Söldner des Geldes (German Edition)
Mein Bruder war der Meinung, dass wir uns langfristig nicht auf das Öl verlassen können. Und noch einige mehr, aber das erzähle ich Ihnen ein anderes Mal.»
«Und bei welchen Projekten haben die Baktars die Federführung?»
«Baktars sind vor allem an Informatiksachen interessiert. Die Glasfasernetze von Dubai und Philadelphia. Oder Dallas. Irgendein Kaff in Amerika. Und auch etwas in Europa.»
«Und wie stellt ‹Pyramid Investment Partners› sicher, dass ein Projekt profitabel ist?»
«Dazu haben wir Leute.»
«Aber Sie geben die Kontrolle doch nicht ganz aus der Hand.»
«Nein, ‹Pyramid Investment Partners› will immer ins Aufsichtsgremium.»
«Und hat Zugang zu allen Informationen?»
«Ja, als Verwaltungsrat kann ich jederzeit alles sehen», sagte Al-Bader im Brustton stolzer Überzeugung.
Winter hatte Mühe, sich vorzustellen, wie sich Al-Bader der Jüngere mit den Details der Unternehmensführung auseinandersetzte. Al-Bader schien nach dem Helikopterprinzip zu managen. Schnell einfliegen, viel Lärm machen, Staub aufwirbeln und wieder weg. Aber was wusste er schon davon, wie Al-Bader seine Beteiligungen steuerte.
«Das heisst, Sie werden Zugang zum Nuklearkraftwerk bei Kairo haben.»
«Selbstverständlich.»
«Haben Sie eine Liste der Investitionen von ‹Pyramid Investment Partners› und der Verwaltungsräte?»
«Ja. Nein. Vielleicht. Nicht hier. Die ist wahrscheinlich bei den Unterlagen meines Bruders zu Hause.»
«Könnten Sie mir die schicken?»
«Nur wenn Sie für mich arbeiten.» Al-Bader schien langsam wieder nüchtern zu werden.
«Ich habe drei Monate Kündigungsfrist. Die Liste wäre eine grosse Hilfe, um herauszufinden, wer Ihren Bruder auf dem Gewissen hat.»
«Warum?»
«Das Motiv. Es könnte sein, dass Ihr Bruder als Verwaltungsratspräsident der ‹Pyramid Investment Partners› jemandem so auf die Füsse trat, dass es sich lohnte, einen dreifachen Mord zu begehen.»
«Wir sind mit den Baktars verwandt, die haben Muhammed sicher nicht umgebracht.»
«Sind Sie sicher?»
«Ja, absolut.» Die heiligen Tiger waren offenbar wieder verschwunden.
«Schicken Sie mir die Liste trotzdem.»
«Ich schaue, ob ich sie finde. Aber jetzt muss ich schlafen.»
Winter bezweifelte, dass Al-Bader die Liste schicken würde. Sobald er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, würde er sich schämen und das nächtliche Gespräch verdrängen. Er schüttelte den Kopf, schaute auf die Uhr und nahm sich vor, das Gespräch zu beenden. Aber Al-Bader war ihm zuvorgekommen. Winter hörte ein «Klick» in der Leitung.
5. August 06:10
Die Nacht war kurz. Winter schlief tief. Die Träume hatten ihn diese Nacht in Ruhe gelassen. Er war erholt aufgewacht und noch vor dem Alarm des Weckers angezogen und auf dem Weg zum nachbarlichen Bauernhof. Der Bauer war im Stall mit der Melkmaschine beschäftigt und nickte nur, als Winter ihm einen guten Morgen wünschte. Er suchte und fand die Bäuerin im Gemüsegarten, wo sie die letzten Stängel Rhabarber schnitt.
«Guten Morgen, Frau Mettler.»
«Guten Morgen, Herr Winter.» Sie richtete sich langsam auf.
«Ist das für Kompott, Konfitüre oder Kuchen?» Winter zeigte auf die Rhabarberstauden.
Die mütterliche Frau Mettler schenkte Winter gelegentlich ein Glas Konfitüre aus ihrem gegen Mäuse gesicherten Vorratsschrank. Sie war dick, herzlich, meistens guter Laune und band das lange, teilweise ergraute Haar zu einem Knoten. Unter der abgetragenen Arbeitsschürze trug sie heute einen blumigen Sommerrock mit kurzen Ärmeln. Die fettgepolsterten Oberarme waren unbedeckt. Winter hatte das Gefühl, dass sie ihn, obwohl er in der Stadt und erst noch bei einer Bank arbeitete, ganz gern mochte.
«Die sind nur noch für Kompott zu gebrauchen. Heute sind Sie aber früh unterwegs?»
«Ja, ich muss nach Zürich. Ich hole eine Freundin am Flughafen ab.» Winter biss sich auf die Zunge. Seine Wortwahl würde die Gerüchteküche an Mettlers Küchentisch anheizen.
«Oh, etwas Ernstes?» Sie strahlte ihn hoffnungsfroh an.
«Nein, nein. Wir kennen uns geschäftlich.» Schadensbegrenzung.
«Ach, wie schade.»
«Sie wird für ein paar Tage bei mir wohnen.»
«So.»
«Und da habe ich gedacht, dass es sich gut machen würde, wenn ich meine gute Stube mit ein paar Blumen schmücken würde. Sozusagen als Willkommensgruss.»
«Ich verstehe.» Sie lächelte Winter verständnisvoll zu.
«Ich dachte –»
«Junger Mann, sagen Sie mir einfach, wann Ihre Freundin kommt, und
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