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Sohn der Dunkelheit

Sohn der Dunkelheit

Titel: Sohn der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. Ward
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Knurren, und seine Fänge verlängerten sich, während er seine zivilisierte Hülle abstreifte wie eine Kobra ihre Haut.
    Als Assail das einfache Haus verließ, ahnte er bereits vage, was hinter dieser Sache steckte. Und wenn er sich nicht irrte, war es zwanzig Minuten nach der Entführung vielleicht schon zu spät.
    In diesem Fall würde ein gewisser Geschäftspartner ein paar Lektionen in Sachen Schmerz erhalten.
    Von Lehrmeister Assail.

39
    Layla blieb im Mercedes sitzen. Im Wageninneren war es warm, der Sitz war bequem, und sie fühlte sich sicher, umgeben von all dem Stahl. Vor ihr lag eine bemerkenswerte Landschaft: Die Scheinwerfer leuchteten hell und weit in die Nacht, ehe die Sicht verblasste.
    Nach einer Weile schwebten Schneeflocken durch die Lichtstrahlen, und ihre trägen, wirren Bahnen erweckten den Eindruck, als hätten sie es nicht eilig zu landen.
    Doch während sie schweigend im Auto saß und ab und an den Motor hochdrehen ließ, so wie Qhuinn es ihr bei kaltem Wetter empfohlen hatte, war es nicht still in ihrem Kopf. Nein, ihr Kopf war alles andere als leer. Obwohl ihr Blick nach vorne gerichtet war, auf den lautlos fallenden Schnee, die Straße, das friedliche Weideland … sah sie diesen Krieger vor sich. Diesen Verräter.
    Den Kerl, der ihr ständiger Begleiter zu sein schien, vor allem, wenn sie allein war.
    Selbst während sie hier mitten im Nichts in diesem Wagen saß, war seine Gegenwart beinahe greifbar und ihre Erinnerung an ihn so stark, dass sie hätte schwören können, dass er in der Nähe war. Und das Verlangen … gütige Jungfrau der Schrift, dieses Verlangen musste sie vor all den Leuten geheim halten, die sie liebte.
    Welch grausames Schicksal, derartige Empfindungen für einen zu hegen, der …
    Layla stieß einen lauten Schrei aus und drückte sich in den Sitz.
    Erst zweifelte sie, ob das, was sich da im Scheinwerferlicht materialisiert hatte, wirklich real war: Es schien, als stünde Xcor auf der Straße, eine riesenhafte Gestalt in schwarzem Leder, die das Licht der Strahler absorbierte wie ein Schwarzes Loch.
    » Nein « , schrie sie. » Nein! «
    Sie war sich nicht sicher, mit wem sie da redete oder was sie da so vehement ablehnte. Aber eines stand fest: Als er einen Schritt auf sie zu machte und dann noch einen zweiten, wusste sie, dass der Soldat keine Erfindung ihres Geistes oder ihres schrecklichen Verlangens war, sondern vollkommen real.
    Leg den Gang ein, beschwor sie sich. Leg den Gang ein, und steig aufs Gas.
    Niemand aus Fleisch und Blut, auch wenn er noch so furchteinflößend war, würde einem Aufprall von derartiger Wucht standhalten.
    » Nein « , zischte sie, als er noch näher kam.
    Sein Gesicht sah genauso aus wie in ihrer Erinnerung: vollkommen symmetrisch, mit hohen Wangenknochen, zusammengekniffenen Augen und einer tiefen Stirnfalte zwischen den geraden Brauen. Seine Oberlippe war nach oben gezogen, als würde er höhnisch grinsen, und seine Bewegungen waren … die eines großen Tiers. Seine Schultern rollten mit kaum verhohlener Kraft, seine mächtigen Oberschenkel zeugten von brutaler Stärke, als er auf sie zulief.
    Und doch … verspürte sie keine Angst.
    » Nein « , stöhnte sie.
    Einen halben Meter vor dem Kühlergrill blieb er stehen. Sein Ledermantel wurde zur Seite geweht, und seine Waffen funkelten. Die Arme hingen seitlich an ihm herab, aber das änderte sich bald. Langsam hob er die Hand und …
    Er holte etwas hinter seinem Rücken hervor.
    Irgendeine Art von Waffe.
    Die legte er nun auf das Fahrzeug.
    Und dann langte er sich mit Händen, die in schwarzen Lederhandschuhen steckten, vorn an die Brust … und zog zwei Schusswaffen unter dem Mantel hervor. Außerdem Dolche aus einem Halfter, der kreuzweise über seine Brust verlief. Und eine Kette. Und etwas, das aufblitzte, das sie aber nicht erkannte.
    All das legte er auf die Motorhaube.
    Dann trat er zurück. Hob die Hände. Und drehte sich einmal langsam um die eigene Achse.
    Layla atmete schwerfällig.
    Sie war keine Kriegernatur und hatte nie mit Kampf zu tun gehabt, doch sie erfasste instinktiv die Bedeutung des demonstrativen Entwaffnens, und dass er damit eine Verletzbarkeit einging, die ein Krieger nicht leichtfertig in Kauf nahm. Natürlich stellte er weiterhin eine tödliche Gefahr dar – ein Vampir seiner Statur und Kraft konnte problemlos mit bloßen Händen töten.
    Dennoch lieferte er sich ihr aus.
    Und signalisierte ihr, dass er ihr nichts zuleide tun wollte.
    Laylas Hand

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