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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Beck
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knarrenden hölzernen Balkon entlang, und Winter öffnete die Tür.
    «Achtung!» Er deutete auf den niedrigen Türrahmen aus dem 17. Jahrhundert, in welchem die Menschen kleiner waren. Und mit vierzig Jahren starben.
    Meister blieb in der Mitte des Wohnzimmers stehen, während Winter sich einen Pullover überzog. Dann ging er zum Kühlschrank, goss sich einen Orangensaft ein, verdünnte diesen zur Hälfte mit Wasser und trank gierig.
    Meister: «Gemütlich haben Sie es hier.»
    «Danke. Wollen Sie einen Whisky?»
    «Nein, ich trinke kein Feuerwasser.»
    Sie gaben sich die Hand, und Meister ging zu seinem Wagen. Ein unauffälliger weisser Opel mit einem «Baby on Board»-Kleber. Auf halbem Weg drehte sich Meister um: «Winter, finden Sie das Leck in der Bank. Die Zeit wird langsam knapp.»
    Winter nickte in die Dämmerung.

4.   August 22:07
    Winter trank mehr verdünnten Orangensaft, duschte, räumte ein wenig auf und nahm sich auf seinem Laptop zum dritten Mal die DVD vom Flughafen Zürich vor. Als er die Videoaufnahmen mit Ben und später für sich allein angeschaut hatte, war ihm der Flaschenkarton nicht besonders aufgefallen.
    Er hatte mit Anne im Vorfeld des Besuches über die Betreuung von Al-Bader und dessen Vorlieben gesprochen. Dabei hatte sie ihn auch gefragt, ob ihr Gast Alkohol trinke. Winter hatte die Frage bejaht. Al-Bader trank an Geschäftsessen das eine oder andere Glas Alkohol.
    Er hatte angenommen, dass Anne aus eigener Initiative das normale Willkommensgeschenk, die Schachtel mit den Pralinen, mit einer Flasche ergänzt hatte.
    Er hatte angenommen, Anne wollte bei Al-Bader Eindruck schinden.
    Er hatte angenommen, dass sie die Flasche am Flughafen Zürich im Zollfreiladen gekauft hatte.
    Never Assume, Ass-U-Me! Verflucht.
    Er drückte auf die Schnellvorlauftaste, bis Anne ins Bild kam, und konzentrierte sich auf die beiden Geschenke. Sie kamen im Wagen des Zolls. Winter sah die Pralinenschachtel unmittelbar vor dem Aussteigen das erste Mal. Damit Anne ungehindert aus dem Wagen klettern konnte, legte sie die unförmige Schachtel auf die Ablage hinter der Windschutzscheibe.
    Die Pralinen von Lindt & Sprüngli waren in ein Geschenkpapier gehüllt und mit der grossen Schleife in den Farben der Bank verziert worden. Die Nähe zur Bombe erklärten die Sprengstoffrückstände an der Schleife, welche der Föhn im Flughafen erschnuppert hatte.
    Dann sah er den Flaschenkarton in ihrem Schoss.
    Anne stieg aus. Sie hielt den Flaschenkarton in der linken Hand und klemmte sich die Pralinenschachtel unter den Arm. Intuitiv achtete sie darauf, die Flasche senkrecht zu halten. Sie hatte die Gewichtsverlagerung der Flüssigkeit im Karton gespürt. Feuerwasser.
    Der bräunliche, zylinderförmige Flaschenkarton war nicht als Geschenk eingepackt, hatte oben einen schwarzen Plastikdeckel und seitlich einen Schriftzug.
    Winter hielt die DVD an, kopierte das Standbild in sein Fotoverarbeitungsprogramm, in welchem er den Ausschnitt vergrösserte, bis die Etikette des Flaschenkartons den ganzen Bildschirm füllte.
    Meister hatte recht gehabt.
    Der Karton war für eine Whiskyflasche: Single Malt, Laphroaig, zehnjährig, abgefüllt im Jahre 2004, dreiundvierzig Volumenprozent Alkohol.
    Winter verzog den Mund.
    Laphroaig schmeckte in seinem Gaumen wie Zahnarzt. Dieser Single Malt war mehr Medizin als Genuss.
    Ein Arzneimittel.
    Vielleicht sogar brennbar.
    Talisker war Winter lieber.
    Er stand auf, holte sich ein schweres Glas, zwei Eiswürfel aus dem Gefrierfach und den Talisker, zwölfjährig, doppelt gereift. Er goss sich eine generöse Portion ein, liess die Droge im Glas kreisen und bewunderte geistesabwesend die goldbraune Farbe. Von wo hatte Anne diesen Karton her? Hatte Al-Bader Anne angerufen und die Flasche bestellt? Für sich oder die Ägypter?
    Er kramte die Listen mit Annes Telefonanrufen hervor. Al-Baders Nummer tauchte nicht auf. Vielleicht hatte einer seiner Assistenten angerufen. Nein, auf der Liste war auch keine Nummer mit einer vergleichbaren Vorwahl. Es konnte immer noch sein, dass Al-Bader von einer unterdrückten Nummer angerufen hatte.
    Anonymisiert und digitalisiert.
    Vielleicht wusste sein Bruder etwas.
    Er rief mit seinem Mobiltelefon den jüngeren Al-Bader an. Es dauerte eine Ewigkeit, bis das Signal durchkam, aber dann schallte es: «Hallo, Winter, nehmen Sie mein Angebot an?»
    Winter hatte Al-Baders Angebot vergessen.
    Im Hintergrund hörte er Stimmengewirr und das Klirren von Gläsern. Der

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