jetzt nicht ernsthaft ein solches Gespräch führen wollen, oder?“, fragte er sie entsetzt, während die Trauer in ihm aufstieg und Tränen in seine Augen schoss.
„Wieso nicht?“, rief sie ihrem Mann aufbrausend zu. Er packte sie am Arm und versuchte, sie etwas zu sich zu ziehen.
„Unser Sohn ist tot. Und ich würde meine Frau gerne in den Arm nehmen“, antworte er, während er die Kontrolle über seine Trauer verlor und ihm die Tränen unkontrolliert über sein Gesicht liefen.
Faana zog ihren Arm zurück, als sie die Berührung ihres Mannes spürte. Sie konnte ihm nicht verzeihen, dass er nach dem Fortgang ihres Sohnes und nach der Entfremdung zwischen den beiden, die sie mit verursachte, eines Tages von Botin erfahren hat, dass er eine andere Frau kennengelernte. Diese Liebelei blieb nicht von Dauer, doch sie hat endgültig einen Keil in die Beziehung zwischen ihnen getrieben. Nach ihrem anfänglichen Zögern nahm sie Botin in den Arm und drückte ihn fest an sich.
„Ich hasse dich“, sagte sie. Zögernd, aber zärtlich, streichelte sie seinen Hinterkopf. Beide standen in dem Zimmer, neben dem ihr toter Sohn aufbewahrt war, und lagen sich vor Trauer weinend in den Armen.
Die Beisetzung fand einige Tage später statt. Aus Rücksichtnahme auf seine Frau fanden die Trauerfeier und die Beerdigung ausschließlich im privaten Kreis und ohne Ehrung durch das Heer statt. Die Trauer und dieser grauenhafte Verlust haben es Botin und Faana schwer gemacht, dort anzuknüpfen, wo einst ihre Schwierigkeiten begonnen hatten. Botin hat seine Position als Hauptmann der Seestreitkräfte aufgegeben. Er empfand bis heute nie wieder Freude an der Seefahrt. Zu groß und zu schmerzhaft sind die Erinnerungen an diesen schrecklichen Tag, an dem er nicht nur seine Heimatstadt brennen sah, sondern auch Abschied von seinem Sohn nehmen musste. Die Beziehung zu seiner Frau blieb in den Monaten nach Ratins Beisetzung angespannt. Beide konnten nicht mit diesem schmerzlichen Verlust umgehen. Wie sollte sie auch. Faana, so sehr sie sich bemühte, die Vergangenheit ruhen zu lassen, machte Botin immer wieder Vorwürfe der Schuld. Es gab Momente, in denen Botin diese über sich ergehen lassen konnte. Faana ist eine religiöse Frau, auch wenn sie, wie die meisten Bewohner von Desessil, nicht so streng in der Auslegung ihres Glaubens war wie die Hurth im übrigen Land. Dafür ist der Einfluss anderer Kulturen in einem offenen Hafen wie diesem zu groß und so hat sich im Laufe der Jahrhunderte eine gewisse Toleranz gegenüber liberaleren Anschauungen auf Gott in dieser Stadt entwickelt. Doch auch bei aller Mühe und Anstrengung könnte Faana nicht genug Toleranz aufbringen, um ihrem Mann seine Fehler zu verzeihen. Auch wenn sie es immer abstritt, glaubt Botin bis heute, gibt sie ihm noch immer Mitschuld an dem Tod ihres gemeinsamen Sohnes. Botin hat sich etwa ein halbes Jahr nach Ratins Tod dem Landheer der Hurth angeschlossen und ist seitdem nicht mehr nach Hause zurückgekehrt.
Im alt-rashanischen Kloster.
Noch immer liegt eine kühle, windige Dunkelheit über dem Kloster. Obwohl Botin Eisenfels und seine Einheit das Angebot des Ordensvaters nutzen wollten, um sich auszuruhen und auf den langen Marsch nach Bilanis Ixis vorzubereiten, hat Botin in dieser Nacht nur wenig Schlaf bekommen. Eine Nacht ist zu kurz, um sich an die harten, schmalen Betten und die Enge der Gästezimmer zu gewöhnen. Botin ist sich dabei durchaus bewusst, dass er als Hauptmann den Vorteil hat, das Zimmer für sich allein zu haben, während seine Kameraden aus Mangel an erforderlichen Zimmern zu zweit oder gar zu dritt in den Räumen schlafen müssen. Vor wenigen Minuten hat Botin die Augen geöffnet. Er hat keine Anhaltspunkte, um ungefähr abzuschätzen, wie früh es gerade ist. Die Position der Sterne kann ihm dabei nicht helfen, da er von seinem Bett nicht aus dem Fenster schauen kann. Und Tageslicht fällt auch noch nicht in sein Zimmer. An seinen Füßen spürt er die Kälte, die von draußen herein zieht. Haben ihn seine kalten Füße wach gemacht? Oder war es doch eher der Umstand, dass er einfach keine richtige Position zum Schlafen
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