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Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Titel: Solang die Welt noch schläft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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dachte sie niedergeschlagen. Ohne das angekündigte »Dessert Surprise« abzuwarten, legte sie die Serviette neben ihren Teller und murmelte einen Abschiedsgruß.

    Die Luft in der Werkzeugkammer des Vereinsheims war muffig. Es roch nach Gummi, Talkumpulver, Schmieröl und alten, schmutzigen Lappen. Mit beiden Händen wühlte Adrian im Werkzeugregal nach dem passenden Gerät, mit dem er die Vorderradgabel seines Velos ausbauen konnte. Verschiedene Schraubenschlüssel, Zangen, die Dose mit dem Lagerfett … Gute Laune machte sich in ihm breit. Hier war er in seinem Element!
    Kurz darauf trug er seine Werkzeugkiste zum überdachten Vorplatz der Velogarage, wo er bereits sein Fahrzeug abgestellt hatte. Er zog das Jackett aus und warf es übers Geländer, breitete eine alte Decke auf dem Boden aus, um seine Hosen zu schützen, und machte sich dann an die Arbeit.
    Er hatte den Schraubenschlüssel noch nicht angesetzt, als seine gute Laune so plötzlich verflog, wie sie gekommen war.
    Warum konnte er Isabelle nicht lieben?
    Ungestüm begann er, in seinem Werkzeug zu wühlen. Verflixt, wenn er sich jetzt mit solchen Gedanken herumplagte, hätte er gleich bei der Feier bleiben können. Sein plötzlicher Aufbruch war sowohl von seinen als auch von Isabelles Eltern mit einem indignierten Heben der Augenbrauen quittiert worden, bestimmt würde er sich nachher wieder eine Gardinenpredigt anhören müssen. Eine Gardinenpredigt, wie ein vierzehnjähriger Pennäler!
    Und wennschon, dachte Adrian trotzig. Hier und jetzt hatte er seine Ruhe, immerhin.
    Ach, er hatte die Nase vom ewig gleichen Palaver der ewig gleichen Leute so voll! Ein wenig frischer Wind um die Ohren – das war es, was er benötigte. Also hatte er auf der verlassenen Rennbahn ein paar Runden mit seinem Velo gedreht. Danach war es ihm bessergegangen, und er beschloss, den Rest des Sonntagnachmittags für die Reparatur an seinem Velo zu nutzen. Gestern hatte er von einem Spezialausstatter ein Paket erhalten, darin war die von ihm sehnsüchtig erwartete neue Vorderradgabel gewesen. »Ein Wunderwerk der Technik« – und nun konnte er es kaum erwarten auszuprobieren, ob das neue Produkt der vollmundigen Beschreibung im Herstellerkatalog standhielt.
    Gespannt setzte Adrian seinen Franzosenschlüssel am oberen Ende der Radgabel an, um die gekonterten Muttern, mit denen die Gabel befestigt war, zu lösen.
    Isabelle war ein tolles Mädchen. Sie war attraktiv, vorausgesetzt, man mochte rothaarige Frauen. Sie hatte Stil, war klug und verfügte über einen trockenen Humor, mit dem sie die Lacher oft auf ihrer Seite hatte. Schlagfertig war sie auch. In ihren Kreisen war sie äußerst beliebt, und eine gute Partie obendrein. Außerdem – und das hätte er bei einem so verwöhnten jungen Mädchen am allerwenigsten vermutet – war sie auf angenehme Weise unkompliziert. Warum, verdammt noch mal, konnte er sie also nicht lieben? Das hätte die Sache so viel einfacher gemacht! Isa und er wären längst verheiratet und sein Vater würde ihn endlich in Ruhe lassen. Stattdessen grübelte er seit Ewigkeiten darüber nach, wie er aus der ganzen Sache wieder herauskommen konnte.
    Die Verträge, die Moritz Herrenhus seinem Vater vorgelegt hatte und in denen es um enorme Leihsummen ging, waren voller rechtlicher Winkelzüge – Isabelles Vater konnte große Teile des Geldes mit einem Fingerwink auf der Stelle zurückfordern, falls er und Isabelle …
    »Halt, was machst du denn da?«, ertönte plötzlich eine Frauenstimme hinter ihm. Adrian drehte sich um und sah Isabelles Freundin vor sich stehen. »Mit dem Franzosen kannst du die unteren Muttern nie und nimmer lösen! Dafür benötigst du einen flachen Konusschlüssel. Anderweitig läufst du Gefahr, die Vorderradgabel zu beschädigen –« Die junge Frau verstummte abrupt und sah ihn erschrocken an. »Verzeihung, jetzt habe ich einfach du gesagt, aber die Frauen im Vereinsheim meinten, das sei hier so üblich …« Sie kniete sich neben ihn und schob ohne viel Aufhebens den blauen Rock unter ihre Knie, dann kramte sie in der Werkzeugkiste, die er hergerichtet hatte. Mit geübtem Handgriff setzte sie einen flachen Schlüssel an. Im nächsten Moment zog sie sanft die Radgabel nach unten aus ihrer Halterung und legte sie zur Seite. Die Lagerkugeln, die hinterherplumpsten, fing sie gekonnt mit einer Hand auf.
    Adrian schaute ihr staunend zu, alle Gedanken an Isabelle und die verhängnisvolle Lage, in der er sich befand, waren

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