Söldner des Geldes (German Edition)
24. Juli bei uns im Projektraum 107 gearbeitet. Sind Sie nach dem Meeting sofort gegangen?»
«Nein.»
«Können Sie sich erinnern, um welche Zeit Sie die Bank verlassen haben?»
«Kurz vor fünf Uhr. Wir haben den Zug nach Zürich genommen. Warum? Ist etwas mit der Abrechnung nicht in Ordnung?» Die Rapportierung der Stunden war bei Beratern ein heikles Thema. Je mehr verrechnete Stunden, desto mehr Umsatz. Normalerweise irrten sich die Berater bei der Abrechnung nur in eine Richtung, gegen oben. Winter wollte diese Diskussion nicht und sagte: «Nein. Haben Sie das Telefon des Sitzungsraumes benutzt?»
«Nein. Ich benutze immer mein Mobiltelefon.» Der Tonfall des Beraters zeigte eine Mischung aus Ärger und Neugierde.
Winter erklärte: «Wir sind daran, einen internen Geschäftsvorfall abzuklären, der nichts mit Ihnen oder Ihrer Firma zu tun hat.»
Der Zug fuhr durch einen Tunnel, und die Verbindung rauschte. Das gab Winter ein paar Sekunden Zeit zum Nachdenken. Als der Empfang wieder gut war, fuhr er fort: «Nachdem Sie die Sitzung abgeschlossen hatten und zusammenpackten, ist Ihnen da etwas aufgefallen? Ist Ihnen jemand begegnet?»
«Moment.» Winter hörte, wie der Mann aufstand und durch den Zug ging. «Jetzt, wo Sie mich fragen, kann ich mich erinnern. Wir haben die Laptops verstaut und waren gerade daran, zu gehen, als ein Mann ohne zu klopfen eintrat. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, der Raum sei leer.»
«Können Sie mir den Mann beschreiben?»
Der IT -Berater lehnte sich in einer ruhigen Ecke des Zuges an die Wand und beschrieb den Mann. Winter bedankte sich und unterbrach die Verbindung. Die Beschreibung passte.
4. August 12:55
Die Detektei «Schmitt, Berger & Partner» lag in einem Industriequartier von Zürich. Winter hatte um halb zwei Uhr ein Vorstellungsgespräch bei Schmitt. Oder besser gesagt, ein informelles Treffen, um sich gegenseitig besser kennenzulernen.
Ein Anruf aus einer Telefonzelle sowie die beiläufige Erwähnung, er sei Polizeioffizier und auf der Suche nach einer neuen Herausforderung, hatten genügt. Der geschäftsführende Partner war neugierig und willigte trotz seines dicht gedrängten Terminkalenders in ein Gespräch ein.
Winter fand das alte Fabrikgebäude, in welchem «Schmitt, Berger & Partner» seine Büros hatte, und fuhr zwei Mal um dieses herum. Der Audi rollte über Bahngleise, an Baustellen, Lagerhäusern und provisorischen Parkplätzen vorbei. Die Fabrik war Teil eines Schwerpunktes der Stadtentwicklung.
Das Quartier hinter dem Bahnhof war daran, sich neu zu erfinden. Einige der alten, aus den Anfängen des Industriezeitalters stammenden Gebäude waren bereits in teure Lofts umgebaut worden. Andere wurden durch kurzlebige Clubs, Restaurants und alternative Geschäfte in Beschlag genommen. Alle auf der Suche nach günstigen Mieten an zentraler Lage.
Neben ein paar tristen Lagerhäusern schien einzig noch eine lokale Bierbrauerei ihrem ursprünglichen Zweck nachzugehen.
Winter parkierte neben einer Weinhandlung, die zur Dekoration ein paar Fässer auf den Vorplatz gestellt hatte und biologisch angebauten Wein anpries. Baumaschinen begannen zu knattern; es war ein Uhr. Der Lärm machte allen in einem Umkreis von einem halben Kilometer klar, dass die Mittagspause vorbei war.
Er liess ein Tram vorbeirumpeln, überquerte die Strasse und betrat den Fabrikkomplex. In der riesigen ehemaligen Fertigungshalle mit dem gezackten Dach, den verdreckten Oberfenstern und den stählernen Stützsäulen waren einige billige Trennmauern für Büros eingezogen worden.
Eine Übersichtstafel am Eingang zeigte etwa vierzig Geschäfte, Firmen und Restaurants an. Winter hatte Zeit und spazierte durch das geschäftige Treiben. In der Mitte der Fabrikhalle gruppierten sich um einen künstlichen Innenhof Restaurants.
Vor einem Blumenladen standen Dutzende dekorativer Olivenbäume. Auch andere Geschäfte versuchten eine mediterrane Stimmung zu vermitteln. Ein Reisebüro hatte einen Strand mit echtem Sand und Liegestühlen angelegt, und eine weitere Weinhandlung hatte sich auf Wein und Antipasti aus der Toskana spezialisiert.
Das Büro von «Schmitt, Berger & Partner» lag im hinteren, ruhigeren Teil der Halle in einem Seitenarm zwischen den Toiletten und einem Architekturbüro für Holzbauten. Ein diskretes Schild besagte, dass «Schmitt, Berger & Partner» Beratung für Personenschutz und Sicherheitsfragen anbot.
Bei drei Fenstern verhinderten Jalousien einen
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