Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
Vom Netzwerk:
Wirkung, man lachte und rief sich über den Tisch vergnügte Bemerkungen zu.
    Endlich saßen alle. Heinrich erhob sich und verschaffte sich Gehör, indem er mit einem Messer leicht an sein Weinglas schlug. »Liebe Freunde, lasst mich euch noch einmal versichern, wie sehr Feodora und ich uns freuen, euch alle bei uns zu haben. Meine kleine Frau …«
    Feodora sah betreten nach unten. Wie sie diesen Ausdruck hasste!
    »… hatte eine Idee, den Abend für euch noch amüsanter zu machen.« Heinrich schwitzte bereits stark und machte eine Pause, um sich Gesicht und Stirn abzutupfen. »Also, nach jedem zweiten Gang nehmen die Herren ihr Glas und ihre Serviette und rücken zwei Plätze weiter nach …« War es jetzt links oder rechts? Er blickte seine Frau Hilfe suchend an.
    »Nach links«, rief Feodora ihm zu. Außerdem machte sie ihm Zeichen wie das Schlagen des Gongs.
    »Ach ja, und Ludolf wird zu jedem Platzwechsel den Gong schlagen.« Er hob sein Glas. »Ihr habt also einen abwechslungsreichen Abend vor euch. Ein Prosit auf meine Frau.«
    Ein einstimmiges Prosit erklang, und schon setzte wieder lautes Stimmengewirr ein.
    »Was hat der Harden da gesagt?« Oberst von der Grüben hatte nur die Hälfte von Heinrichs Rede verstanden. Er war schwerhörig, aber viel zu eitel, zu solchen Abendgesellschaften sein Hörrohr mitzunehmen.
    Elisa von Witzleben, froh, ihren Tischherrn bald wieder los zu sein, erklärte ihm, wie der Abend ablaufen sollte. »Dumusst dein Glas und die Serviette nehmen und zwei Plätze weiterrutschen.«
    »Na so was«, sagte der Oberst, »ist das gar nicht mein Platz?« Er erhob sich bereits wieder.
    »Nein, Hubert, jetzt noch nicht.« Sie zog ihn zurück auf seinen Stuhl. »Erst nach zwei Gängen.«
    »Ach so …« Man sah ihm an, er begriff die Welt nicht mehr!
    Ida zwinkerte ihrer Freundin zu. Das mit dem Platztausch war ja wirklich eine Überraschung! Feda hatte ihr vorhin überhaupt nichts davon erzählt. Eigentlich gar nicht so übel, diese Idee. Sie würde sie bei der Herbstjagd in Klein Darkehmen übernehmen.
    Zu Feodoras Erstaunen war ihr Tischherr nicht mehr der alte Witzleben, sondern Karl Fichtel. Heinrich musste die Tischordnung in letzter Minute geändert haben.
    »Originell, was Sie da vorgeschlagen haben. Nur beraubt es mich zu schnell Ihrer zauberhaften Gesellschaft.« Seine wässrigen Augen hatten einen merkwürdigen Ausdruck, als er sie ansah. Die Frau hatte seinen Freund viel Geld gekostet, zu gern hätte er gewusst, ob sich die Investition gelohnt hatte.
    »Wie Heinrich mir sagte, werden Sie eine Weile unser Gast sein. Wir werden also noch viel Gelegenheit haben, miteinander zu plaudern.« Feodora mochte den Mann nicht.
    Ein Schwarm von Dienern begann jetzt, die Vorspeisen zu servieren – erst Suppe und dann Pasteten, von denen Georg Henkiel sich mehrmals bediente. Die strafenden Blicke seiner etwas weiter entfernt sitzenden Frau ignorierte er.
    Als der Gong zum Platzwechsel ertönte, herrschte erst einmal ein heilloses Durcheinander. Einige gingen nachrechts anstatt nach links, andere liefen zurück, weil sie ihr Weinglas oder die Serviette oder beides vergessen hatten, und Oberst von der Grüben dachte gar nicht daran, sich zu erheben. Erst wollte er unbedingt noch seine Erlebnisse von der Schlacht bei Königgrätz zu Ende erzählen.
    »Du musst jetzt aufstehen, Hubert. Es ist Platzwechsel«, ermahnte ihn Elisa von Witzleben.
    »Was ist? Aber das Interessanteste kommt ja erst noch!«
    »Die Geschichte hast du mir doch kürzlich schon bei den Orlovs erzählt. Du kannst ganz beruhigt sein. Ich weiß, wie sie ausgeht.«
    »Ach wirklich …? Und was meinst du, soll ich jetzt tun?«
    Elisa drückte ihm sein Glas und die Serviette in die Hand und winkte einem Lakaien, den Oberst an seinen nächsten Platz zu führen.
    »Eigentlich bin ich für so was zu alt«, sagte er seufzend zu Helene Wedel, als er endlich als Letzter auf seinem neuen Stuhl saß. »Geht das jetzt den ganzen Abend so weiter?«
    »Ich fürchte, ja«, sagte Helene lachend. Sie fand das Ganze sehr lustig.
    Heinrich lief der Schweiß. Genau so hatte er sich das vorgestellt! Was war das bloß für eine Schnapsidee von seiner Frau! Aber schon beim zweiten Platzwechsel lief es besser, und danach ging es reibungslos. Dank Ludolfs Aufmerksamkeit waren die Weingläser immer gefüllt, und die anfängliche Unruhe wandelte sich in ausgelassene Fröhlichkeit.
    Feodora vermied den ganzen Abend, in Gottfrieds Richtung zu sehen. Sie

Weitere Kostenlose Bücher