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Sohn Der Nacht

Titel: Sohn Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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der letzten paar Tage, hatte sie gesehen, daß sie ihm noch immer etwas bedeutete, ja, mehr als das. Warum also konnten sie dann nicht alle wie eine Familie zusammenleben? Wovor hatte er denn so große Angst? Da gab es noch etwas, das spürte sie ganz deutlich. Einen geheimen Grund, den er nie in ihre Diskussionen hatte einfließen lassen. Irgend etwas, das so viel Macht über ihn hatte, daß es ihn zwang, alles aufzugeben, was er sich zu wünschen schien ...
    Katie spürte die vertraute Resignation. Merrick hatte sie aufgegeben, und damit basta! Jeder weitere Schritt mußte von ihm kommen. Und sie mußte aufhören, im Hinterkopf und tief in ihrem Herzen darauf zu warten. Sie mußte einfach den endgültigen gefühlsmäßigen Bruch mit Merrick vollziehen und ernsthafte Beziehungen zu anderen Männern anstreben.
    Irgend etwas ließ Katie wieder den alten Mann zur Kennt nis nehmen, der ein paar Tische weiter weg saß. Er schien sie beide diskret zu beobachten. Er sah recht gut aus mit seinem dichten weißen Haar und dem ledrigen, zerfurchten Gesicht. In vielleicht vierzig Jahren oder so könnte Merrick ihm sehr ähnlich sehen. Werde ich Merrick dann überhaupt noch ken nen? fragte Katie sich.
    Sie langte hinüber und nahm Merricks Hand. Der alte Mann lächelte und blickte wie im Reflex beiseite, als würde Katies Geste seine Erinnerungen an eigene, lang zurücklie gende Romanzen wecken.
    »Du hast immer noch die .357 Magnum, die ich dir gege ben habe?« fragte Merrick.
    »Sicher. Warum?«
    Er zog seine Hand zurück und holte etwas aus der Jacke,
    eine glänzende grüne Karte, und sie erkannte den Besucherpaß zum Schießstand der Polizei. »Ich möchte, daß du ein wenig Praxis bekommst.« Er schob den Ausweis über den Tisch.
    »Ich wünschte wirklich, du würdest aufhören, mir angst zu machen.«
    »Versprich es mir.«
    Katie hatte ihn noch nie so ernst dreinschauen sehen. Ihr Alptraum fiel ihr wieder ein, der gesichtslose Mann mit den roten Zähnen. Das Sonnenlicht verlor plötzlich seine Wärme. Sie nahm den Ausweis an sich.
    Der alte Mann beobachtete Merrick und die Frau, wie sie sich unterhielten, und verspürte eine Mischung aus Triumph und Argwohn, seinem Vater wieder so nahe zu sein. Er hatte den alten Bastard ausgetrickst - bis jetzt.       
    Was aber, wenn Merrick genauer hinsah?
    Zanes Unsicherheit wuchs, mit jedem Augenblick. Sechs Monate ohne Blut hatten ihn nicht nur altern lassen - hoffent lich, so dachte er, bis zur Unkenntlichkeit -, sie hatten ihn auch geschwächt. In seiner augenblicklichen Verfassung wäre er für Merrick kein ebenbürtiger Gegner gewesen.
    Er nippte an seinem Cappuccino, was ihn ein wenig beru higte. Er traute Vater zuviel zu. Wegen des Blutes auf dem Wasserspeier wußte Merrick, daß der Kathedralen-Mörder ein Sauger war, und er mußte argwöhnen, daß dieser höhni sche Hinweis von seinem Sohn hinterlassen worden war. Aber er konnte nicht sicher sein. Theoretisch konnte es irgendein Sauger sein - sie alle hatten einen Grund, ihn zu has sen. Sie alle wußten, wie Merrick mit denen abgerechnet hatte, die sich zur Jagd auf ihn verbündet hatten. Niemand wußte, wo sie vergraben waren, aber jeder Sauger konnte sich vorstellen, wie es wohl wäre, einer von ihnen zu sein - unter einer Tonne von Erdreich zu liegen, ganz langsam am Blut mangel zu sterben ...
    Schaudernd verdrängte Zane das schreckliche Bild. Wir alle hassen Merrick, dachte er, aber wir fürchten ihn fast noch mehr, und er weiß es. Wenn einer von uns die Courage findet, ihn zu verhöhnen, dann mußte er nach dem einen suchen, dessen Haß am stärksten war. Selbst wenn er argwöhnt, daß ich das bin, dann kann er nicht wissen, daß ich jetzt alt aus sehe. Er würde nie glauben, daß ich - oder irgendein anderer Sauger - so viel Disziplin aufbrächte, die Kehle dieser Frau aufzureißen und das Blut nicht zu trinken, mehr noch, sich sechs Monate lang jegliches Blut zu versagen.
    Zane lächelte und dachte an den Trick mit den Zähnen, den er angewandt hatte. Sein Lächeln verschwand, als er sich daran erinnerte, wie gefährlich nahe er daran war, trotzdem zu trinken, obwohl das sechs Monate Opfer und Planung zunichte gemacht hätte. Der Zwang zu töten, war der stärk ste, aber es zu tun, ohne vom Blut des Opfers zu trinken, das war wie kauen, ohne zu schlucken. Er wußte noch immer nicht genau, wie er es geschafft hatte, seinen Durst zu bezwin gen, das Blut in einem Bassin zu sammeln und es in den Abwasserkanal zu

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