Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
Gedanke zu sammeln und ich werde nicht ins „Little Ben“ gehen, um mich zu betrinken. Wieder sitze ich auf der Bank, wo alles angefangen hat. Es ist dunkel und das Plätschern des Sees hat meine alleinige Aufmerksamkeit. Meine Gedanken fahren herunter und ich beruhige mich allmählich. Ganz alleine und ganz nah bei mir denke ich über Sarah nach und denke über unsere Liebe nach, doch kann ich sie nirgendwo finden. Denke ich an die Frau im Zug, schlägt mein Herz höher – viel höher. Ich spüre Liebe und halte dieses Gefühl kaum aus. Wo bist du? Es ist 21:50 Uhr. Morgen ist ein harter Arbeitstag im Büro, deshalb werde ich, wenn auch ungern, nach Hause gehen.
Sarah sitzt, wie erwartet, auf der Couch und hat, so wie es aussieht, auf mich gewartet. „Hallo“, sage ich kurz und knapp. Sie sagt nichts und schaut stattdessen wie versteinert geradeaus. Es fehlen mir der Nerv und der Wille, mich zu ihr zu setzen und zu kämpfen. Lieber gehe ich ins Badezimmer, ziehe meine Arbeitskleidung aus, putze mir die Zähne und genieße eine lange Dusche. Jeden Wassertropfen spüre ich ganz weich und zart auf meiner Haut. Unweigerlich sind meine Gedanken bei der Frau und ich stelle mir vor, dass sie es ist, die dieses Prickeln auf meiner Haut auslöst. Plötzlich werde ich von Hitzewallungen erfasst, mein Puls geht schneller und meine Atemzüge haben sich verdoppelt. Jetzt merke ich, wie erregt ich bin. Wassertropfen prasseln auf meine Erregung und ich beginne zu stöhnen. Die ganze Welt um mich herum scheint verschwunden zu sein. Ich sehe diese Frau, wie sie im Zug sitzt und einen Rock trägt. Gekonnt lasse ich in meiner Fantasie ihren Rock fallen und drücke sie langsam an mich. Ihren Duft meine ich zu riechen und ich verliere den Verstand. Meine Lippen suchen ihren Hals, ihr Dekolleté und dann ihre Brüste. Nun höre ich ihr Stöhnen auch und meine Hände können ihren Beinen nicht widerstehen. Jetzt gleite ich an ihrem Höschen entlang, gehe tiefer … „Was soll das?“, werde ich plötzlich angeschrien und muss mich wieder in meine Welt unter der Dusche einfinden. Irritiert schaue ich um mich und da sehe ich Sarah, die den Duschvorhang zur Seite geschoben hat. Sie schaut mich von unten bis oben an und ist empört. Langsam schaue ich an mir herunter und ergreife hastig den Duschvorhang, um diesen Teil meines Körpers abzudecken.
„Wieso klopfst du nicht an?“, frage ich wütend mit zittriger Stimme.
„Ach so, ich soll dich vorher also noch warnen, ehe ich dich in diesem Zustand sehe.“ Es gelingt mir nicht, einen Ton herauszubekommen. So hat mich Sarah noch nie gesehen. Wutentbrannt und enttäuscht geht sie mit schnellen Schritten aus dem Badezimmer.
„Sarah!“, rufe ich ihr hinterher, doch dann ist sie weg. Nun fühle ich mich beinahe so, als wäre ich ihr fremdgegangen und sie hätte mich dabei erwischt. Aber ich bin ihr nicht fremdgegangen. Oder doch? In meinen Gedanken habe ich fast mit dieser Frau geschlafen.
Im Morgenmantel eingehüllt gehe ich ins Schlafzimmer zu Sarah. Ich kann doch nicht so tun, als wäre nichts gewesen. Vorsichtig klopfe ich an der Türe und öffne sie langsam. Als ich in das Zimmer hineinschaue, sehe ich sie weinen.
„Sarah“, sage ich schuldbewusst.
„Verschwinde.“
Nun stehe ich vor ihr und weiß nichts zu sagen. Ich folge ihrer Anweisung und möchte verschwinden, als sie dann erneut ausholt.
„Was fällt dir eigentlich ein? Du betrügst mich.“
„Ich … Also das im Bad …“
„Ich meine nicht das im Bad, wo du es in Gedanken mit ihr getrieben hast. Ich habe alles herausbekommen. Es gibt keine Katharina, die in der Buchhaltung arbeitet. Und wo bist du immer zwischen 15 und 16 Uhr?“
Ich stehe da wie angewurzelt. Einerseits stimmt es, was sie sagt, und andererseits ist gar nichts davon wahr. Keinen Ton bekomme ich heraus. Jetzt fängt sie an hysterisch zu schreien und wirft mit den Kissen um sich.
„Ich wusste es“, schreit sie erneut und stürmt auf mich zu. Sie versucht, wie wild auf mich einzuschlagen, und erwähnt dabei immer wieder, was für ein Dreckskerl ich sei. Mit einem festen Griff umklammere ich sie, drücke sie an mich und bitte sie, sich zu beruhigen.
„Wir müssen reden, Sarah.“
„Gar nichts müssen wir. Diese Person hat unsere Ehe kaputt gemacht und ich werde sie finden.“
Jetzt fährt es mir eiskalt den Rücken hinunter. Was mache ich bloß, wenn sie sie zufällig sieht? Ich kann ihr doch nicht sagen, dass ich sie selbst noch nicht
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