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Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)

Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)

Titel: Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Bergemann
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einschmiert und welche nicht, so denkt Lithan, wäre auch er vermutlich mürrisch. Nun sitzt er wieder auf der kleinen Bank im großen Innenhof. Die Stunde zwischen der Salbung und dem nächsten Gebetsritual verbringt er seit seiner Unterhaltung mit Botin vor drei Tagen fast immer mit der Beobachtung der Einhörner. Er scheut sich davor, sich die Frage zu stellen, warum die Beobachtung dieser Wesen eine so faszinierende und beruhigende Wirkung auf ihn hat. Das Geräusch sanfter und langsamer Schritte ist zu hören. Lithan dreht sich um. Es ist Yuthian Silberberg, der Ordensvater. Ohne Begleitung seines üblichen aus zwei Brüdern bestehenden Gefolges kommt er auf Lithan zu.
    „Lithan“, ruft er dem jungen Klosterbruder mit übertriebener Freundlichkeit zu, „Mir wurde gesagt, dass ich dich hier finde.“
    Obwohl sich Lithan in seiner Ruhe und dem Moment der Entspannung gestört fühlt, bringt er den nötigen Respekt auf, erhebt sich und antwortet, während er demütig auf den Boden schaut. „Vater. Ihr ehrt mich mit Eurer Anwesenheit.“
    Die Worte fallen Lithan schwer und er kämpft darum, seine Zweifel gegen diese gesamte Einrichtung und ihrem Vorsteher vor Yuthian zu verbergen.
    „Steh‘ auf, mein Sohn“, bittet Yuthian großzügig und weist mit seiner Hand auf die leere, kleine Bank, „Setzen wir uns.“
    „Wie Ihr wünscht, Vater“, bestätigt Lithan.
    „Es kam mir zu Ohren, das du in den letzten Tagen viel Zeit hier verbringst“, verkündet der Klostervater.
    „Nur in den freien Minuten, Vater“, versucht sich Lithan zu erklären, „Ich versäume keines der Rituale.“
    „Mir war nicht bekannt, das wir hier Zeit für freie Minuten haben“, versucht Yuthian mit einem Schmunzeln zu scherzen. Lithan kann und will sich keine Mühe geben, auf die gespielte Heiterkeit des Klostervaters zu reagieren.
    „Sag mir, Lithan, welche Gefühle löst der Blick auf Gottes Abgesandte bei dir aus, wenn du sie beobachtest?“, möchte Yuthian wissen.
    Lithan muss überlegen. Sagt er das, von dem er glaubt, das Yuthian es hören möchte, oder ist er ehrlich.
    „Wieso fragt Ihr mich das?“, fragt Lithan beunruhigt und verliert sich etwas in Respektlosigkeit, „Möchtet Ihr das von den anderen Brüdern auch so genau wissen?“
    „Nein. Bei meinen anderen Brüdern weiß ich um die Gefühle und Gedanken und ihren unerschütterlichen Glauben an Gott“, antwortet Yuthian und versucht verständnisvoll zu bleiben, ohne Lithan für seine respektlose Gegenfrage zu tadeln.
    „Ich hätte wissen müssen, das Watin und Bithan zu Euch gelaufen kommen“, versucht sich Lithan enttäuscht das Interesse Yuthians in Erinnerung an das Gespräch mit den beiden Jungs zu erklären. Doch dieser schüttelt den Kopf.
    „Du irrst, mein Sohn“, sagt der Klostervater, „Keiner der beiden Tollpatsche war bei mir. Bevor er uns verlassen hat, sprach ich mit Hauptmann Eisenfels über dich.“
    „Der Hauptmann kennt mich doch überhaupt nicht“, meint Lithan.
    „Das mag stimmen. Aber er erkannte in seinem kurzen Gespräch mit dir deine Zweifel an Gott. Und an dich selbst“, verkündet der Klostervater.
    Lithan hebt seinen gesenkten Blick und schaut den Klostervater an. „Selbstzweifel kann er unmöglich an mir erkannt haben.“
    „Es kommt nicht sehr häufig vor, das ein junger Bruder in diesem Kloster auf derart respektlose Art mir ins Gesicht sagt, dass er nicht an Gott glaubt“, erwidert Yuthian mit zornig gewordener Stimme.
    „Was soll ich darauf noch sagen?“, fragt Lithan.
    Yuthians Zorn weicht. „Gerade weil du das nicht weißt, habe ich Hoffnung, guter Lithan.“
    „Hoffnung?“, fragt dieser.
    „Dass auch du deinen Glauben an Gott finden wirst“, sagt Yuthian voller Zuversicht.
    „Ich möchte nicht bekehrt werden.“
    „Die Traditionen deiner Familie sind dir wichtig, nicht wahr?“, fragt Yuthian, obwohl für Lithan eindeutig zu hören ist, das der Klostervater die Antwort auf seine eigene Frage bereits kennt. Lithan nickt.
    „Dann habe ich einen Vorschlag, um zu verhindern, dass du wegen offener Weigerung, die Existenz Gottes anzuerkennen, das Kloster verlassen mit dieser alten Familientradition brechen musst. Ich entbinde dich für zwei Tage von allen weiteren Ritualen. In diese Zeit wirst du dich den Studien der Einhörner widmen und direkten, persönlichen Kontakt mit ihnen suchen“, ordnet Yuthian an.
    Durch diese offene und deutliche Drohung des Klostervaters sieht sich Lithan in seiner Meinung über ihn

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