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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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versuchen, sich aus dem Unbewussten hochzukämpfen. Deshalb sagen oder tun wir oft Dinge, die wir eigentlich ›nicht so gemeint‹ haben. Auch auf diese Weise kann das Unbewusste unsere Gefühle und Handlungen leiten.«
    »Weißt du ein Beispiel?«
    »Freud beschreibt mehrere solcher Mechanismen. Einer davon ist die so genannte Fehlleistung . Das heißt, dass wir ganz spontan etwas sagen oder tun, was wir früher einmal verdrängt haben. Er erzählt zum Beispiel von einem Angestellten, der einen Trinkspruch auf seinen Chef ausbringen sollte, der offenbar nicht sehr beliebt war.«
    »Und?«
    »Er stand auf, hob feierlich sein Glas und sagte: ›Ich fordere Sie auf, auf das Wohl unseres Chefs aufzustoßen.‹«
    »Spitze.«
    »Das sah der Chef bestimmt anders. Dabei hatte der Angestellte nur zum Ausdruck gebracht, wie er seinen Chef wirklich schätzte, nämlich gar nicht. Offen hätte er ihm das nie zu sagen gewagt. Möchtest du noch ein Beispiel hören?«
    »Gerne.«
    »Bei einer Pastorenfamilie mit vielen süßen, lieben Töchtern wurde eines Tages der Besuch des Bischofs erwartet. Und dieser Bischof hatte eine ungewöhnlich große Nase. Den Töchtern wurde deshalb streng aufgetragen, die lange Nase ja nicht zu erwähnen. Kleine Kinder platzen ja sehr oft mit solchen Bemerkungen heraus, eben weil ihr Verdrängungsmechanismus noch nicht so ausgeprägt ist.«
    »Ja?«
    »Der Bischof kam ins Pfarrhaus und die entzückenden Töchter gaben sich alle Mühe, nichts über die lange Nase zu sagen. Und mehr noch: Sie sollten die Nase nicht einmal ansehen; sie mussten versuchen, sie zu vergessen. Und daran dachten sie die ganze Zeit. Doch dann sollte eine von den Kleinen zum Kaffee den Zucker servieren. Sie stellte sich vor den ehrwürdigen Bischof und sagte: ›Möchten Sie ein bisschen Zucker in die Nase?‹«
    »Peinlich.«
    »Manchmal rationalisieren wir auch. Das heißt, wir machen uns und anderen vor, wir hätten andere als die wirklichen Gründe für das, was wir in bestimmten Situationen tun – eben weil uns die wirklichen Gründe zu peinlich sind.«
    »Ein Beispiel bitte.«
    »Ich kann dich hypnotisieren und dann dazu bringen, dass du ein Fenster aufmachst. Ich befehle dir also, dass du aufstehen und das Fenster aufmachen sollst, wenn ich mit den Fingern trommle. Ich trommle auf den Tisch – und du öffnest das Fenster. Dann frage ich dich, warum du das Fenster aufgemacht hast. Vielleicht antwortest du, dass es dir zu warm war. Aber das ist nicht der eigentliche Grund. Du willst dir nicht eingestehen, dass du meinem hypnotischen Befehl gehorcht hast. Und dann ›rationalisierst‹ du, Sofie.«
    »Ich verstehe.«
    »Es kommt fast täglich vor, dass wir derart doppelbödig miteinander kommunizieren.«
    »Ich habe doch von meinem vierjährigen Vetter erzählt. Ich glaube nicht, dass er viele Spielkameraden hat, jedenfalls freut er sich sehr, wenn ich zu Besuch komme. Einmal sagte ich, ich müsste dringend zu Mama nach Hause. Und weißt du, was er da gesagt hat?«
    »Nun sag schon!«
    »›Die ist blöd‹, hat er gesagt.«
    »Ja, das ist wirklich ein Beispiel für das, was wir unter Rationalisieren verstehen. Der Kleine hat das ja nicht so gemeint. Er hat gemeint, dass er es blöd fand, dass du gehen musstest; er fand es nur ein bisschen peinlich, das zuzugeben. Aber es kommt auch vor, dass wir projizieren .«
    »Das musst du übersetzen.«
    »Unter Projektion verstehen wir, dass wir Eigenschaften, die wir bei uns selber zu verdrängen versuchen, anderen zuschreiben. Ein richtiger Geizkragen bezeichnet zum Beispiel gern andere als geizig. Jemand, der sich nicht eingestehen will, dass er viel an Sex denkt, regt sich vielleicht als Erster darüber auf, dass andere sexfixiert sind.«
    »Ich verstehe.«
    »Freud glaubte, dass es in unserem täglichen Leben von solchen unbewussten Handlungen nur so wimmelt. Immer wieder vergessen wir den Namen einer bestimmten Person, vielleicht fummeln wir im Reden an unseren Kleidern herum, oder wir schieben scheinbar zufällig Gegenstände im Zimmer hin und her. Und wir können auch über unsere eigenen Worte stolpern und Versprecher liefern, die auf den ersten Blick vielleicht ganz unschuldig aussehen, es aber keineswegs sind. Freud jedenfalls hält solche Versprecher nicht für so unschuldig und zufällig, wie wir glauben. Er meinte, sie müssten als Symptome betrachtet werden. Solche Fehlleistungen , meinte er, könnten uns die intimsten Geheimnisse verraten.«
    »Von nun an werde ich

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