Solange am Himmel Sterne stehen
Hand, das er mir reicht. Ich erkenne meine Großmutter auf Anhieb; sie sieht genauso aus wie ich, als ich sechzehn oder siebzehn war, und trägt ein Tuch um den Kopf. Sie hat einen Arm um einen dunkelhaarigen, lächelnden Jungen gelegt und den anderen um eine Frau mittleren Alters.
»Das bin ich mit meiner Mutter«, sagt Monsieur Haddam leise. »Und Ihrer Großmutter. Am Tag, an dem sie gegangen ist. Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe.«
Ich nicke, aber mir fehlen die Worte, denn ich kann den Blick nicht von dem gewölbten Bauch auf dem Foto abwenden. Es besteht kein Zweifel, dass meine Großmutter schwanger ist. Sie starrt mit weit aufgerissenen Augen in die Kamera, die übergroße Traurigkeit ausstrahlen, selbst auf diesem körnigen Schwarz-Weiß-Bild. Alain lässt sich neben mir auf die Couch sinken und starrt ebenfalls auf das Foto.
»Sie wusste, wenn sie in eines der Lager gebracht werden sollte, dann würde man sie umbringen, sobald man herausfand, dass sie ein Kind erwartete«, sagt Monsieur Haddam wenig später leise. »Sie wusste, dass sie sich selbst schützen musste, um das Kind zu schützen. Das war der einzige Grund, weshalb sie zuließ, dass Jacob sie von ihrer Familie trennte.«
»Mein Gott«, murmelt Alain.
»Aber was ist aus dem Baby geworden?«, frage ich.
Monsieur Haddam sieht mich stirnrunzelnd an. »Sind Sie sicher, dass das Baby nicht Ihre Mutter ist?«
Ich nicke. »Meine Mutter wurde eineinhalb Jahre später geboren, als Kind meines Großvaters Ted, nicht Jacobs.« Ich wende mich an Alain. »Das Baby muss gestorben sein«, sage ich leise. Allein schon die Worte laut auszusprechen entsetzt mich.
Alain lässt den Kopf hängen. »Es gibt so vieles, was wir nicht wissen. Was, wenn sie nicht mehr aufwacht?«, murmelt er.
Seine Worte katapultieren mich aus einer Vergangenheit, die wir nicht verstehen können, zurück in eine Gegenwart, die wir nicht unter Kontrolle haben. Aber wir können unter Kontrolle haben, ob wir rechtzeitig zum Flughafen kommen. Ich sehe auf meine Uhr und erhebe mich.
»Monsieur Haddam, es tut mir leid, aber wir müssen jetzt gehen«, sage ich. »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.«
Er lächelt. »Junge Dame, das müssen Sie nicht«, erwidert er. »Zu wissen, dass Rose überlebt hat und später ein glückliches Leben geführt hat, ist genug Dank für eine Million Jahre.«
In diesem Augenblick frage ich mich, ob das Leben meiner Großmutter wirklich glücklich war. Hatte sie die Traurigkeit je überwunden, die sie empfunden haben musste, als sie glaubte, sie hätte Jacob und ihre Familie für immer verloren?
»Bitte«, sagt Monsieur Haddam, »richten Sie Ihrer Großmutter aus, dass ich oft an sie denke. Und dass ich ihr dafür danke, dass sie mir geholfen hat, an die große Liebe zu glauben. Sie hat mein Leben verändert. Das werde ich ihr nie vergessen.«
»Haben Sie vielen Dank, Monsieur Haddam«, murmele ich. »Ich werde es ihr ausrichten.«
Er küsst mich auf beide Wangen, und während ich Alain, Henri und Simon wieder auf die Straße folge, um uns ein Taxi zum Flughafen zu winken, frage ich mich unwillkürlich, ob das der Grund ist, weshalb Mamie mich hierhergeschickt hat. Ich frage mich, ob sie irgendwo tief in ihrem Inneren wollte, dass ich die Geschichte ihrer ersten Liebe und des verlorenen Kindes höre, das sie um jeden Preis schützen wollte. Ich frage mich, ob ich selbst aus alledem etwas über die Liebe lernen sollte.
Aber vielleicht ist es zu spät für mich. Alain und ich schweigen auf dem Weg zum Flughafen, jeder in seine eigene Welt versunken.
Anis-Fenchel-Plätzchen
Zutaten
2 Tassen Zucker
4 Eier
2 TL Anisextrakt
3 Tassen Mehl, außerdem etwas Mehl zum Ausrollen
3 TL Backpulver
1 TL Salz
1 TL Anissamen
2 Tassen Puderzucker
1 EL Fenchelsamen
Zubereitung
1.Ofen auf 175 Grad vorheizen.
2.In einer mittelgroßen Schüssel Zucker, Eier und Anisextrakt mit einem elektrischen Handrührgerät schaumig schlagen.
3.3 Tassen Mehl, Backpulver und Salz mischen, sieben, dann jeweils etwa eine Tasse auf einmal unter kräftigem Rühren zu der Eiermasse geben.
4.Anissamen dazugeben und gründlich verrühren.
5.In einer flachen Schale Puderzucker und Fenchelsamen vermischen.
6.Hände leicht mit Mehl bestäuben und esslöffelgroße Teigportionen zu Kugeln formen. Jede Kugel in der Puderzuckermischung wälzen, bis sie von allen Seiten damit bedeckt ist, und auf ein gefettetes Backblech legen.
7.12 Minuten backen. 5
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