Solange am Himmel Sterne stehen
es. Ich muss nur manchmal erinnert werden. Bitte komm herein.«
Ich folge ihr in das schwach erhellte Apartment, wo sie mich ans Wohnzimmerfenster führt.
»Ich habe mir eben den Sonnenuntergang angesehen, Liebes«, sagt sie. »Und gleich werden wir den Abendstern sehen können.«
Nordstern-Vanilleküchlein
KÜCHLEIN
Zutaten
1 Tasse ungesalzene Butter, Zimmertemperatur
1½ Tassen Kristallzucker
4 große Eier
1 TL reines Vanilleextrakt
3 Tassen Mehl
3 TL Backpulver
½ TL Salz
½ Tasse Milch
Zubereitung
1. Ofen auf 175 Grad vorheizen. 24 Muffinformen mit Papiertütchen auskleiden.
2. Butter und Zucker in einer großen Schüssel mit einem elektrischen Handrührgerät schaumig schlagen, dann ein Ei nach dem anderen unterrühren. Vanilleextrakt dazugeben und gründlich verrühren.
3. Mehl, Backpulver und Salz mischen, sieben und portionsweise, abwechselnd mit der Milch, zu der Buttermasse geben.
4. Die Muffinformen etwa zur Hälfte füllen. 15-20 Minuten backen oder bis an einem Zahnstocher, mit dem man in ein Küchlein sticht, kein Teig mehr hängen bleibt. Zehn Minuten in den Formen abkühlen lassen, danach auf ein Drahtgitter legen, bis sie völlig abgekühlt sind.
5. Wenn die Küchlein völlig abgekühlt sind, mit rosa Glasur (Rezept siehe unten) überziehen.
ROSA GLASUR
Zutaten
1 Tasse ungesalzene Butter, leicht erwärmt
4 Tassen Puderzucker
½ TL Vanilleextrakt
1 TL Milch
1-3 Tropfen rote Lebensmittelfarbe
Zubereitung
1. Die Butter in einer mittelgroßen Schüssel mit einem elektrischen Handrührgerät schaumig schlagen.
2. Nach und nach den Zucker unterrühren, bis alles gut vermengt ist.
3. Die Vanille und die Milch dazugeben und sorgfältig verrühren.
4. Einen Tropfen rote Lebensmittelfarbe dazugeben und gut unterrühren. Wenn die Glasur ein dunkleres Rosa bekommen soll, ein oder zwei Tropfen mehr dazugeben und nach jedem Tropfen gründlich verrühren. Die Küchlein wie oben angegeben mit der Glasur überziehen.
3
Rose starrte aus dem Fenster und suchte, wie sie es immer tat, nach dem ersten Stern am Horizont. Sie wusste, dass er aufgehen würde, so funkelnd und strahlend wie eine ewige Flamme, sobald die untergehende Sonne Streifen aus Feuer und Licht an den Himmel malte. Als sie ein kleines Mädchen war, nannten sie diese Dämmerung l’heure bleue , die blaue Stunde, die Zeit, wenn es nicht mehr ganz hell und noch nicht völlig dunkel war. Rose hatte in diesem besonderen Moment stets Trost gefunden.
Der Abendstern, der jeden Abend in der tiefen, samtigen Dämmerung aufging, war immer ihr Lieblingsstern gewesen. Dabei war es gar kein Stern: Es war der Planet Venus, benannt nach der Göttin der Liebe. Das hatte sie vor langer Zeit gelernt, aber es hatte nichts geändert, nicht wirklich. Wenn man in den Himmel blickte ließ sich schwer sagen, was ein Stern war und was nicht. Jahrelang hatte sie all die Sterne gezählt, die sie am Nachthimmel sehen konnte. Sie suchte nach etwas, aber sie hatte es noch nicht gefunden. Sie hatte es nicht verdient, das wusste sie, und das stimmte sie traurig. Vieles stimmte sie heutzutage traurig. Aber manchmal konnte sie sich von einem Moment auf den nächsten nicht erinnern, weswegen sie eigentlich weinte.
Alzheimer . Sie wusste, dass sie es hatte. Sie hörte das Flüstern auf den Fluren. Sie hatte ihre Nachbarinnen im Heim kommen und gehen sehen, denen ihr Gedächtnis mit jedem Tag mehr entglitten war. Sie wusste, dass mit ihr dasselbe geschah, und das beängstigte sie aus Gründen, die niemand verstehen würde. Sie wagte es nicht, sie laut auszusprechen. Es war zu spät.
Rose wusste, dass das Mädchen mit den glänzend braunen Haaren, den vertrauten Zügen und den so schön traurigen Augen ihr eben gesagt hatte, wer sie war, aber sie hatte es schon wieder vergessen. Eine vertraute Panik stieg in ihrer Kehle auf. Sie wünschte, sie könnte sich die Erinnerungen schnappen wie Rettungsleinen und sich an ihnen festklammern, bevor sie unterging. Aber sie stellte fest, dass sie glitschig waren, unmöglich zu greifen. Daher räusperte sie sich, zwang sich zu einem Lächeln und wagte ihre beste Vermutung.
»Josephine, Liebes, such nach dem Stern am Horizont«, sagte sie. Sie deutete auf den leeren Raum am Himmel, wo, wie sie wusste, der Abendstern jeden Augenblick aufgehen würde. Sie hoffte, dass sie mit ihrer Vermutung richtiglag. Sie hatte Josephine schon lange nicht mehr gesehen. Oder vielleicht doch. Es war unmöglich zu wissen.
Das Mädchen
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