Sohn Der Nacht
paar
Minuten länger im Bett geblieben war und sich dann wie zufällig gestreckt hatte.
Er muß sich erst kürzlich genährt haben, dachte Zane, um ein derart feines Gehör zu haben. Ich hätte in dem Augenblick, als ich das Geräusch verursachte, hinunterspringen müssen - nein, schon in der Minute, als ich sah, was sie da taten. Als sie sich mit ihm zusammen auszog, wußte ich alles, was ich wissen mußte. Und Vater hätte es nie gemerkt. Ich wäre in der Lage gewesen, heute nacht vor dem Haus auf dem Bürgersteig auf und ab zu gehen.
Bei der Erinnerung daran, wie sein Vater und diese Ärztin im Sex miteinander verbunden waren, zitterte Zane vor Widerwillen. Ihm war beinahe übel geworden, als er sie letzte Nacht beobachtet hatte. Vater hatte sie über ihn klettern las sen, ihr einen gleichberechtigten Status gegeben, sie sogar die Angreifende sein lassen. Wie konnte ein Sauger auch nur so tun, als gebe er sich geschlagen? Das war gefährlich.
Zane spürte eine Mischung aus Wut und Abneigung gegen die Ärztin. Sie und eine lange Reihe weiblicher Normaler vor ihr hatten es Vater leichter gemacht, so sehr viel leichter, die eigene Art zu hintergehen. Die anderen Frauen waren außer Reichweite, aber die Ärztin nicht. Durch sie würde Vater bestraft werden. Ich kann ihn nicht in der Weise verletzen, wie er mich verletzt hat, dachte Zane. Er hat mich von allem Anfang an abgelehnt. Er denkt, ich hätte ihn verlassen, aber er hat mich verlassen, als er sich weigerte zu akzeptieren, was ich bin. Und dann hat er mich gejagt. Er will mich vernichten, seinen eigenen Sohn. Fünfhundert Jahre habe ich jetzt in Angst vor ihm gelebt. Er wird mich nur einige wenige Wochen lang fürchten müssen. Aber ich werde ihn leiden las sen!
Zane stellte sich die Pein in Vaters Gesicht vor, jedesmal, wenn die Ärztin schrie. Er würde sich selbst gegen solche Schreie abhärten müssen. Frauen zu quälen war nicht seine Art. Er liebte den Rausch, den er empfand, wenn er ihnen das Leben nahm, das Gefühl der absoluten, gottgleichen Kontrolle,
wenn sie schlaff wurden und ihm ihr ganzes Sein auslieferten. Aber ihnen weh zu tun war etwas anderes. Er hatte bisher immer zuerst die Blutzufuhr zu ihren Hirnen unterbunden, um sicherzustellen, daß sie keinen Schmerz verspürten.
Aber für dich, lieber Vater, werde ich eine Ausnahme machen. Je mehr du die Ärztin liebst, desto größer wird deine Pein sein. Du wirst deine Geliebte sterben sehen, und dann werde ich dich vergraben, und du kannst den langen, blinden Erstickungstod sterben, den du mir zugedacht hast.
Eine Silhouette erschien in einem der Schlafzimmerfenster. Zanes Augen paßten sich auf der Stelle an und durchdrangen die Schatten auf dem Gesicht der Ärztin. Auf ihrem Gesicht lag ein wehmütiger Ausdruck, als sie hinaus in die Nacht blickte. Dachte sie an Merrick, wünschte sie sich vielleicht, er sei hier bei ihr? O ja, er liebt dich, dachte Zane bitter. Gleich zeitig verachtet er mich. Ich werde versuchen, dich nicht schon in dieser Nacht zu töten. Ich will es so lange hinauszie hen, wie ich nur kann. Ich hoffe nur, du bist tapfer.
Er hielt die Augen weiter auf das Haus gerichtet, als er sich daranmachte, vom Baum herunter zu klettern. Ein Schatten glitt über die Rückseite des Hauses. Zane erstarrte zu Eis; er hielt den Atem an und konzentrierte sich auf den Schatten.
Vater!
Zane spürte eine Aufwallung von Angst. Wie lange war er hiergewesen? Er muß gerade um die Vorderseite herum gekommen sein. Ich habe ihn nicht einmal gehört. Fast hätte ich mich selber aus geliefert.
Er klammerte sich an den Stamm des Ahornbaumes und wagte nicht, sich zu bewegen. Wenn Merrick jetzt in seine Richtung blickte, würde er sehen, daß sein Bein unten aus der Deckung durch die Blätter hinunterhing. Sollte er es wagen, das Bein hochzuziehen? Nein, die Bewegung würde sofort Merricks Aufmerksamkeit erregen.
Sein Herz schlug schneller. Wie versteinert beobachtete er, daß Merrick an der Rückseite des Hauses entlangschritt. Er hielt sich in den Schatten. Er macht nur seine Runden, sagte
Zane sich selbst. Wenn ich warte, wird er zurück zur Front seite gehen.
Oder ich könnte versuchen, in seine Erinnerungen zu gelangen.
Plötzliche Angstneurosen ließen Zane die Fingernägel in die Borke des Baumes pressen. Mach weiter, drängte er sich selbst. Du kannst es vollbringen!
Und wenn er versagte? Wenn alles, was er erreichte, war, Vater aufmerksam zu machen? Die Entfernung war zu groß, er
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