Söldner des Geldes (German Edition)
Mordanschlag auf seinen Bruder genau dann geschah, als ich mich im Auftrag von Herrn von Tobler mit ihm traf? Es ist nicht einfach, an die Gebrüder Al-Bader heranzukommen. Sie sind dauernd unterwegs und bewegen sich kaum im öffentlichen Raum. Die Anschläge sind mehr als Zufall.»
«Du meinst, wir haben ein Leck in der Bank?»
«Ja», sagte Winter einsilbig.
Die sechs Männer schwiegen.
Der Raum wurde kleiner, die Wände rückten bedrohlich zusammen und drohten sie zu zerdrücken. Die Tischplatte wurde fixiert. Unterlagen geordnet. Keiner getraute sich, dem anderen in die Augen zu schauen. Nach einer langen Minute sagte Hodel: «Nehmen wir einmal an, Winter hat recht. Was bedeutet das für unsere Bank?»
«Negative Schlagzeilen und Reputationsverlust», schoss es aus dem Kommunikationsverantwortlichen heraus.
«Und?» Hodel schaute Schütz an und dieser meinte: «Sicherheitsbewusste Kunden vor allem aus Indien, China und der Arabischen Halbinsel würden ihr Geld abziehen. Für sie ist die Schweiz ein sicherer Hort. Wir würden in eine negative Spirale geraten. Unser Geschäft beruht auf Vertrauen, Vertrauen beruht auf dem Verhalten von Menschen, und wenn die negative Mundpropaganda einmal anfängt die Runde zu machen, ist es sehr schwierig, dieser entgegenzuwirken.»
Baumgartner räusperte sich.
Hodel schaute ihn an.
Der Verbindungsmann strich sich über das geglättete Haar und sagte mit seiner tiefen Stimme: «Wenn Sie gestatten, möchte ich noch einen weiteren Aspekt hinzufügen, der im jetzigen Zeitpunkt keinesfalls ausser Acht gelassen werden sollte. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich die Zusammenarbeit zwischen uns als nicht immer ganz reibungslos beurteile. Unter den gegebenen Umständen würden in der Zentrale diejenigen Stimmen gestärkt, welche eine komplette Integration der Bank fordern. Das könnte so weit gehen, dass wir den Namen aufgeben, die rückwärtigen Dienste komplett zusammenlegen und nur die allerbesten Leute übernehmen würden.»
Winter hatte schon ein paarmal von den Bestrebungen des um ein Vielfaches grösseren Finanzkonzerns gehört. Die Befürworter einer vollständigen Integration argumentierten mit tieferen Kosten. Skaleneffekte. Die Gegner waren der Meinung, der Busen des Mutterhauses würde die kleine Bank erdrücken. Von Tobler war es in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen, diesen Versuchen einen Riegel vorzuschieben. Die Nähe zum Kunden, die familiäre Atmosphäre und der bekannte Name waren seine Argumente.
Winter erinnerte sich an das letzte Mittagessen mit Rolf, dem beleibten Verantwortlichen für die Sicherheit des Finanzkonzerns, in Zürich vor gut einem Monat.
Die Zentrale war zusammen mit Beratern von McKinsey daran, ein Kostensparprogramm aufzusetzen. Und man musste kein Hellseher sein, um vorauszusehen, dass die Externen vorschlagen würden, alles zu zentralisieren und zu standardisieren. Vielleicht durften sie als Trostpflaster den Namen behalten. Trotzdem war Winter über die drohenden Worte des Verbindungsmannes erstaunt. Der Haifisch hatte seine Zähne gezeigt. Blut gerochen.
Er hörte Hodel sagen: «Meine Herren, lassen Sie uns das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.»
Doch Baumgartner fuhr ungerührt mit ausgesuchter Höflichkeit fort: «Vielleicht wäre es das Einfachste, wenn wir die ganze Angelegenheit einfach unter den Teppich kehren und dann schleunigst vergessen würden. Ein internes Leck. Phhh.»
Er schüttelte verächtlich den Kopf. «Wir müssen lernen, einander zu vertrauen. Es ist unsere Aufgabe, unsere Mitarbeiter zu motivieren, zu inspirieren und nicht zu verdächtigen.»
Baumgartner lächelte Winter an.
Winter, der Nestbeschmutzer.
Känzig nickte und wollte das Wort ergreifen.
Hodel, der ehemalige Generalstabsoffizier, war schneller. Er wollte diese Diskussion nicht und fragte kurz angebunden: «Massnahmen?»
Der Schönling ergriff das Wort: «Ich hänge mich ans Telefon und erkundige mich bei meinen Journalistenkollegen, was sie wissen. Dadurch bekomme ich ein Gefühl dafür, wie weit das Halbwissen sich schon eingefressen hat. Nebenbei kann ich so auch unsere Sicht der Dinge darlegen.» Winter dachte: Vielleicht ist der Kerl nicht so dumm, wie ich gedacht habe.
Schütz richtete seine Dokumentenmappe an der Tischkante aus: «Ich denke, wir fahren weiter wie bisher. Wenn sich ein Kunde erkundigt, zeigen wir uns schockiert über die Idee, wir könnten auf irgendeine Art und Weise involviert sein, und lehnen jeden
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