Söldner des Geldes (German Edition)
Privatbank. Er stammte aus einem vornehmen Berner Adelsgeschlecht. In diesen Kreisen war es üblich, mit französischem Akzent zu sprechen. Er war alt, sehr methodisch, integer und ein langjähriger Freund des CEO s. Zudem war er für die Lohn- und Bonuspolitik verantwortlich. Gemäss Organigramm war er hierarchisch auf der gleichen Stufe wie Känzig, de facto war er aber der mächtigste Mann im Raum. Er hatte die Augenlider halb geschlossen und hörte zu.
Neben Känzig sass ein Mann im schwarzen Anzug, den Winter nicht kannte. Er war etwa im gleichen Alter wie Winter und sah mit seinem nach hinten geölten Haar wie ein Streber aus. Vor ihm lag ein Schreibblock des Finanzkonzerns. Winter beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, wie er gelangweilt mit manikürten Fingern an einem edlen Füllfederhalter herumschraubte und sich gelegentlich etwas notierte.
Wahrscheinlich ein Wachhund des Konzerns mit dem Auftrag, Dreck zu sammeln, der gegen die Privatbank verwendet werden konnte.
Der Kommunikationsverantwortliche war fertig.
Känzig fragte: «Gehe ich richtig in der Annahme, dass Herr Schütz am Begräbnis von Al-Bader teilnimmt?» Känzig schaute Schütz direkt an, und dieser wusste, dass es keine Frage, sondern ein Auftrag war. Känzig war zwar nicht sein Vorgesetzter, aber in dieser Sache der Projektleiter.
Schütz hatte offensichtlich keine Lust, nach Riad zu fliegen und seine Tage in einem Luxushotel zu vertrödeln. «Wäre es für die Bank als Gesamtes nicht besser, wenn wir diskret vorgehen und diesmal auf eine Präsenz verzichten würden? Ich denke, das wäre angemessener.»
Känzig: «Am besten gehen Sie als Privatperson. Als Kundenberater sind Sie doch sozusagen ein Freund der Familie.»
Hodel drehte sich zu Schütz und ergriff zum ersten Mal das Wort: «Der Chef wünscht, dass du fliegst und sicherstellst, dass die Familie Al-Bader auch weiterhin Klient unserer Bank bleibt.» Ende der Diskussion.
Winter: «Und wer geht an die Beerdigung von Anne?»
Hodel: «Du bist der Vorgesetzte, und ich denke, es wäre angemessen, wenn du mit der Familie Arnold reden würdest. Persönlich. Selbstverständlich können die Kollegen von Frau Arnold an der Beerdigung teilnehmen. Ich werde jedenfalls dort sein.» Er schaute die Männer in der Runde an, schüttelte traurig den Kopf und sagte: «Anne war viel zu jung, um zu sterben.»
Winter war erstaunt, dass Hodel den Vornamen benutzte, und bestätigte nickend seinen Auftrag: «Ich werde Annes Eltern heute Abend besuchen und ihnen im Namen der Bank unser Beileid aussprechen.»
In diesem Moment klingelte das Telefon in der Mitte des Tisches. Es war ein futuristisches Gerät für Konferenzschaltungen ohne Hörer, das Winter mit seinen drei runden Auslegern für die Lautsprecher an das Modell einer Weltraumstation erinnerte.
Känzig drückte auf den grünen Knopf: «Hallo?»
Der Bariton des CEO s dröhnte: «Guten Abend, meine Herren. Ich bin froh, dass Sie sich dieser unangenehmen Geschichte angenommen haben. Wir müssen alles daransetzen, das Vertrauen in unsere Bank zu erhalten. Känzig, geben Sie mir einen Lagebericht.»
«Guten Abend, Herr Doktor. Es freut mich, dass Sie anrufen. Hier im Raum sind neben mir die Herren Hodel, Baumgartner, Schütz, Helfer und Winter. Wir haben die Lage analysiert: Schütz hat uns über die Wichtigkeit des Kunden ins Bild gesetzt und wird nach Riad fliegen, Helfer hat die Medien im Griff, und Winter behauptet, es handle sich nicht um einen Unfall.»
«Winter. Ist der Helikopter nicht im Gebirge abgestürzt?»
Winter: «Doch. Aber jemand hat ein bisschen nachgeholfen.»
«Können Sie das beweisen?»
«Nein. Noch nicht. Die Analyse der Absturzursache braucht Zeit.»
«Winter, seien Sie vorsichtig. Die Schweiz ist nicht der Irak. Unser Bankenplatz kann keine Gerüchte über Terroristen gebrauchen.»
«Selbstverständlich.»
Winter hatte keine Lust, seine Indizien zu erläutern. Zuerst wollte er noch einiges klären.
Helfer konnte sich nicht mehr zurückhalten und warf ein: «Herr Doktor, meine Kontakte bei der Presse haben alle von einem Unfall gesprochen, und als die Polizei anrief, hiess es auch, es handle sich wahrscheinlich um einen Unfall. Die Rede war von einem Blitzeinschlag durch ein lokales Sommergewitter. Es wird Monate dauern, bis wir Klarheit haben. Es wird Gras über die Sache wachsen. Wir haben die Kommunikationsstrategie festgelegt: privater Besuch, tragischer Unfall im gefährlichen Gebirge, tiefes Bedauern.» Das
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