Söldner des Geldes (German Edition)
Wasser!»
Winter hörte, wie Al-Bader eine Flasche aus der Minibar nahm, den Deckel aufschraubte und trank. Wasser? Oder noch mehr Alkohol?
«Sehen Sie, es geht schon besser.» Winter, die Krankenschwester.
«Winter, Sie sind der einzige Mensch, dem ich vertrauen kann. Mein Bruder ist tot, und zu Hause sind alle hinter mir her. Ich weiss nicht, was ich machen soll. Können Sie morgen anfangen? Bitte, bitte.»
Winter ging nicht auf das erneute Angebot ein und fragte: «Wer genau ist hinter Ihnen her?»
«Ich weiss es nicht. Alle!»
Winter kam sich vor wie ein Telefonseelsorger. Er überlegte. Dann redete sich Al-Bader die Seele aus dem Leib: «Die Baktars haben meinen Bruder umgebracht. Sie waren nicht einverstanden, aber er musste sich unbedingt durchsetzen. Ich habe ihm immer gesagt, er solle es lassen. Und ich konnte ihn nicht beschützen. Ich habe immer gedacht, wenn uns etwas passiert, dann mir und nicht ihm. Er war das Familienoberhaupt. Ich war nur der kleine Bruder, obwohl ich nur ein paar Minuten jünger bin. Er war vorsichtig, und ich habe mir schon als Kind beim Reiten den Schädel eingeschlagen. Und jetzt musste er unbedingt den Tiger reizen.»
Winter versuchte Sinn in den Redefluss zu bringen.
«Welchen Tiger?»
«Die Baktars. Die haben Cousins, die den Koran wörtlich nehmen. Sie nennen sich die heiligen Tiger des Islams. Sie wollen den Kampf, nicht das Geschäft. Sie wollen die Ungläubigen aus dem Westen vernichten. Sie haben keine Ahnung.» Al-Bader schnaubte verächtlich.
«Aber warum gerade Ihr Bruder?»
«Er war der Chef. ‹Pyramid Investment Partners› war seine Idee. Er hat die anderen überredet mitzumachen. Und jetzt muss ich das machen.» Winter hörte, wie Al-Bader seufzte und sich rücklings auf das Bett fallen liess.
«Sie machen das schon», tröstete Winter, «Sie können sich auf Farmer verlassen.»
«Eben nicht. Der hat das nicht im Griff.»
«Warum nicht? Ich hatte den Eindruck, dass der Professor sein Handwerk versteht.»
«Mein Bruder hat dies auch immer gesagt. Aber ich habe Papiere gefunden. Mein Bruder wollte, dass ein unabhängiger Revisor alle Investitionen prüft.» Winter hörte genauer hin: «Warum?»
«Ich weiss es nicht. Die Steuerbehörden. Die NSA sagt, dass wir Terroristen finanzieren. Das ist Unsinn, aber deshalb kann ich im Moment nicht in die USA . Ich wollte IndyCar-Rennen fahren. Das kann ich jetzt auch nicht.» Al-Bader begann wieder abzudriften und zu lamentieren.
«Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Hat der Revisor schon etwas gefunden?»
«Nein, nein. Mein Bruder wollte ihn am nächsten Treffen des Verwaltungsrates einsetzen. Er hatte eine Liste vorbereiten lassen mit Spezialisten der namhaftesten Firmen für Wirtschaftsprüfung.»
«Waren die Investments wirklich sauber?»
«Selbstverständlich! Was erlauben Sie sich eigentlich.» Al-Bader schien plötzlich nicht mehr betrunken zu sein. Er fluchte auf Arabisch, und Winter war froh, keine Simultanübersetzung zu haben.
«Entschuldigen Sie bitte. Es war nur eine Frage. Offenbar hatte Ihr Bruder einen Verdacht. Könnte es nicht sein, dass zum Beispiel die Baktars Geld in verdächtige Quellen abgezweigt haben?»
Al-Bader schwieg. Wahrscheinlich war er nach dem Kotzen und dem Wutausbruch schlicht erschöpft.
Winter: «Sie sagten doch, einige Mitglieder des Baktar-Clans seien nicht einverstanden gewesen, in westliche Infrastrukturen zu investieren. Vielleicht haben sich diese gesagt: Machen wir das Beste daraus und nutzen die Kanäle für unsere Zwecke. Wenn man den Gegner nicht besiegen kann, umarmt man ihn am besten. Altes chinesisches Sprichwort.»
Nach einer langen Pause gab Al-Bader nachdenklich zu: «Ja, das wäre möglich.»
«Damit ich richtig verstehe: ‹Pyramid Investment Partners› ist ein Sammeltopf. Auf der einen Seite haben Bekannte Ihres Bruders einbezahlt, damit auf der anderen Seite in Infrastrukturprojekte investiert werden konnte. Das Risiko ist so auf mehrere Schultern verteilt. Was ich noch nicht ganz verstehe, ist, wie ‹Pyramid Investment Partners› geführt wird. Ist es richtig, dass jeder Partner für einige Projekte verantwortlich ist? Ihr Bruder war und jetzt sind Sie für das Kernkraftwerk bei Kairo verantwortlich?»
«Ja, die Projekte sind verteilt, jeder Partner hat bei ein paar Projekten den Lead.»
«Welches sind die Al-Bader-Projekte?»
«Das Kernkraftwerk bei Kairo. Wir haben Beziehungen zu Orafin. Das Windkraftwerk in den Hügeln bei San Francisco.
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