Sohn Der Nacht
bei diesem Motiv bleiben? Mit Susans Leichnam konnte er den Gläubigen von Washington die Macht des Jagens zeigen.
Wirklich wichtig war natürlich, was er Merrick zeigen wollte. Die letzte habe ich versteckt, Vater, damit es nur eine Sache zwischen dir und mir bleiben sollte. Diesmal wird es ein jeder wissen. Ich werde deine Stadt terrorisieren. Sie werden dich drängen, mich endlich zu finden. Der Kampf ist eröffnet - eine weitere Hürde für dich, über die du springen mußt.
Und wenn ich an der Kirche fertig bin, sollte mir immer noch Zeit bleiben, noch einmal deine Arzt-Freundin zu besuchen. Was bedeutet sie dir, Vater? Wirst du den Schmerz spüren, wenn ich ihr weh tue?
Katie riß all ihren Mut zusammen, als sie die letzte Blutprobe von Rebecca Trent in die Labors hinunterbrachte. Fast acht Uhr abends - ein langer Tag, eine Krise nach der anderen. Was sie am meisten frustrierte, war, daß sie keine Chance hatte, weitere Tests mit den fremdartigen roten Blutkörperchen zu machen. Ihre Patienten hatten Vorrang, aber die Zellen waren auch wichtig. Irgendwo da draußen ging ein grauenhafter Killer um. Wenn sein Blut irgendeinen Hinweis auf seine Identität barg, dann würde Merrick ihn um so schneller zur Strecke bringen und ihn stoppen, je schneller sie diesen Hin weis fand.
Die Türen des Aufzugs schoben sich langsam auseinander - leer, zum Glück. Sie verspürte keine Lust, auch nur auf die geringste Anforderung an ihr Sozialverhalten - etwa durch einen besetzten Aufzug - zu reagieren. Sie lehnte sich an die Rückwand des Aufzugs, um ihre Füße ein wenig zu entlasten. Sie wagte gar nicht daran zu denken, wie sie aussah, das Haar zerzaust, der weiße Kittel mit Blutspritzern gesprenkelt, die Laufmasche in ihrer Strumpfhose, wo sie bei einer Knochen marksextraktion an den Wagen gekommen war. Ich bin so verdammt müde, dachte sie. Ich sollte jetzt eigentlich noch ein paar Stunden auf das Blut des Killers verwenden, aber mein Kopf ist auch total leer.
Sie dachte an die Probepackungen, die der Vertreter der Arzneimittelfirma heute morgen in ihrem Büro zurückgelas sen hatte. Die zwölf Kapseln Desoxyn hatten aus dem Rest herausgeragt und so einladend durch die Plastikblasen auf ihrer perforierten Unterlage gewinkt, und ihr Puls war einen Augenblick lang schneller gegangen, ein süßer Trommelwir bel des Verlangens in ihren Schläfen. Sobald der Vertreter gegangen war, hatte sie die Kapseln weggeworfen, aber viel leicht lagen sie ja noch in dem Papierkorb unter ihrem Schreibtisch.
Katie spürte es unter ihrem Haaransatz prickeln. Warum nur hatte sie die Amphetamine nicht weggespült? Normaler weise warf sie derlei Dinge umgehend in die Toilette ihres Büros.
Tief in ihrer Kehle fühlte sie einen pochenden Schmerz. Das kommt nur daher, daß ich ganz plötzlich so viel mehr zu tun habe, dachte sie. Meine Patienten, meine Untersuchungen an Rebecca, und nun das Blut des Killers. Die Arbeit daran geht zu langsam weiter, ich lasse Merrick im Stich ... Aufhören!
Mühsam verdrängte sie den Gedanken an die Amphet amine aus ihrem Verstand. Sie würde Rebeccas Blut an das Labor schicken und sofort nach Hause und ins Bett gehen. Morgen würde sie dann wieder in der Lage sein, sich erneut damit zu befassen. Irgendwie würde sie einen Weg finden, ein wenig Arbeit an dem Blut des Killers einzuschieben.
Um sich selbst abzulenken, hielt sie die Probe hoch, die sie Rebecca entnommen hatte. Teilbereich acht. In dem gnaden los fluoreszierenden Licht hier im Aufzug wirkte das Blut fast blau. Wie tapfer Rebecca der Nadel entgegengesehen hatte, als sei sie in der Tat die stoische alte Dame, die ihr Körper fälschlicherweise vorspielte. Jeden Tag schien es schwieriger zu werden, eine intakte Vene in ihrer faltigen, atrophischen Haut zu finden. Blaue und purpurfarbene Einstiche waren noch Monate danach an den Einstichstellen der Nadel zu sehen. Beschleunigtes Altern bedeutete auch langsameres Abheilen. Eine jede dieser Einstichstellen markierte einen Augenblick der Pein und der Furcht für Rebecca. Sie hatte sich nie beklagt, wenn die Nadel eingeführt worden war, selbst wenn dazu drei oder vier Versuche nötig gewesen waren, aber es mußte ihr doch Angst eingejagt haben. In die sem Körper einer alten Frau steckte schließlich ein sensibles Kind.
Sie ging das kurze Stück Flur bis zum Labor entlang, wo sie dem Nachtdienst die Probe aushändigte.
Zurück auf der Ost-Drei, begrüßte eine der Schwestern sie,
als sie gerade am
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