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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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war. »Geringer Druck«, sagte er, »und geringe Feuchtigkeit. Sie werden schnell abtrocknen. Sehen Sie dort!« Er zeigte auf eine Stelle, wo der Erdboden zu dampfen anfing.
    Causton beobachtete eine Gruppe von Männern, die den Hang hinunter in Richtung auf St. Pierre marschierten. »Sind Sie sicher, daß Favel weiß, daß wir noch mehr Wind zu erwarten haben?« fragte er. »Diese Leute laufen ins Verderben, wenn sie nicht schleunigst zurückkommen.«
    »Er weiß Bescheid«, sagte Wyatt. »Wir haben darüber gesprochen. Wir wollen einmal zu ihm hingehen – wo, sagte er, wo sein Hauptquartier war?«
    »Ein Stück die Straße hinauf – es ist nicht weit.« Causton lachte. »Sind wir gut genug angezogen für einen Besuch?«
    Wyatt sah die andern an – sie waren von Kopf bis Fuß mit Schlamm beschmiert, und als er an sich heruntersah, entdeckte er, daß er ebenso aussah. »Ich bezweifle, ob Favel besser aussieht«, sagte er. »Kommen Sie!«
    Sie gingen zurück, an ihrem Deckungsloch vorbei, und plötzlich blieb Causton wie angewurzelt stehen. »Guter Gott!« hauchte er. »Sehen Sie sich das an!«
    Im nächsten Loch lag ein Körper mit einem ausgestreckten Arm. Der Handrücken, der normalerweise von einem satten Braun gewesen wäre, sah schmutzig grau aus, als wäre alles Blut aus ihm abgezogen. Aber was Causton so erschreckt hatte, war die Tatsache, daß dem Körper der Kopf fehlte. Es war auch kein Kopf in der Nähe zu finden.
    »Ich glaube, ich weiß, wie das gekommen ist«, sagte Wyatt. »Es kam etwas über uns geflogen, als der Wind am schlimmsten war, und ich glaube, es war eine Wellblechtafel. Sie schlug etwa hier auf und flog dann wieder auf.«
    »Aber wo ist der Kopf?« fragte Dawson verstört.
    »Der wird auch weggeflogen sein. Es war ein starker Wind.«
    Dawson sah krank aus und ging weg. Causton sagte beklommen: »Das … das hätte auch jedem von uns passieren können.«
    »Es hätte können«, gab Wyatt zu. »Aber es ist nicht. Kommen Sie!«
    Seine Gefühle waren eingefroren. Der Anblick eines gewaltsamen Todes berührte ihn nicht. Er hatte zuviel vom Töten gesehen, zu viele erschossene und in Stücke gerissene Männer. Er hatte selbst einen Mann getötet. Zugegeben, Roseau verdiente den Tod, wenn je ein Mann ihn verdiente, aber Wyatt war ein Produkt seiner Umgebung, und das Töten kam ihn nicht leicht an. Der Anblick eines durch einen unglücklichen Zufall in einem Hurrikan Umgekommenen bedeutete ihm nichts, weil er den einzelnen Toten einer ganzen toten Armee gegenüberstellte – die auch in einem Hurrikan umgekommen war, aber nicht zufällig.
    ***
    Das Hauptquartier bestand aus einer Reihe von Erdlöchern. Das Hauptquartier war ein Hinundhereilen von Offizieren. Das Hauptquartier war ein sich ausweitender Kreis von Wirkungen, die von Favel, dem ruhigen Mittelpunkt, ausgingen.
    Wyatt kam nicht sofort zu ihm durch. Er hatte nichts dagegen, denn er hatte Favel eingeschätzt und wußte, daß er nicht vergessen sein würde und daß Favel ihn vorlassen würde, sobald er Zeit hatte. Es gab Prioritäten, und Wyatt war nicht unter den ersten. Mit Dawson wartete er am Rande der geschäftigen Gruppe und beobachtete den Betrieb. Immer größere Gruppen von Männern wurden ins Negrito-Tal hinaufgeschickt, und Wyatt hoffte, daß Favel wußte, was er tat.
    Causton war verschwunden. Er ging vermutlich seinem Beruf nach, obwohl Wyatt sich nicht vorstellen konnte, was für noch größere Katastrophen er für seine sensationshungrigen Leser finden wollte. Dawson war ungeduldig. »Ich sehe keinen Sinn darin, hier zu warten«, schimpfte er. »Da können wir doch ebenso drüben in unserem Loch sitzen.«
    »Ich möchte nicht, daß Favel jetzt einen Fehler begeht«, sagte Wyatt. »Ich werde hier warten. Sie können zurückgehen, wenn Sie wollen, und ich komme dann nach.«
    Dawson zuckte mit den Schultern. »Es ist hier nicht anders als sonstwo.« Er ging nicht weg.
    Nach einer Weile kam ein großer Neger zu Wyatt herüber, und er bemerkte bei näherem Hinsehen erstaunt, daß es Manning war, dessen Gesicht mit dem allgegenwärtigen Schlamm verschmiert war. »Julio würde gern mit Ihnen sprechen«, sagte er. Sein Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Sie haben aber wahrhaftig ins Schwarze getroffen mit diesem Hurrikan.«
    »Er ist noch nicht vorbei«, sagte Wyatt kurz.
    Manning nickte. »Das wissen wir. Julio ist schon mitten in der Vorausplanung, um zu sehen, was sich aus den Trümmern noch retten läßt. Darüber

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