Söldnerehre (German Edition)
zu Lyra zurück und der Axtkämpfer erhob sich zu voller Größe.
»Nicht vergessen«, wandte er sich an Lyra. »Hinter mir die Tür verschließen und verbarrikadieren.«
Sie nickte lediglich zur Antwort.
Der Axtkämpfer lächelte erneut. »Es wird Zeit, dass zur Abwechslung mal die Monster Angst bekommen.« Dieses Mal wirkte sein Lächeln kein bisschen beruhigend.
* * *
Darian verließ den kleinen Raum. Hinter sich hörte er, wie Lyra lautstark Anweisungen gab, um den Raum zu sichern. Falls dieses Viehzeug an ihm vorbeikam, würde es nicht viel nutzen, das wusste er. Lyra wusste dies ebenso. Doch sie war sich darüber im Klaren, wie wichtig es in so einem Moment war, die Leute beschäftigt zu halten, auch wenn sich im Endeffekt jede Maßnahme als nutzlos erweisen würde.
Er wog die riesige Axt in beiden Händen. Na, dann durften sie eben nicht an ihm vorbeikommen.
Die Stelle, an der Saria ihn geküsst hatte, war noch leicht feucht und kribbelte angenehm. Die Kleine erinnerte ihn an seine eigene Tochter. Sie wäre jetzt in Sarias Alter, wenn eine Seuche sie nicht schon so früh von dieser Welt geholt hätte. Die Erinnerung griff auf schmerzhafte Art und Weise an sein Herz und eine einzelne Träne rann ihm über das Gesicht.
Er hatte niemandem je von ihr erzählt. Nicht einmal Kilian wusste von ihr. An dem Tag, als seine Tochter und ihre Mutter Sanna gestorben waren, hatte er sein kleines Dorf verlassen und nie wieder einen Blick zurückgeworfen. Die Erinnerungen begrub er an einem tiefen, dunklen Ort tief in seinem Geist, in der Hoffnung, sie würden nie wieder das Tageslicht sehen.
Doch die Freundlichkeit und liebevolle Beharrlichkeit Sarias hatte all seine Blockaden überwunden. Und nun bedauerte er, dass er die Erinnerung an seine kleine Melia so lange in sich begraben hatte. Er hatte sie sehr geliebt und liebte sie noch. Sie hatte es verdient, dass man sich an sie erinnerte, seine kleine Melia.
Etwas knurrte ihn an. Darian kniff die Augen zusammen und spähte in die Dunkelheit. Es gab so gut wie kein Licht mehr. Die meisten Fackeln waren erloschen und die wenigen, die noch brannten, trugen eher zur Verwirrung bei. Zu viele Schatten, die sie an die Wände warfen.
Bösartige, gelbe Augen spähten zurück. Eine Gestalt kam in Sichtweite: ein Wolf, mehrere Schnittwunden über der bloßen Brust. Die Varis-Soldaten, die den Westturm gehalten hatten, mussten sich gut geschlagen und einige Treffer angebracht haben. Das Wesen war jedoch weit davon entfernt, kampfunfähig zu sein. Es fletschte die Zähne und knurrte Darian erneut an.
Der Axtkämpfer lächelte lediglich. »Na, Hundi … Mach schön Sitz!«
* * *
Das Erste, was Kilian davon mitbekam, dass etwas nicht stimmte, war der Schrei eines Varis-Soldaten. »Im Westturm wird gekämpft!«
Kilian sprang augenblicklich auf die Beine. Obwohl er erst kurze Zeit geschlafen hatte, fiel jegliche Müdigkeit von ihm ab. Nur ein Gedanke beschäftigte ihn.
Lyra, Darian, die Kinder … sie sind alle dort drin!
Der Söldner rannte über den Hof. Plötzlich war Logan an seiner Seite, die beiden Kurzschwerter bereits gezückt. Vekal, Kurta und Jonas folgten ihnen dichtauf.
Kilians Gedanken überschlugen sich. Wer war in den Westturm eingedrungen? Hatten die Moyri nach Einbruch der Nacht einen Stoßtrupp über die Mauer geschickt? Eigentlich unwahrscheinlich nach der Tracht Prügel, die sie erlitten hatten, doch auch nicht völlig von der Hand zu weisen. Als die kleine Gruppe den Zugang zum Turm erreichte, stieß Cadros Bal zu ihnen. Seine Miene drückte grimmigste Entschlossenheit aus. Seine Hand hielt das Schwert so fest umklammert, dass die Knöchel weiß hervortraten. Er nickte Kilian wortlos zu und der Söldner stieß die Tür auf, die nur noch an einer Angel hing.
Kaum war der Zugang offen, duckte er sich reflexartig, als einer der Varis-Soldaten über ihn hinwegflog und hinter ihnen krachend im Innenhof landete. Eine Gestalt schälte sich aus der Dunkelheit, riesig, mit gebleckten Zähnen und blutverschmierten Krallen. Im ersten Moment hielt er es für einen Panther, aber es legte auch unverwechselbar menschliche Züge an den Tag.
Kilian blieb für einen Augenblick stocksteif stehen, nicht imstande, sich auch nur einen Millimeter von der Stelle zu bewegen. Das Wesen fauchte ihn schrill an. Kurta hinter ihm zögerte keine Sekunde und versenkte in schneller Folge drei Pfeile in rechter Schulter, linker Hüfte und linker Brust. Das Wesen kreischte
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