Sohn Der Nacht
wartend verbringen lassen. Jede Belastung, die ich seinen Nerven zumuten kann, wird ihn im Kampf schwächen.
Zane ließ sich in seinen Wagen gleiten und fuhr langsam die M Street hinunter und musterte die Leute auf den Bürger steigen. Ein junges Pärchen trat gerade bei J. Paul's heraus und ging Richtung Wisconsin Avenue. Die Frau trug eine lange lederne Jacke. Ihr blondes Haar, das ihr weit über den Rücken hing, war fein und glatt. Der Mann in ihrer Begleitung war gekleidet wie ein Anwalt oder ein Börsenmakler, ein Pär chen junger Berufstätiger, die ausgegangen waren, um ihr Geld für die neuesten Drinks auszugeben. Zane verlangsamte die Fahrt und fuhr an den Bordstein, um die Frau besser in Augenschein nehmen zu können. Sie war ziemlich hübsch. Irgendwie erinnerte sie ihn an Ann Hrluska.
Zane verspürte ein plötzliches Verlangen nach dieser Frau. Sie blickte ihn an, und er lächelte ihr zu. Auch der Mann sah ihn und runzelte die Stirn. Zane ignorierte ihn und dachte an Ann. War sie noch immer in der Gegend? Allein der Gedanke
an sie brachte eine Welle der Lust. Er war mit Ann noch nicht fertig gewesen, als Merrick ihn aus Washington vertrieben hatte. Ob sie nach zwölf Jahren wohl noch immer so attraktiv war? Vielleicht - sie war damals jung gewesen und konnte jetzt nicht viel älter als dreißig Jahre sein. Ich werde sie besu chen, dachte Zane. Ihr einige weitere erotische Träume geben.
Er stellte sich vor, wie er Liebe mit Ann machte und sie dann aufwachen ließ, während er ging. Sie hatte sich im Bett aufgesetzt, ihr Körper durchgeschüttelt von Leidenschaft. Ob sie sich wohl erinnerte, daß sie denselben lebhaften Traum schon zwölf Jahre zuvor gehabt hatte, drei Nächte hinterein ander? Konnte es ihr Ehemann gewesen sein? Nein, er schlief so tief, daß er es nicht gewesen sein konnte.
Zane fühlte große Erregung. Er erinnerte sich wieder, wie zart sich Anns bleiche Schenkel unter seinen Handflächen angefühlt hatten, er erinnerte sich an ihren einladenden Man gel an Widerstand, als er die beiden auseinandergerollt hatte und dann in sie eingedrungen war. Ihre Augen, halb geschlos sen, hatten ihn nicht gesehen und statt dessen die Spur eines Liebhabers aus dem Traum weiterverfolgt. Ihr Mund, weich und breit im Schlaf, hatte nach Haselnußkaffee geschmeckt.
Lebte sie nach zwölf Jahren noch immer in demselben Haus?
Es kostete nur eine Fahrt, es herauszufinden. Schließlich hatte er weiter nichts zu tun - außer wieder ins Hotel zu gehen. Er hatte sich genährt, aber er war noch immer ausge dörrt genug, daß er einschlafen könnte. Und träumen.
Vor zwölf Jahren hatte Ann auf der Mason Lane in einer neuen Siedlung in der Fairfax County gewohnt - einer Schlaf stadt vierzig Minuten von Washington entfernt. Zane fuhr in ihre Straße hinein und stellte seinen Mietwagen auf einem noch nicht erschlossenen Stück Land ab. Ein schmutziger Weg führte unter ein paar Bäume, die den Wagen gegen die Straße hin verbargen. Zane stoppte den Motor, langte nach
seinem Aktenkoffer auf dem Rücksitz und holte Saugkappe und Glasschneider heraus, die er dann in seine Jackentasche gleiten ließ.
Als er aus dem Auto ausstieg, sah er den nahezu vollen Mond, der alles in einen milchigen Schimmer tauchte. Zane wäre völlige Finsternis lieber gewesen, aber im Grunde machte es nichts aus. Er würde vorsichtig sein - wie immer.
Einen Moment stand er da und beobachtete die Siedlung. So weit draußen auf dem Land standen die Häuser weit von einander entfernt auf großen Grundstücken. In allen Häu sern, ausgenommen dort, wo Ann Hrluska vor zwölf Jahren gewohnt hatte, waren die Fenster dunkel. Nur in jenem Haus schimmerten die linken Fenster an der Vorderfront, was dar auf hindeutete, daß das Licht womöglich aus einem rückwär tigen Raum kam - der Küche, wenn er sich recht erinnerte. Noch immer vorsichtig wegen des hellen Mondlichtes trottete er über die Mason Lane auf Anns Haus zu, wobei er die abge dunkelten Fenster in den anderen Häusern musterte und mit wachem Geist auf jede Regung achtete, die darauf hindeuten könnte, daß irgend jemand in seine Richtung blicken könnte.
Als Zane die Auffahrt hinaufging, hörte er das Rasseln einer Kette im Hinterhof. Ein Hund erschien zwischen den Latten eines niedrigen Zauns. Erst als er bellte, verengte Zane seine Halsschlagadern, und das Tier sank ohnmächtig zu Boden. Zur selben Zeit rief die Stimme eines Mannes von der Rückseite des Hauses: >Ruhig, Snapple<.
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