Solange, bis ich dich finde: Roman (German Edition)
fröhlichen Tonfall und merkt, dass es gerade ernst ist.
„Oh, entschuldigt. Ich lass euch lieber mal alleine.“
Wir sitzen schweigend mit unseren Getränken an der Bar. Mein Martini ist fast leer und auch in Annas Glas ist nicht mehr viel drin.
„Ich habe keine Ahnung, was du machen kannst, Lea. Bist du manchmal mit dem Zug unterwegs?“, fragt mich Anna. Plötzlich halte ich bei meinem letzten Schluck inne und verschlucke mich beinahe. Wieso ist mir das nicht selbst eingefallen?
„Aber natürlich, Anna, du bist ein Engel. Er ist Zug gefahren. Es war in der Mittagszeit, ich glaube es war um die 14 Uhr oder 15 Uhr. Egal, ich werde einfach zwei Stunden hin- und herfahren, bis er einsteigt. Ich könnte dich küssen.“
„Keine Ursache, Lea“, entgegnet sie mir mit einem breiten Lächeln.
„Marco, zwei Martini bitte.“
„Aber ich möchte keinen Alk…“
„Nichts da, das wird gefeiert“, unterbreche ich Anna.
„Bitteschön, zwei Martini. Ihr seht schon wieder viel besser aus, Mädels“, wirft Marco ein und ist sichtlich erfreut.
„Auf diese grandiose Idee, Anna!“
Gerade, als wir anstoßen und unseren ersten Schluck nehmen möchten, steht eine Frau vor mir und starrt mich wütend an.
„Hallo?“, sage ich verwundert.
Sie sagt nichts.
„Kennen wir uns?“, frage ich sie.
„Mich kennen Sie noch nicht. Dafür kennen Sie aber meinen Mann bestens.“
Anna und ich schauen uns fragend an.
„Es tut mir leid, aber ich weiß wirklich nicht, was Sie meinen.“
„Tun Sie nicht so scheinheilig. Sie wissen ganz genau, was ich meine. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie gerade eine glückliche Ehe zerstören, Katharina?“
Fassungslos sitze ich da und schaue abermals zu Anna. Mit den Achseln zuckend gebe ich ihr zu verstehen, dass ich überhaupt nicht weiß, wovon diese Frau spricht. „Um Ihre glückliche Ehe tut es mir wirklich leid, aber das ist nicht mein Problem und übrigens heiße ich gar nicht Katharina“, sage ich ihr.
Außerdem frage ich mich, was auch immer in dieser Frau vorgeht, ob sie schon einmal darüber nachgedacht hat, dass eine „glückliche“ Ehe nicht so leicht zu zerstören ist?
„Sie sind eine Hexe. Wissen Sie das? Lassen Sie Ihre Finger von meinem Mann, sonst werden Sie sehen, was Ihnen blüht“, sagt diese unbekannte Frau, völlig außer sich, nimmt meinen Martini und schüttet ihn mir direkt auf meine Bluse.
„Jetzt sind Sie zu weit gegangen. Was fällt Ihnen eigentlich ein, auf wildfremde Menschen loszugehen, nur weil Ihre Ehe nicht so läuft, wie Sie es sich wünschen? Bei einer Frau wie Ihnen kann ich es gut verstehen, wenn Ihr Mann von Ihnen wegläuft.“
Plötzlich kommt sie auf mich zugestürmt und zeigt mit dem Finger auf mich.
„Wenn es Sie nicht gäbe, dann wäre unsere Welt in Ordnung. Verschwinden Sie einfach aus unserem Leben.“
Nachdem sie das gesagt hat, geht sie an die Bar, bezahlt und rennt hinaus.
„Lea, was war das jetzt bitte?“, fragt mich Anna und kann immer noch nicht glauben, was sie da mit ansehen musste.
„Ich verstehe gerade die Welt nicht mehr. Diese Frau habe ich noch nie gesehen. Anna, das musst du mir glauben. Ich habe nichts mit ihr zu tun.“
Auch wir bezahlen und möchten gehen. Gerade sind meine Gefühle sehr durcheinander. Ich verspüre einerseits eine große Freude in mir, weil ich einen möglichen Weg gefunden habe, diesen Mann wiederzusehen, und andererseits bin ich über diesen Auftritt der fremden Frau völlig empört. Was ist das nur für ein Abend gewesen. Morgen findet die Schlüsselübergabe statt, da wird es mir nicht gelingen, mit dem Zug zu fahren, um diesen Mann zu finden, aber die nächsten Tage werde ich ihn hoffentlich wiedersehen. Die Flecken in meiner Bluse bekomme ich nicht mehr heraus, ich werde sie irgendwann in die Reinigung bringen. Eigentlich müsste ich dieser völlig irren Frau die Rechnung schicken und gleichzeitig Schmerzensgeld verlangen. Jetzt schnell unter die Dusche und dann nur noch ins Bett.
Kapitel 8
Seit der Auseinandersetzung mit Sarah vor einigen Tagen, bin ich nicht mehr mit dem Zug gefahren. Es fühlte sich schlecht an, irgendeiner Frau hinterherzujagen, während meine Ehe den Bach hinuntergeht. Ich wollte es sein lassen, doch gestern Abend kam Sarah völlig aufgelöst nach Hause und erzählte voller Schadenfreude, dass sie diese Frau aus dem Theater erkannt und ihr richtig die Meinung gesagt hätte. Außerdem hätte sie ihre Bluse mit einem Drink versaut. Sie meinte, dass
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