SO!KIA: Die vergangene Zukunft (German Edition)
Rettungsbooten aufzufischen.
Der seemännischen Besatzung wurde keine Ruhe gegönnt. Ständige Bereitschaft war gefordert. Der „Alte“ schäumte wegen des Zeitverlustes. Aber MAYDAY ist nun mal MAYDAY.
Ein Davonstehlen war nicht drin, zumal von Landseite her, trotz mehrmaliger Anforderung an die zuständigen Stellen, keine Hilfe entsandt wurde. Der angekündigte Rettungshubschrauber stand seit Stunden in Oviedo zum Auftanken, hieß es stundenlang.
Und eine französische, uralte Noradlas wollte Rettungsinseln abwerfen. Wozu das gut sein sollte, das konnte niemandem verklart werden, denn Rettungsinseln hatten auch sie an Bord. Deren Abwurf aus der Luft düngte sich also vollkommen, sagen wir mal, pervers, wenn man an Frauen und Kinder an Bord des sinkenden Schiffes dachte, was die Besatzung natürlich tat.
Die Leute dort drüben wollten nicht in die See springen, nicht in die Rettungsinseln klettern, schon wegen der soeben genannten Kleinkinder sowie einiger Offiziersfrauen an Bord des Schiffes, sondern per Chopper vom Deck des Frachters abgeborgen werden.
Und die Menschen an Bord der Anelis Christoph gerieten in Panik, wenn sie nur sahen, dass die Atlante etwas an Abstand zu ihnen gewann, normal bei dieser schweren See und den unterschiedlichen Geschwindigkeiten zwischen den beteiligten Schiffen.
Und nun war es geschafft, der Hafen von Avilés nach Stunden der Angst erreicht.
Der Havarist wurde, bis zu den Ladeluken im Wasser versunken, fest an der mit Menschen übersäten Pier vertäut.
Menschen, deren Leben die See ist, Fischer und deren Frauen, Kinder und Alte; der gesamte Ort schien im Hafen zu sein.
Die Presse wollte aufgeklärt werden. Der Kapitän und sein Steuermann Jan auch.
Denn wo war der versprochene Rettungshubschrauber die ganze Zeit über verblieben?
Keiner wusste es.
Kapitän Gerd Bau hatte es eilig, time is money. Und im Falle seines Schiffes sehr viel Geld.
Ein Hafenarzt kam kurz an Bord, checkte die nun neun Grippekranken der Atlante, verteilte Medikamente und gab nach der Absprache mit dem „Alten“ das Okay zum Weiterfahren.
Das Forschungsschiff lief nur dreieinhalb Stunden später und nach Erledigung des Havariepapierkrams aus, nahm Kurs auf Kap Ortegal.
Es umschiffte das gefährliche Kap Finisterre und die Costa de la Muerte, die Todesküste, welche Hunderte Menschenleben und zig Wracks, einem Tribut gleich, bis dato gekostet hatte und immer kosten wird, bei leichter, westlicher Brise.
Es war eine Seltenheit, zu dieser Jahreszeit ungeschoren bei dieser vorherrschenden Wetterlage passieren zu können.
Die aufgeregten Nichtseeleute an Bord begrüßten und fotografierten begeistert zigfach diesen Felsen am „Ende der Welt“.
Dann Südkurs an Oporto vorbei, zwischen den Inseln Berlengas durch, bis Lisabon und Cap San Vicente.
Und immer der gleiche Tagesablauf, zumindest auf der Brücke und im Maschinenraum.
Die Abwechslung?
Besuche seitens Ute, immer erfreulich und aufreizend.
Auch einigen seemännisch interessierten Wissenschaftlern, darunter waren Spanier, ein Australier und diverser Franzosen, Deutsche und Briten, deren Besuch auf der Brücke eine gewisse Eintönigkeit der Wache auflockerte, die jedoch als weniger aufreizend und nicht so erfreulich von Jan eingestuft wurden.
Woran mochte das liegen?
An den fehlenden weiblichen Attributen?
Außerdem ging es ihm nicht sehr rosig und da waren wenig Besuche willkommen.
Ausnahme: Ute.
Und irgendwo zwischen Vigo und Oporto, beim mittäglichen Wachwechsel, verließ der Kapitän nicht sofort die Brücke, wie alle Tage, sondern wandte sich an Jan mit den Worten:
„Steuermann, wir haben neue Order seitens der Kompanie.“
„Neue Order, Kapitän?“
„Sie entsinnen sich des Seegespräches am 31., richtig? Die Reederei hat mir damals angekündigt, dass unser nächster Anlaufhafen Barcelona, nicht Suez sein wird.“
„Barcelona? Das gefällt mir weitaus besser als Suez. Barcelona kenne ich sehr gut aus meiner Zeit als Dritter an Bord der ...“
„Okay, Chief, lassen wir das für später. In Barcelona werden wir die Flagge wechseln sowie die kranken Matrosen und Wissenschaftler und Sie selbst, wenn es Ihnen nicht besser geht bis dahin!“
„Ute von Braun auch?“
„Nein, Fräulein von Braun bleibt an Bord, denn sie ist ja gesund. Das Ziel unserer Reise ist, wie gesagt, geändert worden und außerdem ist sie derzeit unersetzlich, genau wie Sie und der Zwolle. “
An dieses Gespräch erinnerte sich Jan als er den
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