Soko Mosel
Richtung gefahren … Es blieb ihm keine Zeit zum Nachdenken. Er schlüpfte mit dem Rad in die hell erleuchtete Kabine, in der sich nur eine Handvoll Fahrgäste befand. Das Rad war kein Problem, hier hätte ein Kleinwagen hineingepasst.
Das letzte, was Bob durch die zugleitende Tür sah, war der Motorradfahrer von vorhin, der auf den Fahrstuhl zueilte. Zu spät! Im Hintergrund stand seine aufgebockte Maschine. Das Licht brannte noch.
Unten glitt Bob als erster aus der Tür. Im Laternenlicht glänzte das Pflaster der Gassen. Es hatte leicht zu regnen begonnen. Auf einem leicht abschüssigen Weg trat er voll in die Pedale.
Vor dem dunklen Torbogen bremste er scharf. Das Hinterrad rutschte weg. Bob schlitterte mit dem rechten Fuß über das Pflaster, um das Rad wieder abzufangen.
Von den Personen, die im Taxi saßen, sah er nur die Hinterköpfe. Er reichte das Päckchen durch die offene hintere Scheibe und knickte dabei eine Seite der Zeitung um.
Schnell nahm Bob wieder Fahrt auf. Hinter dem Torbogen bog er scharf nach links ab und fuhr auf der anderen Seite in Richtung Fahrstuhl zurück. Als er sich umdrehte, war das Motorrad erneut hinter ihm.
*
»Eine 750er, konnten die nicht eine diskretere Maschine nehmen?«, von Manstein schüttelte den Kopf. »Aber wenigstens kann Bob so nicht entkommen.«
»Wir können froh sein, dass die Luxemburger Gendarmerie überhaupt so schnell reagiert hat«, merkte Grabbe an, der wegen seiner besseren Ortskenntnis den LKA-Mercedes über die jetzt wieder frei gegebene Autobahn zur Hauptstadt lenkte. Zwei Assistenten von Mansteins waren auf den Rücksitzen damit beschäftigt, die Funkverbindung zum Gendarmen auf dem Motorrad und über Telefon Kontakt zu den deutschen Kollegen zu halten.
»Scheiße, er hat ihn abgehängt!«, schrie einer.
»Was soll das heißen? Wo?«, von Manstein drehte den Kopf abrupt nach hinten.
»Ich kann nicht alles verstehen. Irgendwas mit Fahrstuhl runter zum Grund.«
»Das ist ein Stadtteil von Luxemburg, liegt tief unten im Flusstal«, erklärte Grabbe.
Sie rasten mit fast 200 Stundenkilometern an dunklen Glasfassaden von EU-Gebäuden am Stadtrand vorbei, wo ein Meer aus bunten Fahnen an den noch vor wenigen Stunden sich hier abspielenden Trubel des Ministertreffens erinnerte.
»Wie weit ist es noch?«, fragte der Soko-Chef den Fahrer.
»Bis zum Luxemburger Präsidium?«
»Nein, bis zu diesem Place …«
»St-Esprit«, ergänzte Grabbe, »Das heißt …«
»Ja, genau.«
»Nur ein paar Minuten.«
»Dann nix wie hin!«
Grabbe sauste in hohem Tempo über die Stadtstraßen.
»Er hat ihn wieder!«, wurde vom Rücksitz gemeldet.
»Und was hat er in der Zwischenzeit angestellt?«, fragte der Soko-Chef.
Er erhielt keine Antwort.
Grabbe stoppte den Wagen direkt an der Brüstung der Felswand. Von Manstein und Grabbe sprangen hinaus. Unten im Tal spiegelten sich Straßenlaternen und erleuchtete Kneipenfenster im Wasser der Alzette.
»Er kommt wieder zurück«, rief einer aus dem Fahrzeug. »Mit dem Fahrstuhl.«
»Los«, von Manstein eilte zum Wagen.
Als Grabbe sich anschnallen wollte, drängte der LKA-Mann: »Machen Sie schon, wir müssen zu diesem Aufzug.«
Grabbe setzte mit quietschenden Reifen zurück, bremste schroff ab und ließ die Reifen beim Anfahren dermaßen durchdrehen, dass mindestens die Hälfte des Profils auf der Straße blieb.
Die Kabine war noch unterwegs, als der schwarze Mercedes schlitternd vor dem Fahrstuhl zum Halten kam.
Bob war der erste, der aus der hellen Kabine kam. Er schlängelte sich akrobatisch an ihnen vorbei und steuerte, immer wieder aus dem Sattel gehend, wenn hohe Bordsteine im Weg waren, auf seinen parkenden Wagen zu.
»Zugriff!«, zischte von Manstein.
»Wie bitte?«, fragte Grabbe.
»Verdammt, nun machen Sie schon!«
Grabbe musste Rücksicht auf Fußgänger nehmen. Um so weniger kümmerte ihn der Wagen und die Insassen. Er folgte Bob auf direktem Weg und jagte den Wagen gnadenlos über die Bordsteine.
*
Lorenz wies den Fahrer an, noch eine Minute zu warten. Entweder es hatte geklappt oder er wurde jetzt verhaftet.
Vorn bremste ein Wagen und blendete auf. Die Türen blieben geschlossen. Lorenz schaute sich um. Hinter ihm tat sich nichts.
Er umfasste das Paket auf dem Schoß mit beiden Händen. Es war leichter, als er es sich vorgestellt hatte.
Der Wagen vorn hupte.
Der Taxifahrer schaltete die Leselampe aus und faltete gemütlich seine Zeitung zusammen. Er schaute fragend nach hinten:
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