Soko Mosel
Bücherregal.
Der Arzt bemerkte Harrys Gegenwart: »Sollen wir das hier mal sichern?«
Er deutete mit dem Gummihandschuh auf den Zigarettenstummel zwischen Wieckmanns Finger.
Harry winkte die beiden vom Regal herbei: »Könnt ihr mal?«
Der eine fasste mit der Pinzette die Kippe. Sie löste sich in dem Moment, als der Arzt die Finger der Leiche spreizte.
»Das war seine letzte Zigarette«, der Arzt deutete auf den Plastikbeutel.
»Und die hat ihn vielleicht umgebracht«, ergänzte Harry. Er schüttelte den Inhalt des Beutels auf den Nachttisch.
»Darf ich?«, fragte er und nahm ein Skalpell aus dem aufgeklappten Instrumentenkoffer.
»Sollte das nicht im Labor untersucht werden?«, fragte der Arzt.
»Dafür ist jetzt keine Zeit mehr.« Als Harry das Skalpell durch das Zigarettenpapier von der Asche bis zum Filter zog, quoll brauner Tabak heraus. Dazwischen kam ein helles Pulver zum Vorschein.
*
»RPR-Radiodienst: Wir bitten um Aufmerksamkeit für eine Warnmeldung des Polizeipräsidiums Trier: Es wird dringend vor dem Konsum von Zigaretten der Marke FARMERS gewarnt. Es besteht der Verdacht, dass mit einer hochgiftigen Substanz präparierte Zigaretten in Umlauf gebracht worden sind. Ich wiederhole …«
Vor wenigen Minuten hatte Monika die Meldung über den großen Presseverteiler herausgegeben, der auch überregionale Medien einschloss. Noch während die Mails und Faxe liefen, hatte sie ihren Anrufbeantworter mit dem Satz präpariert: »Zu dem Warnhinweis bezüglich der präparierten Zigaretten ist zur Zeit aus ermittlungstechnischen Gründen kein Kommentar möglich.«
Es dauerte keine Minute, bis der Anrufbeantworter Schwerstarbeit leisten musste. Ununterbrochen spulte er sein Sprüchlein herunter.
Monika saß, weit in ihren Sessel zurückgelehnt, am Schreibtisch und ließ im Stakkato die Mine ihres Kugelschreibers vor und zurück schnappen.
Gegenüber fläzte sich Staatsanwalt Blau auf dem Sofa und stöberte in den mitgebrachten Akten. Monika stellte den Sender des Radios auf Südwestrundfunk um. Seit Minuten gab das Funkgerät, über das sie die Entwicklung in Luxemburg verfolgen wollte, nur noch Rauschen von sich.
Monikas Telefon klingelte.
»Wie ist die Reaktion?«, fragte der Polizeipräsident.
»Heftig, der Anrufbeantworter läuft heiß.«
»Dann werden bald die ersten Presseleute vor der Tür stehen. Ich kann mich auf Sie verlassen, absolute Nachrichtensperre, wie abgemacht?«
»Ja, Herr Stiermann.«
»Sie kümmern sich selbst …«, Monika hielt den Hörer so weit vom Ohr entfernt, dass nur noch Satzfetzen zu ihr drangen.
»… dass uns der Grabbe vor der überregionalen Presse blamiert, das fehlte …«
Das Piepsen aus dem Radio ließ Monika aufhorchen: »Einen Moment, Herr Präsident, der Südwestrundfunk …«
Die Nachricht lief im gleichen Wortlaut ab, wie sie ihn durchgegeben hatte.
Stiermann führte sein Lamento fort. Monika versuchte, den Polizeipräsidenten mit dazwischengestreuten »Ja, Chef,«, »Wird gemacht, Herr Präsident«, »Selbstverständlich«, »Geht in Ordnung«, »Ja, so sehe ich das auch« zu beruhigen.
Kaum hatte sie endlich auflegen dürfen, klingelte das Telefon erneut. Ein Redakteur von RPR hatte es geschafft, die Telefonzentrale, auf die sie den Apparat umgestellt hatte, zu überlisten. Er sprach im Schnellfeuertempo: »RPR-Regionalnachrichten. Ihr Warnhinweis ist raus, hier ist die Hölle los. Die Telefone stehen nicht mehr still. Es hat also schon Tote gegeben. Sie machen sich sicherlich Vorwürfe, dass Sie erst so spät an die Presse gegangen sind. Wie hoch war noch mal die Forderung und welche toxische Substanz wird verwendet?«
»Sind Sie sicher, in der Nachrichtenredaktion zu arbeiten, oder sind Sie vielleicht doch der Märchenonkel vom Dienst?«
»Gute Frau, ich habe für Späße keine Zeit und, offen gestanden, auch keine Nerven. Wie ich bereits sagte, ist hier die Hölle los. Außerdem bin ich seit einer Viertelstunde Nichtraucher und verspüre die ersten Entzugserscheinungen, also bitte, beschränken Sie sich auf die Fakten. Wie viel Tote, wie hoch ist die Forderung, welche Substanz ist dem Tabak beigemischt?«
»Kein Kommentar.«
Der Radio-Mann ließ nicht locker: »Kann man den Packungen ansehen, ob an ihnen manipuliert wurde? Haben Sie Hinweise für unsere besorgten Hörer?«
»Ich kann Ihren Hörern leider im Moment nur raten, Ihrem guten Beispiel zu folgen und das Rauchen einzustellen.«
Sie legte auf: »Puh, ganz schön cleveres
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