Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
aufgefallen, dass sein Vater die strenge Zurückhaltung im Umgang mit seiner Familie ablegt.
Nach seiner schweren Verletzung, die er sich bei der Schlacht am Drei-Flüsse-Dreieck zugezogen und dabei seinen linken Arm verlor, bröckelte die harte und kühle Fassade des Familienvaters immer mehr.
„Mein Sohn, es ist schön, dich zu sehen“.
„Ich freue mich auch dich zu sehen, Vater“, erwidert Elythias.
Er ist diesen vertrauten Tonfall seines Vaters nicht gewohnt. Beinahe vollständig von den Vorhängen und dem trüben Tageslicht umhüllt steht Aryk, der weiße Seher des Königs, auf der linken Seite des Throns. Sein silbernes, dünnes Haar weht in das ausgedörrte Gesicht. Dieses ist leblos bleich, wie seine schneeweiße Kleidung. Die roten, wimpernlosen Augen scheinen zu glühen. Elythias ist den Anblick dieses ewig schweigenden Schattens in der Nähe seines Vaters gewohnt. Nie hat er auch nur ein Wort über Aryks schwarze Lippen kommen sehen. Doch wie jedem Herrscher Vylithiens steht dem valesianischen König ein weißer Seher mit Rat und der Deutung seiner Träume zur Seite. Der König ist den Fragen seines Sohnes auf die Herkunft der Seher stets ausgewichen. Mit blutig ausgeschmückten Geschichten über die Ursprünge der Seher haben Elythias und seine Geschwister so manchen Abend verbracht. Doch es war sein Onkel Nathynias, der Bruder des Königs, der unbedacht von den Schneebergen des Hexenlandes als Heimat der Seher sprach. Elythias wird nach dem Tode seines Vaters nicht nur die Krone Valesias erben, sondern auch die Gesellschaft dieses bleichen Schattens.
König Vynithias XII. hört die Sorge seines Sohnes in Bezug auf sein Verhalten heraus. Er versucht, auf eine sachliche Ebene zurückzukehren. „Was gibt es von der Schlacht zu berichten?“, fragt er, während er langsam wieder zu seinem Thron zurückkehrt.
Elythias weiß, dass der König seine persönlichen Informanten hat, die ihn schon längst über den genauen Verlauf und den Ausgang informiert haben.
„Wir waren siegreich, Vater“, antwortet er.
„Wie ich hörte, hat uns das Feuer Drachen entgegen geschickt?“
„Zwei“, antwortet der Prinz und senkt andächtig seinen Blick, „Sie haben viele Männer getötet, bevor wir sie in die Flucht schlagen konnten.“
Der König seufzt. „Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Feuerkönige all ihre verbleibenden Drachen entsenden, um die Stadt endgültig zu vernichten.“
„Davon können wir ausgehen, Vater“, bestätigt Elythias mit einem zögernden Nicken.
Für einen Augenblick scheint der König abwesend, verloren in seinen dunkelsten Gedanken. „Bis zu welchem Tor ist der Feind vorgedrungen?“
Elythias geht die sechs Tore, die auf den Weg zum königlichen Palast über die großen Straßen der Stadt passiert werden müssen, vor seinem geistigen Auge von außen nach innen durch. Das Glastor, das Falkentor, das Pferdetor, das Sirenentor, das Drachentor und das Kriegertor. „Wir konnten den Feind zurückdrängen, bevor er das Sirenentor durchbrochen hat.“
Der König schüttelt entsetzt sein ergrautes Haupt. „Der Feind durchdringt unsere Verteidigungslinien viel zu schnell.“
„Glaubst du nicht, dass es Zeit wird, die Stadt aufzugeben?“, der Prinz schaut in die kraftlosen Augen seines Vaters, „Aqilon ist verloren.“
Sein Vater reagiert, wie es Elythias bei diesem Thema von ihm erwartet. Er erhebt sich wieder von seinem Thron. „Ich hab es dir nicht nur einmal gesagt, ich hab es dir mehrfach gesagt. Wir werden die Stadt so lange halten, bis wir sicher gehen können, dass eine Neuformierung unserer Truppen und die Arbeit des Rates in Bilanis Ixis tatsächlich Aussicht auf Erfolg haben. Und bis dahin werden wir die gläserne Stadt halten und verteidigen.“
Elythias kann den Standpunkt seines Vaters nachvollziehen. Auch er glaubt, dass Aqilon eine sehr wichtige Rolle im Krieg gegen die Feuerkönige spielt und ganz Valesia fallen könnte, wenn die Hauptstadt erst einmal eingenommen ist. Doch es ist ein Kampf ohne Aussicht auf Erfolg, und es schmerzt ihn zu sehen, wie er und sein Vater mit ansehen müssen, wie ihre ohnehin schon in Trümmern liegende Heimatstadt mit jedem weiteren Angriff der Mächte des Feuers mehr und mehr zu Staub zerfällt.
„Dann bitte ich dich, Vater, geh nach Naqor Ildi zu Mutter und den anderen. Dort ist das gesamte Heer stationiert, und du könntest viel schneller in das Kriegsgeschehen eingreifen. Aqilon kann auch ohne deine Anwesenheit
Weitere Kostenlose Bücher