Söldner des Geldes (German Edition)
hingen Karten. In einer Ecke stand ein Dreibein mit einem halb verhüllten Vermessungsgerät. Das Büro eines Geologen. Er setzte sich und nahm den Hörer ab. Kein Freizeichen. Er drückte auf die Null. Immer noch kein Freizeichen. Eine doppelte Null. Fehlanzeige. Winter knurrte, dann sah er vor seiner Nase an der Wand eine Telefonliste. Ein * gab die Leitung frei. Er wählte die Nummer von Meister.
Nach einer Ewigkeit wurde der Anruf angenommen: «Hallo.»
«Winter hier. Meister?»
«Ja, darf ich fragen, von wo aus Sie anrufen?» Die Nummer der Secer AG aus dem ehemaligen Militärbunker hatte bei Meister und dessen Überwachungscomputern offenbar ein Unwohlsein ausgelöst.
«Vom Bunker der Secer AG . Jemand hat dem Chef hier die Kehle durchgeschnitten.»
Meister ungerührt: «Das ist äusserst unangenehm.»
Winter ignorierte die Bemerkung: «Sie müssen mir sofort eine Mobiltelefonnummer lokalisieren.»
«Dazu brauche ich einen richterlichen Beschluss.» Meister war nicht derjenige, der das Gesetz machte, aber derjenige, der es in der Praxis umsetzte.
Winter wusste, dass Meister wusste, dass er es wusste.
«Meister, kommen Sie mir nicht damit. Wir haben keine Zeit. Der Inhaber der Nummer hat Anne die Brandbombe gegeben und den Chef hier umgebracht.»
«Interessant», sagte Meister trocken, «welche Nummer?»
Winter gab Meister die Nummer von Baumgartners Mobiltelefon und eine Zusammenfassung von Smiths Anruf. Wahrscheinlich hatten die Amerikaner ihn ebenfalls gewarnt. Eine Hand wäscht die andere.
Meister liess sich nichts anmerken: «Aber das funktioniert nur, wenn das fragliche Mobiltelefon eingeschaltet ist, angerufen wird, und der Anruf auch angenommen wird. Für eine Triangulation braucht es eine Verbindung von vier Sekunden. Ansonsten ergibt sich kein Standort.»
«Verstanden. Vier Sekunden. Sobald ich aus dem Bunker bin, werde ich es von einer Nummer aus anrufen, die Baumgartner nicht ablehnen wird. Geben Sie mir zehn Minuten.»
«In Ordnung.»
«Sobald Sie ihn haben, rufen Sie mich auf meinem Mobiltelefon zurück.»
«Viel Glück, Winter!» Meister war aus der Leitung.
Für eine Sekunde fragte sich Winter, ob der zynische Meister den Glückwunsch ernst gemeint hatte. Er riss eine Karte des Berner Oberlandes von der Wand, verliess das Geologenbüro und stiess auf dem Korridor mit einem korpulenten Mann im Overall zusammen. Seine Brille war vernebelt, das Gesicht rot angelaufen, und er keuchte mit entgeisterter Stimme: «Er ist tot.»
Winter trat zurück und sah, dass der Mann in der linken Hand einen nassen Scheuerlappen trug und die rechte voller Blut war. Beides tropfte auf den Linoleumboden.
«Beruhigen Sie sich. Wer ist tot?»
«Meierhans.» Der Overall hob hilflos seine blutverschmierte Hand hoch.
«Wer?»
«Meierhans.»
«Wer ist Meierhans?»
«Mein Chef.»
«Was macht er?»
«Er macht mit den Computern und der Technik.» Der Technikleiter. «Als der Alarm losging, wollte ich gerade den Putzwagen wegräumen.» Er hob zum Beweis den anderen Arm mit dem feuchten Lappen. Tränen liefen über die runden Backen. Der Brustkorb ging heftig auf und ab. Winter umfasste für einen Moment tröstend den Nacken des Putzmannes.
«Ruhig.» Leichtes Drücken der Schulter. «Wo ist Herr Meierhans?»
«Im Putzraum.»
«Können Sie mir den bitte zeigen?»
Der schockierte Mann im weissen Overall nickte, drehte sich um, ging mechanisch den Korridor entlang, bog einmal links und einmal rechts ab. Er blieb neben einem Putzwagen beladen mit Putzmitteln und einem unförmigen blauen Kübel voller Dreckwasser mit einem Aufwischer stehen. Der Mann zeigte auf eine angelehnte Tür.
Er kniff die Augen zu: «Da!»
Vorsichtig öffnete Winter die Tür.
Ein schmaler Lagerraum mit vollgestopften Gestellen. Helles Neonlicht. Am Boden Blutspuren. Der Putzmann war in die Blutlache getreten, die sich von der hinteren Ecke her ausbreitete.
Eingeklemmt zwischen dem leicht verschobenen letzten Gestell und der Betonwand stand ein Mann, dessen weisser Overall rot war. Der Kopf war nach hinten ins Gestell auf eine Jumbopackung Toilettenpapier gekippt, der Hals aufgerissen, das Blut herausgequollen. Winter sah im blutigen Hals die runden Umrisse der durchtrennten Schlagader und der Luftröhre. Baumgartner hatte Meierhans mit einem sehr scharfen Messer, einem Rasiermesser oder eher einem Skalpell, die Kehle durchgeschnitten.
Die Augen und die rechte Hand fehlten.
Mehraugenprinzip.
Winter drehte sich um,
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