Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
Sicherheitsmann wurde in einen Leichensack gestopft. Im gleichen Augenblick, als der Reißverschluss zugezogen wurde, summte Grubers Funkgerät.
»Was ist, Travis?«, fragte Gruber ungehalten.
»Wir scheinen einen ungebetenen Besucher im Ostflügel zu haben.«
»Unmöglich.«
»Er sendet nicht autorisierte Informationen aus dem Gebäude. Es handelt sich offenbar um den Bruder des Präsidenten.«
Eine Sekunde lang war Gruber sprachlos. Dann überkam ihn der Zorn.
»Ich werde mich selbst darum kümmern.« Er zog seine halbautomatische Sig Sauer P 225 aus dem Holster.
»Sie sollten sich besser beeilen. Seine Exzellenz ist höchst ungehalten.« Es folgte ein fast unmerkliches Zögern, bevor Travis fortfuhr: »Er sagt, Nicholas De Vere trägt das Zeichen des Nazareners.«
Nick erstarrte. Der Klang von polternden Schritten in den Korridoren des Ostflügels kam näher.
Verzweifelt gab er zum neunten Mal Weavers verschlüsselte E-Mail-Adresse ein. Ein lautes, forderndes Klopfen kam von der verriegelten Eingangstür des Ostflügels.
Nick klickte auf Senden .
»De Vere, aufmachen! Ich weiß, dass Sie da drin sind!«, schrie Gruber vom Gang her.
Die Schläge an die Tür wurden heftiger.
Grubers Stimme drang erneut zu Nick herein. »Sprengt die Tür auf!«
Die Bilddateien des E-Mail-Anhangs wurden hochgeladen, während Gruber vor der Tür Anweisungen auf Deutsch brüllte.
Nick sah zu, wie diesmal die Daten erfolgreich in den Cyberspace übertragen wurden.
Dann drückte er auf Löschen .
Löschen. Löschen. Löschen …
Er war gerade dabei, die letzte Datei zu löschen, als die Tür mit einem Knall aufflog.
Gruber stieß den Sakristeieingang der Abteikirche auf und schob den nun mit Handschellen gefesselten Nick in Richtung Apsis, wo Adrian hinter dem Altar auf und ab ging.
Adrian blickte auf seinen sich heftig wehrenden Bruder, dann sah er Gruber an.
»Das ist nicht notwendig«, erklärte er mit einem Blick auf die Fesseln.
Mit finsterem Gesicht und offenkundigem Widerwillen schloss Gruber die stählernen Handschellen auf.
Nick rieb sich die Handgelenke. Er würdigte Gruber keines Blickes.
»Nicky«, sagte Adrian ruhig, »ich dachte, du hättest Mont-Saint-Michel bereits verlassen.« Er hielt inne. »Heute Nachmittag. Dein Wagen hat das Tor passiert. Die Wachen haben es bestätigt.«
»Du hast es überprüft?« Nick funkelte ihn an.
»Er hat sich im Ostflügel versteckt«, knurrte Gruber. »Er hat von dort aus alles mit angesehen. Und es sogar fotografiert.« Er hielt Nicks Kamera hoch.
Nick sah seinen Bruder an.
»Du bist ein Dieb, Adrian!«, quetschte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ein gemeiner Dieb.« Die Empörung ließ ihn alle Angst vergessen. Seine Stimme wurde lauter. »Die heilige Bundeslade, um Gottes willen!«
Tränen des Zorns standen Nick in den Augen. Er schlug wild nach seinem Bruder und traf Adrian an der Brust.
Adrian starrte ihn ungläubig an, als eine heftige elektrische Schockwelle seinen Körper durchlief. Lorcan de Molay hatte recht. Sein kleiner Bruder trug das Siegel.
Adrian löste seine Krawatte. Schweiß stand auf seiner Stirn. Es war kein Zweifel möglich. Er hatte die Macht des Nazareners in Nicks Hand gespürt.
Sein Bruder war sich der Macht, die er besaß, gar nicht bewusst; dessen war Adrian sich sicher. Und so sollte es nach seinem Willen auch bleiben.
»Die Bundeslade ist ein unschätzbares Gut, Adrian!«, rief Nick. »Sie gehört zum Weltkulturerbe. Du kannst sie nicht einfach in deine Trophäensammlung einreihen …«
Adrian packte Nicks Arm in einem schraubstockartigen Griff.
»Beruhige dich, Nick«, sagte er warnend. »Du machst dich selbst zum Narren.«
»Ich soll mich beruhigen?«, schrie Nick. Er riss sich aus Adrians Griff los. »Die ganze Macht, die du hast, ist dir zu Kopf gestiegen.« Er war so aufgewühlt, dass er zitterte. »Du hast gerade die meistbegehrte Antiquität auf der Welt gestohlen, und du willst, dass ich mich beruhige. Du kannst sie dir nicht einfach nehmen … oder kaufen … oder stehlen.«
»Nicht so laut, Nick.« Adrians Stimme war immer noch sanft, hatte jetzt aber einen drohenden Unterton.
»Sie gehört in ein archäologisches Museum!«, kreischte Nick, der jetzt völlig außer sich war und keine Rücksichten mehr kannte.
Adrian trat einen Schritt auf Nick zu und sah ihm direkt in die Augen.
»Sie gehört …«, Adrian holte tief Luft, »… den Juden .«
Er wies mit einer Handbewegung nach rechts,
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