Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
zum Grübeln haben.
Kapitel Zehn
Das alt- rashanische Kloster in den hurthischen Wäldern.
An den groben, feuchten Steinwänden tanzen die Schatten. Die Luft ist heiß und trocken. Unbekleidet steht Lithan Nachtwald mit einigen anderen Brüdern im Kreis um den großen, schwarzen Ofen im Raum der verbrannten Sünde. Nur die Glut und das nach oben strahlende Licht der lodernden Flammen erhellen den dunklen Raum. Die Hitze ist derart intensiv, das Lithan bereits glaubt, dass die kleinen Härchen an seinem Körper anfangen zu verbrennen. Es ist das klösterliche Ritual, dem er die meiste Verachtung entgegen bringt. Um die dunkelsten Tiefen von Geist und Seele von allen Sünden und moralischen Verfehlungen zu reinigen, müssen die jüngeren Brüder im Kloster in diesem durch einen riesigen und nach oben offenen Ofen erhitzten Raum eine halbe Stunde stehend ausharren und beten. Befremdlich schaut Lithan in die Gesichter seiner Leidensgenossen . Auch ihnen läuft der Schweiß die geröteten Körper hinunter. Jeder von ihnen hat sich voll und ganz der Absicht hingegeben, sich die eigenen Unzulänglichkeiten aus dem Leib brennen zu lassen. Das kann Lithan trotz der geschlossenen Augen seiner Brüder in deren Gesichtern erkennen. Bevor die Hitze ihn zwingt, doch die Augen zu schließen, bemerkt er, wie auch Watin und Bithan betend und nach Erlösung flehend vor dem monströsen Ofen stehen.
Für was müssen sich zwei so junge Burschen zwei Tage in der Woche in diesem grauenhaften Ritual vor diesem sogenannten Gott rechtfertigen? Welche Sünden sollen gerade die beiden begangen haben, um sich in der Hitze dieses grauenhaften Raumes zu entschuldigen? Und was bringt die beiden dazu, sich ohne Widerworte dieser Qual zu stellen? Lithan kann es sich nicht erklären. Ein kalter Schauer läuft ihm trotz der schrecklichen Hitze über seinen Rücken, als er doch noch einmal kurz die Augen öffnet. Farran steht vor ihm, wenige Meter entfernt direkt vor dem Ofen. Nervös schaut Lithan zu seinen Klosterbrüdern. Warum sehen ihn die anderen nicht? Er mag sich nicht eingestehen, dass das Ritual der verbrannten Sünde bereits Wirkung zeigt und sich sein Geist unter dem Einfluss der brutalen Hitze bereits zu verselbstständigen beginnt.
„Was machst du hier?“, fragt er nach einigen Augenblicken des Zögerns. Farran antwortet. Doch Lithan blickt nur in sein liebevolles Gesicht und in seine treuen Augen. Die Worte, die Farran zu ihm spricht, bleiben vor ihm verborgen.
„Ich kann dich nicht hören“, ruft er ihm zu, als das Lodern der Flammen immer lauter wird. Lithan ist sich nicht sicher, ob Farran ihn überhaupt sieht. Er redet weiter, auch wenn Lithan kein einziges Wort versteht. Allein in der Anwesenheit Farrans und die Erinnerung an seine Aufrichtigkeit, sein sanftes Gemüt und seinen schmalen, aber kräftigen Körper beruhigen und erfreuen Lithan. Vorsichtig schaut er hinunter auf sein Gemächt. Zwar haben alle seine Brüder ihre Augen verschlossen, doch Lithan befürchtet, das ihn der Anblick Farrans mehr erfreuen könnte, als ihm lieb ist. Er ist beruhigt. Alles, wie es sein sollte. Farran wirkt zunehmen beunruhigter. Er schaut sich nervös um und versucht, Lithan voller Sorge etwas zuzurufen. Lithan macht einige Schritte auf Farran zu. Noch immer scheint er sich der Nähe zu Lithan nicht bewusst zu sein. Und trotzdem schreit Farran Lithan verzweifelt an. Doch er versteht die Worte, die über Lithans Lippen kommen noch immer nicht. Eine gewaltige, knochige Hand, umhüllt von roten, zitternden Flammen stößt aus der Glut des Ofens hindurch. Sie packt Farran unter Lithans hilflosen Blicken. Sein brennender Körper zerbricht unter der Gewalt der flammenden Faust.
„Farran.“, ruft Lithan gequält in den Raum, während ihm das Wasser in die Augen steigt und unter der Hitze des Ofens sofort wieder verdampft. Ein schwarzer, aus Hoffnungslosigkeit und Zorn bestehender und von feuerroten Flammen umgebender Schatten steigt aus dem mehrere Meter hohen Ofen empor. Jeder Regung unfähig starrt Lithan auf die gewaltige, brennende Gestalt. Er erkennt die nur schwer wahrzunehmenden Umrisse eines Totenkopfes, dessen langsam rot aufleuchtenden Augen direkt in die Seele zu blicken scheinen. Lithan spürt das Brennen in seinem Leib. Die Angst zerreißt ihn beinahe. Der kalte Schauer kehrt zurück.
„Dein Mut wird verbrennen“, brüllt ihn die dämonische Gestalt mit ohrenbetäubendem Lärm an. Lithan merkt, wie Flammen seinen Hals
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